Freie Wäh­ler Forch­heim: Antrag zur Unter­su­chung und Opti­mie­rung des städ­ti­schen Radwegenetzes

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Sehr geehr­ter Herr Oberbürgermeister,

ist Forch­heim eine fahr­rad­freund­li­che Stadt?

Der soge­nann­te „Fahr­rad­kli­ma-Test“, die aktu­el­le Umfra­ge des All­ge­mei­nen Deut­schen Fahr­rad-Clubs (ADFC) jeden­falls, stellt der Gro­ßen Kreis­stadt Forch­heim ein eher schlech­tes Zeug­nis aus: Von ins­ge­samt 311 Orten zwi­schen 20.000 – 50.000 Ein­woh­nern belegt Forch­heim mit einer Durch­schnitts­no­te von 3,94 ledig­lich Rang 172. Beson­ders schlech­te Bewer­tun­gen gab es etwa für die Falsch­par­ker­kon­trol­le auf Rad­we­gen, Brei­te der Rad­fahr­we­ge, Füh­rung an Bau­stel­len, Ampel­schal­tun­gen für Rad­fah­rer, Kon­flik­te mit Fuß­gän­gern und Kfz aber auch für die Sicher­heit beim Rad­fah­ren gene­rell und die Ober­flä­chen­be­schaf­fen­heit der Rad­we­ge bzw. Fahr­bah­nen für den Mischverkehr.

Wenn es um Ver­kehrs­kon­zep­te geht, dann den­ken noch immer fast alle zuerst an Autos, an eine mög­lichst freie Fahrt. Für etli­che deut­sche Ver­kehrs­pla­ner ist ihre Tätig­keit gleich­be­deu­tend mit „Auto­ver­kehr“. Rad­ler dage­gen gel­ten als Spaß­fah­rer, die auf man­chen Stra­ßen gedul­det, noch lie­ber aber auf sepa­ra­te Pfa­de umge­lenkt werden.

Das Rad der zukunfts­fä­hi­gen urba­nen Mobi­li­tät muss in man­chen Stadt­ver­wal­tun­gen offen­bar jeweils neu erfun­den wer­den. Vie­le Stadt­pla­ner und Poli­ti­ker haben immer noch nicht ver­stan­den, dass Rad­we­ge kei­ne Flä­che sind, die Auto­fah­rer net­ter­wei­se dem nicht moto­ri­sie­ren Ver­kehr zur Ver­fü­gung stellen.

Wäh­rend vie­le Anstren­gun­gen dar­auf hin­aus­lau­fen, durch Auto­ver­kehr beding­te Staus inner­orts zu mini­mie­ren, genü­gend Park­flä­chen zu schaf­fen und jedes Geschäft unmit­tel­bar mit dem Auto zu errei­chen, gleicht das Rad­fah­ren oft­mals einem Hin­der­nis­ren­nen: Rauf auf den Rad­weg, wie­der run­ter, weil man nach Regen­fäl­len im Matsch ver­sinkt oder wegen der Schlag­lö­cher um sei­ne Spei­chen fürch­tet. Oder weil der Weg so eng ist, dass eine Begeg­nung mit einem Fahr­rad aus der Gegen­rich­tung tun­lichst zu ver­mei­den ist. Vor­bei­schlän­geln an Din­gen wie impro­vi­sier­ten Ver­kehrs­schil­dern, Müll­ei­mern und ande­ren Mobi­li­en. Offen­bar laden Rad­we­ge zum Ab- und Hin­stel­len ein. Dage­gen wür­de kein Mensch auf die Idee kom­men, irgend­et­was ein­fach auf die Stra­ße zu stel­len. Ganz zu schwei­gen von Schnee­ber­gen, die im Win­ter von den Räum­fahr­zeu­gen sorg­sam auf dem Rad­weg depo­niert wer­den. Eben dort, wo Platz ist. Dann über die Kreu­zung, an der man nicht, wie die links abbie­gen­den Auto­fah­rer, an einer Ampel, son­dern an zwei Ampeln steht. Und Zeit verliert.

Dass es eine zuneh­men­de Zahl an E‑Bikes gibt, die das Fahr­rad auch für älte­re Men­schen und für wei­te­re Strecken attrak­tiv macht, begrei­fen wir Freie Wäh­ler als Chan­ce, urba­ne Mobi­li­tät mit loka­lem Kli­ma­schutz in Ein­klang zu brin­gen. Fahr­rad­freund­li­che Städ­te zei­gen, wie es anders geht und dass es auch „chic“ sein kann, sich mit dem Rad zu bewe­gen. So soll­ten etwa „Fahr­rad­schnell­rou­ten“, min­de­stens zwei Meter breit, bei Erstel­lung des neu­en städ­ti­schen Ver­kehrs­kon­zep­tes zwin­gend ein­ge­plant wer­den. Grund­sätz­lich soll­ten auch mehr „Fahr­rad­stra­ßen“ aus dem Land­kreis kom­mend nach Forch­heim ein­ge­rich­tet und die Schlie­ßung von Lücken im Rad­we­ge­netz for­ciert wer­den. Unter dem Gesichts­punkt „Ver­kehrs­si­cher­heit“ soll­ten zudem regel­mä­ßig Unfall-Schwer­punk­te ana­ly­siert und Ursa­chen hier­für zeit­nah beho­ben werden.

So man­che Rad­we­ge enden im Nichts und das in Forch­heim ger­ne ver­wen­de­te Kopf­stein­pfla­ster ist eine Zumu­tung für Fahr­rad­rei­fen (sie­he Markt­platz). Gesi­cher­te Abstell­plät­ze für jene, die mit dem Rad in die City fah­ren wol­len, gibt es eben­falls viel zu weni­ge und nahe­zu kei­ner kennt sie.

Wer etwas für den loka­len Kli­ma­schutz tun möch­te, wer inner­städ­ti­sche Staus und hun­der­te Meter lan­ge War­te­schlan­gen an Licht­zei­chen­an­la­gen ver­hin­dern möch­te, wer die lärm­ge­plag­ten Anwoh­ner der Innen­stadt und ent­lang der hoch bela­ste­ten Ein­fall­schnei­sen ent­la­sten möch­te, muss auch die Ver­kehrs­in­fra­struk­tur dafür bereit­stel­len. Das heißt: Den Auto­ver­kehr zugun­sten von Fahr­rad­ver­kehr zurück­drän­gen. Kurz­um: Wir müs­sen dem Auto etwas Raum weg­neh­men. Das ist eben­so unpo­pu­lär wie richtig!

Vor dem auf­ge­zeig­ten Hin­ter­grund und unter Ver­weis auf das neu zu erstel­len­de städ­ti­sche Ver­kehrs­kon­zept stellt die Frak­ti­on der Frei­en Wäh­ler fol­gen­den Antrag zur Beschluss­fas­sung im Stadtrat:

„Der Stadt­rat möge im Vor­griff auf das neue Ver­kehrs­kon­zept beschließen:“

Die Ver­wal­tung wird beauf­tragt, im Rah­men der Erstel­lung des Verkehrskonzeptes

  • in ande­ren rad­fahr­freund­li­chen Kom­mu­nen bewähr­te und auch neue Model­le der Mobi­li­täts­bil­dung für unter­schied­li­che gesell­schaft­li­che Ziel­grup­pen bezüg­lich ihrer Anwend­bar­keit für die Stadt Forch­heim zu überprüfen
  • gemein­sam mit dem Land­kreis Forch­heim Stra­te­gien zur Rad­ver­kehrs­för­de­rung und Attrak­ti­vi­täts­stei­ge­rung des ÖPNV zu ent­wickeln, um die Anzahl der moto­ri­sier­ten Ein­pend­ler nach Forch­heim zu minimieren
  • eine Ein­schät­zung der durch einen opti­mier­ten Rad­ver­kehr gene­rier­ten Poten­tia­le für die loka­le Wirt­schaft, den Ein­zel­han­del und den Tou­ris­mus vorzunehmen
  • Kon­zep­te zur ver­träg­li­chen Gestal­tung von Fuß- und Rad­ver­kehrs­füh­run­gen zu erstellen
  • eine fort­schrei­ben­de Unter­su­chung der tat­säch­li­chen Gefah­ren durch gemein­sa­me Geh- und Rad­we­ge durchzuführen
  • das Gefah­ren­po­ten­zi­al der vor­han­de­nen unter­schied­li­chen Rad­ver­kehrs­füh­rungs­for­men für den Fuß­ver­kehr auf der Strecke und an Kno­ten­punk­ten zu analysieren
  • Kon­zep­te zur ver­träg­li­chen Gestal­tung von Fuß- und Rad­ver­kehrs­füh­run­gen zu erstellen
  • Min­de­rungs­mög­lich­kei­ten des Fehl­ver­hal­tens im Fuß­ver­kehr und Rad­ver­kehr zu suchen
  • eine Unter­su­chung der tat­säch­li­chen Gefah­ren durch gemein­sa­me Geh- und Rad­we­ge vorzunehmen
  • das Gefah­ren­po­ten­zi­al unter­schied­li­cher Rad­ver­kehrs­füh­rungs­for­men an Hal­te­stel­len zu hinterfragen
  • die Lade­infra­struk­tur für E‑bikes aus­zu­bau­en und hier­bei auch mit loka­len Arbeit­ge­bern zu kooperieren
  • die För­der­mög­lich­kei­ten im Hin­blick auf die Opti­mie­rung des Stra­ßen­ver­kehrs zu eru­ie­ren (z.B. Natio­na­ler Rad­ver­kehrs­plan 2020)

Eine Zusam­men­ar­beit und enge Abstim­mung mit Fach­be­hör­den, Inter­es­sens­ver­tre­tun­gen (u.a. ADFC) und ggf. auch fach­kom­pe­ten­ten Dienst­lei­stungs­un­ter­neh­men ist aus unse­rer Sicht ziel­füh­rend und des­halb zu unterstützen.

Für die Frak­ti­on der Frei­en Wähler
Mit freund­li­chen Grüßen
Man­fred Hümmer