Start­schuss für den Medi­zin­cam­pus Oberfranken

Klinikum Bayreuth Luftbild. Foto: Klinikum Bayreuth GmbH
Klinikum Bayreuth Luftbild. Foto: Klinikum Bayreuth GmbH

Nach Kabi­netts­be­schluss kann das Pro­jekt für eine bes­se­re medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung jetzt beginnen

Grü­nes Licht aus Mün­chen: Die Pro­jekt­part­ner – die Fried­rich-Alex­an­der-Uni­ver­si­tät Erlan­gen-Nürn­berg (FAU), die Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH, das Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Erlan­gen und die Uni­ver­si­tät Bay­reuth – begrü­ßen die vom Baye­ri­schen Kabi­nett beschlos­se­ne Ein­rich­tung des Medi­zin­cam­pus Ober­fran­ken. „Es kann los­ge­hen! Das haben wir gestern im Mini­ster­rat so beschlos­sen“, sagt der baye­ri­sche Wis­sen­schafts­mi­ni­ster Bernd Sibler.

„Mit dem Medi­zin­cam­pus kön­nen wir in Zukunft auch in Ober­fran­ken jun­gen Men­schen eine Aus­bil­dung zur Ärz­tin oder zum Arzt ermög­li­chen und damit die Zahl der Medi­zin­stu­di­en­plät­ze in Bay­ern wei­ter erhö­hen. Ich freue mich dar­über, dass das inno­va­ti­ve Koope­ra­ti­ons­mo­dell der Fried­rich-Alex­an­der-Uni­ver­si­tät Erlan­gen-Nürn­berg, der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, der Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH und dem Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Erlan­gen von unab­hän­gi­gen Gut­ach­tern posi­tiv bewer­tet wur­de. Mit die­sem Kon­zept kön­nen wir dazu bei­tra­gen, die Ärz­te­ver­sor­gung vor Ort sicher­zu­stel­len und die gesam­te Regi­on zu stär­ken. Schon heu­te freue ich mich dar­auf, die ersten Medi­zin­stu­den­ten und Medi­zin­stu­den­tin­nen in Bay­reuth begrü­ßen zu kön­nen“, sagt Sibler.

Gemein­sam hat­ten die Pro­jekt­part­ner seit Som­mer 2017 ein umfang­rei­ches Kon­zept erar­bei­tet, um ein ambi­tio­nier­tes Ziel zu errei­chen: Zukünf­tig sol­len 100 Medi­zin­stu­die­ren­de pro Jahr im kli­ni­schen Stu­di­en­ab­schnitt am Medi­zin­cam­pus Ober­fran­ken aus­ge­bil­det wer­den. Um die Bin­dun­gen von Stu­di­en­in­ter­es­sier­ten aus der Regi­on zu erhal­ten, beginnt der neue FAU-Stu­di­en­gang „Human­me­di­zin Erlan­gen-Nürn­ber­g/­Bay­reuth“ mit dem ersten Stu­di­en­ab­schnitt in Erlan­gen und das bereits zum Win­ter­se­me­ster 2019/20. Die Aus­bil­dung im zwei­ten Stu­di­en­ab­schnitt erfolgt dann ab 2021 am Medi­zin­cam­pus Ober­fran­ken in Bayreuth.

Viel Zeit ist also nicht mehr. So sieht das auch ein Gut­ach­ter­gre­mi­um, das die Mach­bar­keits­stu­die der Pro­jekt­part­ner geprüft und damit dem Baye­ri­schen Kabi­nett eine Ent­schei­dungs­grund­la­ge gege­ben hat. Die Exper­ten, durch­wegs Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter hoch­ran­gi­ger Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken aus dem In- und Aus­land, kom­men zu der Ein­schät­zung, die bis­he­ri­ge Pla­nung sei „sehr umfas­send“, „belast­bar“ und „rea­li­stisch“. Unter dem Strich kom­men die Gut­ach­ter zu fol­gen­dem Ergeb­nis: „Das Kon­zept ist über­zeu­gend auf das Ziel hin aus­ge­rich­tet, die Ärz­te­aus­bil­dung in der Regi­on Ober­fran­ken quan­ti­ta­tiv deut­lich aus­zu­bau­en, ohne dabei Ein­bu­ßen in der ärzt­li­chen Qua­li­fi­ka­ti­on zu erleiden.“

Eines der zen­tra­len Zie­le, das die Baye­ri­sche Staats­re­gie­rung mit dem Medi­zin­cam­pus Ober­fran­ken anstrebt, ist eine bes­se­re ärzt­li­che Ver­sor­gung außer­halb der Bal­lungs­räu­me. Jun­ge Ärz­tin­nen und Ärz­te sol­len die Mög­lich­keit haben, in der Regi­on zu blei­ben, in der sie ihre Aus­bil­dung absol­viert haben.

Dass die vor­kli­ni­sche Aus­bil­dung an der Medi­zi­ni­schen Fakul­tät der FAU statt­fin­det, wer­ten die Gut­ach­ter als wei­te­ren gro­ßen Vor­teil des Koope­ra­ti­ons­kon­zepts. Die sehr gut eta­blier­te Medi­zi­ner­aus­bil­dung an der FAU sor­ge dafür, dass die Qua­li­tät des Stu­di­ums von Anfang an hoch ist. Die vor­kli­ni­schen Insti­tu­te, dar­auf wei­sen die Gut­ach­ter hin, müss­ten per­so­nell und infra­struk­tu­rell ver­stärkt wer­den. Die­ser gemein­sa­me Weg sei der rich­ti­ge – wört­lich heißt es in dem Gut­ach­ten: „Dies ist dem lang­wie­ri­gen und kost­spie­li­gen Auf­bau einer voll­stän­di­gen Vor­kli­nik am Stand­ort Bay­reuth vorzuziehen.“

Aller­dings erwar­ten die Gut­ach­ter, dass es gut zehn Jah­re dau­ern dürf­te, bis sich die­ser regio­na­le Effekt, even­tu­ell gemein­sam mit der soge­nann­ten Land­arzt­quo­te, spür­bar aus­wir­ken und die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung in Ober­fran­ken ver­bes­sern werde.

„Mit dem Medi­zin­cam­pus Ober­fran­ken tra­gen wir dazu bei, die medi­zi­ni­sche Aus­bil­dung und Ver­sor­gung in Bay­ern wei­ter zu ver­bes­sern. Die FAU ver­fügt nicht nur über eine tra­di­ti­ons­rei­che Uni­ver­si­täts­me­di­zin mit For­schung und Leh­re auf höch­stem Niveau, son­dern auch über aus­ge­wie­se­ne Kom­pe­tenz in benach­bar­ten Dis­zi­pli­nen wie der Medi­zin­tech­nik. Dar­über hin­aus brin­gen wir mit unse­rem All­ge­mein­me­di­zi­ni­schen Insti­tut die besten Vor­aus­set­zun­gen mit, jun­ge Stu­die­ren­de für den Beruf des Land­arz­tes zu begei­stern und so die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung vor Ort zu sichern“, erklärt Prof. Dr. Joa­chim Horn­eg­ger, Prä­si­dent der Fried­rich-Alex­an­der-Uni­ver­si­tät Erlangen-Nürnberg.

Dass der Medi­zin­cam­pus Ober­fran­ken einen Inno­va­ti­ons­schub aus­lö­sen wird, dafür steht auch und gera­de die Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Dort ent­ste­hen pro­fil­bil­den­de Pro­fes­su­ren in den Schwer­punkt­be­rei­chen Public Health, Digi­tal Health/​Big Data und Mole­ku­la­re Bio­sy­ste­me, die nach Ein­schät­zung der Gut­ach­ter an den bestehen­den For­schungs­schwer­punk­ten der Uni­ver­si­tä­ten Bay­reuth und Erlan­gen-Nürn­berg anset­zen. „Und sie stär­ken den Ansatz, neue Model­le der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung im länd­li­chen Raum zu eta­blie­ren“, schrei­ben die Gut­ach­ter. Dar­in sehen sie eine gro­ße Chan­ce und Stär­kung der Regi­on Oberfranken.

„Mit den Pro­fil­pro­fes­su­ren stär­ken wir die medi­zinna­he For­schung an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, bie­ten den Stu­die­ren­den des Medi­zin­cam­pus Ober­fran­ken ein for­schungs­freund­li­ches Umfeld und inten­si­vie­ren unse­re For­schungs­zu­sam­men­ar­beit mit der Uni­ver­si­tät Erlan­gen-Nürn­berg. Dies hat einen direk­ten Nut­zen für Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten aus Ober­fran­ken und weit dar­über hin­aus“, sagt Prof. Dr. Ste­fan Leib­le, Prä­si­dent der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

Auch Prof. Dr. Eckard Nagel, Direk­tor des Insti­tuts für Medi­zin­ma­nage­ment und Gesund­heits­wis­sen­schaf­ten der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, nimmt mit gro­ßer Freu­de die wich­ti­ge Ent­schei­dung der Lan­des­re­gie­rung zur Kennt­nis. Beson­de­re Chan­cen sieht er im Aus­bau der All­ge­mein­me­di­zin ein­schließ­lich eines Netz­werks von Lehr- und For­schungs­pra­xen und der zukünf­ti­gen Aus­rich­tung des Cur­ri­cu­lums auf die ärzt­li­che Tätig­keit im länd­li­chen Raum. So stellt das vor­ge­leg­te Kon­zept ein zukunfts­wei­sen­des Modell für die Regio­na­li­sie­rung der Ärz­te­aus­bil­dung unter der Ver­ant­wor­tung der Uni­ver­si­täts­me­di­zin dar, was auch die Gut­ach­te­rin­nen und Gut­ach­ter beson­ders betont haben.

Vor den wohl tief­grei­fend­sten Ver­än­de­run­gen steht die Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH, auch dies lässt sich aus dem Posi­ti­ons­pa­pier der Gut­ach­ter her­aus­le­sen. Und das nicht nur unter bau­li­chen und infra­struk­tu­rel­len Gesichts­punk­ten. Mit 21 habi­li­tier­ten Ärz­ten und der Tat­sa­che, dass die Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH seit 1984 Lehr­kran­ken­haus der FAU ist, sei eine soli­de Grund­la­ge für eine umfas­sen­de Leh­re im kli­ni­schen Abschnitt gelegt.

Aller­dings bestün­den noch kli­ni­sche Lücken, die „sorg­fäl­tig und mit hohem aka­de­mi­schen Anspruch geschlos­sen wer­den müs­sen“. Um dies zu gewähr­lei­sten, emp­fiehlt das Gut­ach­ten eine wei­ter­hin enge Koope­ra­ti­on zwi­schen der FAU und der Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH. Laut Prof. Dr. Tho­mas Rup­p­recht, dem Ärzt­li­chen Direk­tor der Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH, kön­nen die­se Lücken bald geschlos­sen werden.

Ziel müs­se es sein, an der Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH neben der qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­gen Pati­en­ten­be­treu­ung eine aka­de­misch gepräg­te Kul­tur zu eta­blie­ren. Dazu bedarf es auch einer Ver­an­ke­rung der Wis­sen­schaft­lich­keit im kli­ni­schen Stu­di­en­ab­schnitt und des Auf­baus einer eige­nen For­schungs­in­fra­struk­tur. „Die­ses Ziel war einer der Grün­de für den Start des Pro­jek­tes“, so Prof. Dr. Rup­p­recht und Dr. Joa­chim Haun, Geschäfts­füh­rer der Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH. Dass die Pro­jekt­part­ner dafür ein eige­nes Lehr- und For­schungs­ge­bäu­de vor­se­hen, wer­ten die Gut­ach­ter posi­tiv. Ein bereits in Pla­nung befind­li­ches Ärz­te­haus wird Raum bie­ten, bis die bei­den Neu­bau­ten des Medi­zin­cam­pus fer­tig­ge­stellt sind.

„Der Medi­zin­cam­pus Ober­fran­ken ist ein gro­ßer und wich­ti­ger Fort­schritt für unser kom­mu­na­les Kran­ken­haus und für unse­re gesam­te Regi­on“, sagt Land­rat und Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der Her­mann Hüb­ner. Die medi­zi­ni­sche Qua­li­tät wer­de wei­ter stei­gen. Und: Mit bis zu 400 zusätz­li­chen Stu­die­ren­den und mehr als 150 neu­en Arbeits­plät­zen gehö­re der Medi­zin­cam­pus zu den bedeu­tend­sten Ent­wick­lungs­zen­tren der kom­men­den Jah­re. Die stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de des Auf­sichts­rats, Bay­reuths Ober­bür­ger­mei­ste­rin Bri­git­te Merk-Erbe, sieht die Kabi­netts­ent­schei­dung auch als Ergeb­nis des jah­re­lan­gen Rin­gens. Für Bay­reuth und die Regi­on ist die Ent­schei­dung der Staats­re­gie­rung für die­ses Pro­jekt von unge­heu­er gro­ßem Wert.“

„Die FAU und ihre Medi­zi­ni­sche Fakul­tät bil­det seit 275 Jah­ren Medi­zin­stu­die­ren­de aus, immer auf Basis der neue­sten medi­zi­ni­schen For­schungs­er­geb­nis­se, vie­le haben in Ober- und Mit­tel­fran­ken Abitur gemacht und las­sen sich hier nie­der“, sagt der Dekan der Medi­zi­ni­schen Fakul­tät der FAU, Prof. Dr. Jür­gen Schütt­ler. „Es wür­de mich freu­en, wenn sich vie­le Abitu­ri­en­ten aus der Regi­on bereits für das Win­ter­se­me­ster 2019/20 bei hoch​schul​start​.de für das Medi­zin­stu­di­um Erlan­gen-Nürn­ber­g/­Bay­reuth bewerben.“

Zah­len und Fak­ten zum Medi­zin­cam­pus Oberfranken

2019 Noch in die­sem Jahr wer­den die ersten Medi­zin­stu­den­tin­nen und ‑stu­den­ten ihre Aus­bil­dung an der Medi­zi­ni­schen Fakul­tät der Fried­rich-Alex­an­der-Uni­ver­si­tät Erlan­gen-Nürn­berg beginnen.

2021 In zwei Jah­ren wer­den die ersten Stu­die­ren­den in ihre kli­ni­sche Aus­bil­dung in Bay­reuth starten.

2026 In sie­ben Jah­ren soll der Voll­aus­bau des Medi­zin­cam­pus Ober­fran­ken erreicht sein. Im Stu­di­en­gang „Human­me­di­zin Erlan­gen-Nürn­ber­g/­Bay­reuth“ wer­den dann rund 600 ange­hen­de Ärz­tin­nen und Ärz­te ein­ge­schrie­ben sein und rund 400 in Ober­fran­ken studieren.

36 Mil­lio­nen Euro: Auf die­sen Betrag wer­den sich nach die jähr­li­chen Gesamt­ko­sten für den Medi­zin­cam­pus Ober­fran­ken bei Voll­aus­bau ein­schließ­lich der Pro­fil­pro­fes­su­ren der Uni­ver­si­tät Bay­reuth belaufen.