Ernäh­rungs­si­cher­heit welt­weit stär­ken: Bay­reu­ther Stu­die zur Phos­phor­ver­füg­bar­keit durch Silizium

Symbolbild Bildung

Land­wirt­schaft­li­che Erträ­ge kön­nen welt­weit gesi­chert wer­den, indem der in den Böden vor­han­de­ne Phos­phor durch Sili­zi­um mobi­li­siert und für Pflan­zen ver­füg­bar gemacht wird. Phos­phor­hal­ti­ge Dün­ger, die umwelt­schäd­lich und wegen der Begrenzt­heit der glo­ba­len Phos­phor­res­sour­cen auch kost­spie­lig sind, wer­den dadurch mög­li­cher­wei­se über Jah­re hin­aus über­flüs­sig. Dies haben For­scher der Uni­ver­si­tä­ten Bay­reuth und Kopen­ha­gen durch Unter­su­chun­gen von Böden in der Ark­tis her­aus­ge­fun­den. Über ihre Erkennt­nis­se, die vor allem in tro­pi­schen und sub­tro­pi­schen Ent­wick­lungs­län­dern einen wich­ti­gen Bei­trag zur Ernäh­rungs­si­cher­heit lei­sten kön­nen, berich­ten sie in der Zeit­schrift Sci­en­ti­fic Reports.

Land­wirt­schaft­li­che Erträ­ge sind davon abhän­gig, dass den Pflan­zen aus­rei­chen­de Men­gen der für sie lebens­wich­ti­gen Nähr­stof­fe zur Ver­fü­gung ste­hen. Hier­zu zählt auch Phos­phor. Der in den Acker­bö­den oft reich­lich vor­han­de­ne Phos­phor ist aller­dings zum größ­ten Teil che­misch fest gebun­den, ins­be­son­de­re an Eisen, das sei­ner­seits ein Bestand­teil ver­schie­de­ner Mine­ra­li­en ist. Infol­ge­des­sen ist die­ser Phos­phor immo­bil und für die Pflan­zen nicht ver­füg­bar. Daher wer­den heu­te in der Land­wirt­schaft gro­ße Men­gen an phos­phor­hal­ti­gem Dün­ger ein­ge­setzt, um mög­lichst hohe Erträ­ge zu erzielen.

Das inter­dis­zi­pli­nä­re For­scher­team unter der Lei­tung von Dr. Jörg Schal­ler (Bay­reuth) und Prof. Dr. Bo Elber­ling (Kopen­ha­gen) hat nun aber einen Weg gefun­den, gro­ße Men­gen des in den Böden ent­hal­te­nen Phos­phors für Pflan­zen ver­füg­bar zu machen: Sili­zi­um mobi­li­siert den an Eisen gebun­de­nen Phos­phor und bewirkt, dass er von den Wur­zeln der Pflan­zen auf­ge­nom­men wer­den kann. Wenn Land­wir­te ihren Böden genau dosier­te Men­gen Sili­zi­um zufüh­ren, kön­nen sie ohne Ern­te­ver­lu­ste für gewis­se Zeit – gege­be­nen­falls sogar über meh­re­re Jah­re – auf phos­phor­hal­ti­gen Dün­ger verzichten.

„Die wirt­schaft­li­chen und öko­lo­gi­schen Vor­tei­le lie­gen auf der Hand“, betont Schal­ler. „Phos­phor­hal­ti­ger Dün­ger ist eine begrenz­te Res­sour­ce, wohin­ge­gen Sili­zi­um nahe­zu unbe­grenzt vor­han­den ist. Auf der Basis unse­rer For­schungs­er­geb­nis­se kann die welt­wei­te Ver­füg­bar­keit von Phos­phor im Boden durch eine geziel­te Dün­gung mit Sili­zi­um prä­zi­se gesteu­ert wer­den. Dies wäre ein nicht zu unter­schät­zen­der Bei­trag zur glo­ba­len Ernäh­rungs­si­cher­heit“, erläu­tert der Bay­reu­ther Umwelt­geo­che­mi­ker. Gera­de in tro­pi­schen und sub­tro­pi­schen Ent­wick­lungs­län­dern ist in eini­gen Böden sehr viel Phos­phor gebun­den, der durch den kon­trol­lier­ten Ein­satz von Sili­zi­um­dün­ger Stück für Stück mobi­li­siert wer­den könnte.

Damit ist ein bedeu­ten­der Bei­trag zum Umwelt­schutz ver­bun­den: Die ver­rin­ger­te Phos­phor­dün­gung und die prä­zi­se Steue­rung der Phos­phor­ver­füg­bar­keit durch Sili­zi­um füh­ren dazu, dass mög­li­cher­wei­se weni­ger Phos­phor von den Fel­dern in die Gewäs­ser gelangt. Daher sinkt die umwelt­schäd­li­che Eutro­phie­rung (Algen­blü­te) von Gewäs­sern. Die Anrei­che­rung der Böden mit Sili­zi­um hat zudem einen wei­te­ren öko­lo­gi­schen Vor­teil: Sie bewirkt, dass mehr Sili­zi­um von den Böden ins Meer trans­por­tiert wird. Infol­ge­des­sen könn­te in den Mee­ren mehr Koh­len­stoff durch Kie­sel­al­gen gebun­den wer­den, statt als Treib­haus­gas in der Atmo­sphä­re zu verbleiben.

Alle die­se Erkennt­nis­se haben die Wis­sen­schaft­ler in Bay­reuth und Kopen­ha­gen durch Unter­su­chun­gen von ark­ti­schen Böden gewon­nen. An mehr als 150 Stel­len auf dem schwe­di­schen Fest­land, auf Spitz­ber­gen, an der Nord­kü­ste Russ­lands und auf Grön­land haben sie Boden­pro­ben ent­nom­men, die anschlie­ßend im Labor umfang­rei­chen Ana­ly­sen und Expe­ri­men­ten unter­zo­gen wur­den. Per­ma­f­rost­bö­den haben für die Erfor­schung geo­che­mi­scher Pro­zes­se den Vor­teil, dass sie noch nicht durch Land­wirt­schaft und ande­re Akti­vi­tä­ten des Men­schen beein­flusst wor­den sind. „Bei der Aus­wahl der Boden­pro­ben haben wir dar­auf geach­tet, dass sich die jewei­li­gen Regio­nen mög­lichst stark von­ein­an­der unter­schei­den – bei­spiels­wei­se im Hin­blick auf die Boden­ty­pen, Land­schafts­pro­fi­le und die Vege­ta­ti­on. Auf die­se Wei­se woll­ten wir sicher­ge­hen, dass unse­re For­schungs­er­geb­nis­se nicht durch spe­zi­el­le regio­na­le Fak­to­ren bedingt, son­dern mög­lichst welt­weit über­trag­bar sind“, erläu­tert Schaller.

An der jetzt in Sci­en­ti­fic Reports erschie­ne­nen Stu­die haben ver­schie­de­ne For­schungs­be­rei­che des Bay­reu­ther Zen­trums für Öko­lo­gie und Umwelt­for­schung (Bay­CE­ER), eines inter­dis­zi­pli­nä­ren For­schungs­zen­trums der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, mit­ge­wirkt: die Umwelt­geo­che­mie, die Expe­ri­men­tel­le Bio­geo­che­mie und die Hydrologie.

For­schungs­för­de­rung:

Die For­schungs­ar­bei­ten an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth wur­den von der Baye­ri­schen For­schungs­al­li­anz (Bay­FOR) sowie von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) gefördert.

Ver­öf­fent­li­chung:

J. Schal­ler, S. Fau­cher­re, H. Joss, M. Obst, M. Goecke­de, B. Pla­ner-Fried­rich, S. Peif­fer, B. Gil­fed­der, and B. Elber­ling: Sili­con increa­ses the phos­pho­rus avai­la­bi­li­ty of Arc­tic soils, Sci­en­ti­fic Reports (2019), DOI: 10.1038/s41598-018–37104‑6