Gewerk­schaft NGG warnt vor extre­men Arbeits­zei­ten im Kreis Kulmbach

Über­stun­den, Arbei­ten am Wochen­en­de und in der Nacht: Im Land­kreis Kulm­bach ist das für die rund 1.590 Beschäf­tig­ten des Gast­ge­wer­bes alles ande­re als unge­wöhn­lich. Eben­so wenig für die 2.680 Mit­ar­bei­ter in der Ernäh­rungs­in­du­strie. Damit die Bela­stung jedoch erträg­lich bleibt, schreibt das Arbeits­zeit­ge­setz maxi­ma­le Arbeits­stun­den und Ruhe­pau­sen vor. Genau dar­um fürch­tet nun die Gewerk­schaft Nahrung-Genuss-Gaststätten.

Die NGG Ober­fran­ken warnt mit Blick auf Arbeit­ge­ber-For­de­run­gen inner­halb der Gro­ßen Koali­ti­on davor, dass es zu einer Auf­wei­chung des Arbeits­zeit­ge­set­zes „durch die Hin­ter­tür“ kom­men könn­te – mit erheb­li­chen Fol­gen für Tau­sen­de Beschäf­tig­te in der Regi­on. So ist im Koali­ti­ons­ver­trag zwi­schen Uni­on und SPD von „Expe­ri­men­tier­räu­men“ die Rede, „um eine Öff­nung für mehr selbst­be­stimm­te Arbeits­zeit der Arbeit­neh­mer und mehr betrieb­li­che Fle­xi­bi­li­tät zu erpro­ben“. Bay­erns Wirt­schafts­mi­ni­ster Pschie­rer hat­te sich mehr­fach für eine Ände­rung des Arbeits­zeit­ge­set­zes nach öster­rei­chi­schem Modell ausgesprochen.

„Aber Öster­reich ist hier ein schlech­tes Vor­bild. Seit Sep­tem­ber sind dort 12-Stun­den-Tage und eine Wochen­ar­beits­zeit von bis zu 60 Stun­den mög­lich“, kri­ti­siert NGG-Geschäfts­füh­rer Micha­el Grundl. Fle­xi­bi­li­tät im Job kön­ne nicht ein­sei­tig auf Kosten der Beschäf­tig­ten gehen. Auf dem hei­mi­schen Arbeits­markt sei längst etwas aus der Balan­ce gera­ten: So lei­ste­ten Arbeit­neh­mer in Bay­ern im vor­letz­ten Jahr knapp 121 Mil­lio­nen Über­stun­den – 66 Pro­zent davon unbe­zahlt. Dies geht aus einer Ant­wort der Bun­des­re­gie­rung auf eine Anfra­ge der Lin­ken-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Jut­ta Krell­mann her­vor (Quel­le: Bun­des­tags-Druck­sa­che 19/70). Rech­net man die Über­stun­den in Voll­zeit-Jobs um, ent­spricht das im Frei­staat dem­nach knapp 74.000 Arbeitsplätzen.

„Auch im Kreis Kulm­bach sub­ven­tio­nie­ren Beschäf­tig­te jeden Tag Unter­neh­mens­ge­win­ne durch Gra­tis-Stun­den. Statt immer wie­der zu for­dern, die Arbeits­zei­ten zu lockern, soll­ten die Arbeit­ge­ber die vor­han­de­ne Mehr­ar­beit lie­ber auf mehr Schul­tern ver­tei­len und neu­es Per­so­nal ein­stel­len“, for­dert Grundl.

Für Grundl steht fest: „Das Arbeits­zeit­ge­setz legt Min­dest­stan­dards für den Schutz von Gesund­heit und Pri­vat­le­ben fest. Hier brau­chen wir kei­ne neu­en Expe­ri­men­te.“ Fle­xi­ble Lösun­gen im Betrieb könn­ten die Sozi­al­part­ner in ihren Bran­chen ver­ein­ba­ren. So sei sicher­ge­stellt, dass die Belan­ge der Beschäf­tig­ten berück­sich­tigt und nicht ein­sei­tig den Unter­neh­mens­in­ter­es­sen geop­fert wür­den, so der NGG-Geschäfts­füh­rer. Sol­che Rege­lun­gen böten schon heu­te aus­rei­chend Spiel­raum für die Betrie­be. „Denn wer die Tarif­ver­trä­ge ein­hält, bei dem kann etwa eine Hoch­zeits­fei­er im Lokal auch mal län­ger gehen – ohne dass Köche und Kell­ner vor Arbeit umfallen.“