Das Behin­der­ten­te­sta­ment als The­ma im Forum der Offe­nen Behin­der­ten­ar­beit OBA

Eltern und Ange­hö­ri­ge von behin­der­ten Men­schen müs­sen befürch­ten, dass die Sozi­al­hil­fe­trä­ger auf ihr Ver­mö­gen zurück­grei­fen, um dann womög­lich noch selbst in wirt­schaft­li­che Schwie­rig­kei­ten zu gera­ten. Um dies zu ver­hin­dern, ist das rich­tig abge­fass­te Behin­der­ten­te­sta­ment ein sehr wirk­sa­mes Instrument.

Die­sem The­ma wid­me­te sich die OBA (Offe­ne Behin­der­ten­ar­beit) bei ihren jüng­sten Forum für Behin­der­te und scheint damit den Nagel auf den Kopf getrof­fen zu haben.

Sozi­al­päd­ago­gin Ina Wilutz­ky von der OBA und Mode­ra­tor Joseph Lud­wig Lypp, Behin­der­ten­be­auf­trag­ter der Stadt­ver­wal­tung Forch­heim, zeig­ten sich über­rascht über das gro­ße Inter­es­se an der Info-Ver­an­stal­tung im Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus in der Paul-Keller-Straße.

Mit dem Bam­ber­ger Rechts­an­walt Andre­as Klopf­leisch hat­te die OBA einen äußerst kom­pe­ten­ten und aner­kann­ten Fach­mann gewon­nen, der das The­ma Behin­der­ten­te­sta­ment unter erb­recht­li­chen und sozi­al­recht­li­chen Aspek­ten von allen Sei­ten beleuch­te­te. Seit mehr als drei­ßig Jah­ren befasst die­ser sich sowohl beruf­lich, als auch pri­vat, mit der Situa­ti­on behin­der­ter Men­schen, was ihn letzt­end­lich zu einem enga­gier­ten Spe­zia­li­sten auf dem Gebiet des Behin­der­ten­rechts wer­den ließ.

Tat­sa­che sei, so der Refe­rent, dass sehr vie­le Behin­der­te nicht in der Lage sei­en, für die anfal­len­den Kosten für Pfle­ge, Unter­brin­gung, etc. selbst auf­zu­kom­men und damit auf die Sozi­al­hil­fe ange­wie­sen sei­en. Eltern von Behin­der­ten hät­ten in die­sem Zusam­men­hang zu befürch­ten, dass die Sozi­al­hil­fe­trä­ger auf deren Ver­mö­gen zurück­grei­fen. Dem kön­ne man mit einem rich­tig abge­fass­ten Behin­der­ten­te­sta­ment einen Rie­gel vor­schie­ben, um nicht selbst zu Sozi­al­hil­fe­emp­fän­ger zu werden.

Die­ses Instru­ment Behin­der­ten­te­sta­ment, so RA Klopf­leisch, sei völ­lig legal und in kein­ster Wei­se sit­ten­wid­rig. Ziel­set­zung sei, die For­de­run­gen der Sozi­al­hil­fe leer aus­ge­hen zu las­sen und das vor­han­de­ne Ver­mö­gen der Fami­lie zu erhal­ten. Der Bun­des­ge­richts­hof habe seit 1990 die The­se mehr­mals bestä­tigt, dass die Auf­wen­dun­gen für behin­der­te Men­schen die Gesell­schaft in ihrer Gesamt­heit zu tra­gen habe.

Eine wei­te­re Ziel­set­zung des Behin­der­ten­te­sta­men­tes sei es, dass das Ver­mö­gen wel­ches das behin­der­te Kind z.B. durch Erbe, Schen­kung, etc. bekom­me, dazu die­nen sol­le, den Lebens­stan­dard über Sozi­al­hil­fe­ni­veau zu halten.

Der Rechts­an­walt warn­te davor, For­mu­la­re für ein Behin­der­ten­te­sta­ment unkri­tisch aus­zu­fül­len und die dar­in ent­hal­te­nen For­mu­lie­run­gen ein­fach zu über­neh­men, da jeder Fall spe­zi­ell sei und klug durch­dacht sein wolle.

Ein Pro­blem sei der soge­nann­te Nach­rang der Sozi­al­hil­fe, da im Gesetz­buch ste­he, dass kein Anspruch auf Sozi­al­hil­fe für den­je­ni­gen bestehe, der sich durch Ein­satz sei­ner Arbeits­kraft, sei­nes Ein­kom­mens oder vor­han­de­nen Ver­mö­gens selbst hel­fen kön­ne. Eben­so ver­hal­te es sich, wenn der Behin­der­te Ansprü­che gegen Drit­te habe. Die­se kön­ne dann die Sozi­al­hil­fe einfordern.

Zu ach­ten sei auch, so RA Klopf­leisch, dass kein Ansatz von Sit­ten­wid­rig­keit vor­herr­schen dür­fe, was bei­spiels­wei­se dann der Fall sei, wenn der Behin­der­te sein Ver­mö­gen ver­schen­ken wür­de, z.B. an einen Betreu­er, um in Fol­ge des­sen mit­tel­los, wie­der sozi­al­hil­fe­be­rech­tigt zu wer­den. Ein Testa­ment, das gegen die guten Sit­ten ver­sto­ße, sei nichtig.

Wich­tig sei auch bei Ver­er­bung dar­auf zu ach­ten, dass kein Pflicht­teil­an­spruch des Behin­der­ten ent­ste­he, da die­sen sonst wie­der­um die Sozi­al­hil­fe ein­zie­hen und auf sich lei­ten kön­ne. Das bedeu­te, dass der Anteil des Behin­der­ten nicht zu klein sein dür­fe, son­dern gering­fü­gig ober­halb des Pflicht­tei­les lie­gen sollte.

Soll­te der Behin­der­te able­ben und noch irgend­wel­che Ver­bind­lich­kei­ten vor­han­den sein, die ja dann auf die Erben über­ge­hen wür­den, müs­se unbe­dingt dar­auf geach­tet wer­den, dass die­se das Erbe ausschlagen.

Dem allem kön­ne man mit dem Behin­der­ten­te­sta­ment begeg­nen, wenn die Eltern das betrof­fe­ne Kind nur als Vor­er­ben ein­set­zen und alle ande­ren, z.B. gesun­de Kin­der, als Nach­er­ben. Dabei bekommt das behin­der­te Kind etwas mehr als den Pflicht­teil, was in der gesetz­li­chen Erb­fol­ge idea­ler Wei­se ein Sie­ben­tel bedeu­ten wür­de. Somit ent­ste­he kein Pflicht­teil­an­spruch und in Fol­ge des­sen auch kei­ne Zugriffs­mög­lich­keit der Sozi­al­hil­fe. Auch hier loh­ne es sich, die indi­vi­du­el­le Situa­ti­on der Fami­lie im Testa­ment zu berück­sich­ti­gen um leicht­fer­ti­ge Feh­ler zu vermeiden.

In spe­zi­el­len Fäl­len sei es rat­sam, so der Refe­rent, einen Testa­ments­voll­strecker ein­zu­set­zen, um zu ver­hin­dern, dass die Sozi­al­hil­fe­trä­ger auf Zin­sen oder son­sti­ge Erträ­ge Zugriff bekommen.

Wer­de all das berück­sich­tigt, sei im Grun­de alles getan, was man machen kön­ne und sollte.

Abschlie­ßend stel­le RA Klopf­leisch ein Muster­te­sta­ment in sei­nem Wort­laut vor.

Die sich anschlie­ßen­de leb­haf­te Dis­kus­si­on zeig­te deut­lich auf, dass hier noch gro­ßer Infor­ma­ti­ons­be­darf besteht und die­se The­ma­tik für so man­chem einer Ver­tie­fung bedarf.

Die OBA, so die Sozi­al­päd­ago­gin Ina Wilutz­ky, erklä­re sich bereit, ein von RA Klopf­leisch als Exper­te zur Ver­fü­gung gestell­tes Muster­te­sta­ment auf Anfra­ge zur Ver­fü­gung zu stellen.

In jedem Fall, so das Fazit, soll­te ein aner­kann­ter Fach­mann vor der Erstel­lung einer end­gül­ti­gen Fas­sung hin­zu­ge­zo­gen wer­den. Die Erst­be­ra­tung sei erschwing­lich und vor dem Hin­ter­grund des spä­te­ren Nut­zens anzuraten.

Nicht nötig sei es , so ein Behin­der­ten­te­sta­ment nota­ri­ell hin­ter­le­gen zu las­sen, denn bei even­tu­el­len Ände­run­gen ver­ur­sa­che dies nur unnö­ti­gen zeit­li­chen und finan­zi­el­len Aufwand.

Mode­ra­tor Joseph Lud­wig Lypp ermun­ter­te abschlie­ßend die Teil­neh­mer in die­ser The­ma­tik am Ball zu blei­ben. Die OBA und das Forum für Behin­der­te stün­den ger­ne bei allen spe­zi­el­len The­men zur Verfügung.

Wal­de­mar Hofmann