Moto­ri­sier­te Gar­ten­werk­zeu­ge: Töd­li­cher als der Sensenmann

Gro­ße Ver­let­zungs­ge­fahr durch Mäh­ro­bo­ter und Motor­sen­se – Sicher­heit von Mäh­ro­bo­tern auch für Gar­ten­tie­re bedenklich

Bay­erns Igel leben gefähr­lich. Selbst in ihren „Schlaf­zim­mern“ im Gar­ten sind sie nicht mehr sicher. Ihre über­mäch­ti­gen Geg­ner: moto­ri­sier­te Gar­ten­werk­zeu­ge wie Mäh­ro­bo­ter und Faden­mä­her. Durch Rasen­ro­bo­ter haben klei­ne Säu­ge­tie­re wie Igel, aber auch Blüh­pflan­zen, Insek­ten, Amphi­bi­en und Spin­nen­tie­re kei­ne Chan­ce im Gar­ten zu über­le­ben. Lau­fen die Mäh­ro­bo­ter nachts oder in der Däm­me­rung sind die nacht­ak­ti­ven Igel beson­ders gefähr­det. „Die mei­sten Rasen­mäh­ro­bo­ter erken­nen klei­ne Tie­re nicht als Hin­der­nis. Klei­ne Igel kön­nen dabei kom­plett über­rollt und ver­letzt oder getö­tet wer­den, was uns zuge­sand­te Fotos immer wie­der bewei­sen“, erklärt die LBV-Igel­ex­per­tin Mar­ti­na Geh­ret. „Mäh­ro­bo­ter sind das Sym­bol für die Natur­zer­stö­rung in deut­schen Gär­ten. Wo sie fah­ren, gibt es kei­ne Blü­ten und somit auch kei­ne Insek­ten und ande­re Gar­ten­tie­re mehr“, kri­ti­siert der LBV-Vor­sit­zen­de Dr. Nor­bert Schäf­fer. Eine noch grö­ße­re Gefahr für Igel stel­len Faden­mä­her oder Frei­schnei­der dar. Die Gerä­te wer­den im Gar­ten vor allem unter Hecken ein­ge­setzt. Unbe­dach­te Mäh­ar­bei­ten kosten so vie­len schla­fen­den Igeln das Leben.

Von Jahr zu Jahr erfreu­en sich Mäh­ro­bo­ter in deut­schen Gär­ten immer grö­ße­rer Beliebt­heit. Ein aktu­el­ler Test von Rasen­mäh­ro­bo­tern der Stif­tung Waren­test zeigt, dass bei der Sicher­heit nach wie vor gro­ße Män­gel bestehen. Von den acht geprüf­ten Gerä­ten beka­men in die­ser Kate­go­rie alle Mäh­ro­bo­ter ledig­lich ein „aus­rei­chend“. Die Sicher­heits­män­gel zwei­er Rasen­ro­bo­ter waren sogar so gra­vie­rend, dass sie kom­plett durch den Test durch­ge­fal­len sind. Gete­stet wur­de die Sicher­heit mit Erwach­se­nen- und Kin­der-Prüf­fü­ßen sowie Prüf­ar­men mit Fin­ger­ele­men­ten. Bei Tei­len des Fußes kann es zu deut­li­chen Schnitt­ver­let­zun­gen kom­men. Aus­ge­streck­te Hän­de wur­den von kei­nem der geprüf­ten Rasen­ro­bo­ter als Hin­der­nis erkannt. „Eben­so wie der Mäh­ro­bo­ter kei­ne Prüf­kör­per­tei­le erkennt, die unter den Gerä­te­rand pas­sen, wer­den auch kei­ne klei­nen Igel, Krö­ten, Eidech­sen oder Insek­ten als Hin­der­nis erfasst“, so die LBV-Igel­ex­per­tin. So kön­nen die Gerä­te Igel skal­pie­ren (sie­he Pres­se­fo­to) und klei­ne Tie­re auch ganz über­rol­len und zer­häck­seln. „Da die mei­sten ange­mäh­ten Tie­re aber ein­fach ent­sorgt wer­den, gehen wir von einer hohen Dun­kel­zif­fer an Fäl­len aus“, befürch­tet die LBV-Expertin.

Zwar wei­sen die Bedie­nungs­an­lei­tung der Her­stel­ler dar­auf hin, dass das Gerät am besten tags­über und nicht unbe­auf­sich­tigt arbei­ten darf. „Aber genau aus dem Grund, fürs Rasen­mä­hen nicht zuhau­se sein zu müs­sen, kauft man sich doch so ein Gerät“, erklärt Geh­ret. Die mei­sten Besit­zer las­sen ihren Mäh­ro­bo­ter auch noch nachts lau­fen. Fatal für vie­le nächt­li­che Gar­ten­be­woh­ner. „Der nächt­li­che Mäh­ro­bo­ter­ein­satz kann töd­lich für Igel und vie­le ande­re nacht­ak­ti­ve Tie­re aus­ge­hen“, so Mar­ti­na Geh­ret weiter.

Noch gefähr­li­cher für Igel und ande­re Gar­ten­be­woh­ner als Mäh­ro­bo­ter sind Frei­schnei­der und Faden­mä­her. Mit den moto­ri­sier­ten Sen­sen wer­den Rasen­kan­ten und das Grün unter Büschen und Hecken geschnit­ten, also direkt in das „Schlaf­zim­mer“ von Igel und Co. gemäht. „Hier­bei wei­sen die Her­stel­ler aber nur man­gel­haft auf die­se Gefah­ren hin“, beklagt Geh­ret. Dabei ist jeder baye­ri­sche Gar­ten Teil einer ins­ge­samt 150.000 Fuß­ball­fel­der gro­ßen Pri­vat­gar­ten­flä­che. Und genau die­se rie­si­ge, unver­sie­gel­te Flä­che ist mit­ten in unse­ren Sied­lungs­ge­bie­ten oft der ein­zi­ge Rück­zugs­ort für Tie­re wie den Igel.

„Jedes Jahr ster­ben hun­der­te von Igel deutsch­land­weit durch Ver­let­zun­gen, ver­ur­sacht durch moto­ri­sier­te Gar­ten­werk­zeu­ge. Und nur aus dem Grund, weil die Tie­re zur fal­schen Zeit am fal­schen Ort geschla­fen haben“, so Mar­ti­na Geh­ret. Dabei gibt es eine ein­fa­che Lösung: „Etwas mehr Mut zur Wild­nis im Gar­ten und ein­fach mal den Mäher im Schup­pen ste­hen las­sen. Das bring nicht nur mehr Frei­zeit, son­dern auch mehr Arten­viel­falt in den Gar­ten. Wer den­noch Mähen möch­te, soll­te vor­ab unter Hecken und Büschen kon­trol­lie­ren, ob sich nicht ein Wild­tier die­sen Ort als Schlaf­platz aus­ge­sucht hat“, rät die LBV-Igelexpertin.

Um einen bes­se­ren Ein­druck von der Zahl der ver­letz­ten Tie­re zu erhal­ten, bit­tet der LBV alle Igel­freun­de, durch Mäh­ro­bo­ter oder Frei­schnei­der ver­letz­te Igel per E‑Mail an igel@​lbv.​de zu melden.