Afri­ka-Kul­tur­ta­ge Forch­heim: Trom­meln für Uganda

Zu Besuch in Uganda
Zu Besuch in Uganda: Unterricht für Luke

Die Exi­stenz einer Tanz­grup­pe aus den Slums von Kam­pa­la ist gefähr­det. Eine Forch­hei­mer Fami­lie war dort zu Besuch.

Ugan­da in Not! Genau­er gesagt jun­ge Men­schen in einem Slum­ge­biet in der Haupt­stadt Kam­pa­la. Die Exi­stenz einer Tanz- und Tromm­ler­gup­pe, die zu Gast ist bei den Afri­ka-Kul­tur­ta­gen am kom­men­den Wochen­en­de in Forch­heim, ist bedroht. Das Zuhau­se für 80 Kin­der und Jugend­li­che, die Sos­olya Undu­gu Fami­ly Aca­de­my, soll noch in die­sem Jahr ver­kauft wer­den – wenn es den Betrei­bern, Spon­so­ren und einem in Wei­mar ansäs­si­gen Ver­ein nicht gelingt, die Sum­me für die zwei Gebäu­de auf einem klei­nen Grund­stück auf­zu­brin­gen. Des­halb sind die Afri­ka-Kul­tur­ta­ge, die von Frei­tag bis Sonn­tag in der Kai­ser­pfalz und auf dem Gelän­de rings­um statt­fin­den, erst­mals mit einem Bene­fiz-Gedan­ken verbunden.

„Hopp geh’­zu, einen Euro für Ugan­da“ lau­tet des­halb die Auf­for­de­rung an die Besu­cher und die Bür­ger der Stadt, die auf einem Flug­blatt über­all bekannt gemacht wird. Der Forch­hei­mer Kul­tur­preis­trä­ger Hubert Forscht und das Vor­be­rei­tungs­team der Afri­ka-Tage las­sen sich von dem opti­mi­sti­schen Gedan­ken lei­ten, dass das Zuhau­se, die Grund­schu­le und Trai­nings­cen­ter für ins­ge­samt 200 Kin­der geret­tet wer­den kann, wenn jeder Forch­hei­mer einen Euro spen­det. Denn es ist eine Sum­me von ins­ge­samt 32.000 Euro notwendig.

Wie trag­fä­hig ist die Brücke?

Wie viel Gutes und Sinn­vol­les, ja Lebens­not­wen­di­ges für die­se im Grun­de gerin­ge Sum­me erreicht wer­den kann, davon hat sich jüngst eine Forch­hei­mer Fami­lie bei einer Rei­se nach Kam­pa­la über­zeu­gen kön­nen. Mela­nie und Chri­sti­an Rüt­her sowie ihre Jungs Sam­my und Luke haben seit 2015 eine Brücke zu ihren afri­ka­ni­schen Freun­den gebaut, deren Trag­fä­hig­keit sich jetzt bewei­sen wird. Die Begei­ste­rung für die afri­ka­ni­sche Kul­tur jeden­falls ist in Forch­heim seit Jah­ren vor­han­den, das zeigt die Besu­cher­zahl beim Basar rund um die Kai­ser­pfalz und bei den Konzertauftritten.

Soviel noch zum Hin­ter­grund: die Sos­olya Undu­gu Fami­ly Aca­de­my ist eine gemein­nüt­zi­ge ugan­di­sche Orga­ni­sa­ti­on, die Kin­dern aus ärm­sten Ver­hält­nis­sen Unter­kunft und Nah­rung gibt und ihnen Schul­be­such ermög­licht. Dar­über hin­aus erler­nen die Jun­gen und Mäd­chen seit 25 Jah­ren tra­di­tio­nel­le Musik und Tän­ze. Das Grund­stück, auf dem das Cent­re der Sos­oly­as steht, ist bis­her nur gepach­tet. Leit­bild der Ada­de­my ist, Ver­trau­en unter den Men­schen Afri­kas her­zu­stel­len, indem sie dazu erzo­gen wer­den, sich als Geschwi­ster im Gei­ste zu sehen und die Wür­de eines Jeden zu ach­ten, Respekt unter­ein­an­der und Ver­ständ­nis für­ein­an­der zu för­dern – eben durch Kul­tur über­grei­fen­de Musik und Tän­ze, die sie über die Gren­zen Kam­pa­las und Ugan­das hin­aus bis nach Euro­pa tragen.

Gast­el­tern 2015

Es war bei den Afri­ka-Kul­tur­ta­gen 2015, als Hubert Forscht Mela­nie Rüt­her-Röve­kamp frag­te, ob sie nicht ein paar Jungs aus einer afri­ka­ni­schen Tromm­ler­grup­pe auf­neh­men kön­ne. Sie sag­te spon­tan zu und so fan­den Erik und Isma, 13 und 14 Jah­re alt, zusam­men mit ihrem Trai­ner Davis für vier Tage eine Her­ber­ge bei den Rüt­hers. Deren Söh­ne Sam­my und Luke waren im glei­chen Alter und musi­ka­lisch eben­falls „unter­wegs“, Sam­my als Drum­mer und Luke in Kla­vier und Gitar­re. Mit Eng­lisch konn­ten sie sich ver­stän­di­gen und sofort war die Basis für eine pri­va­te Freund­schaft „Forch­heim – Kam­pa­la“ gelegt. Auf dem Post­weg, per E‑mail, Face­book und Smart­phon hielt man anschlie­ßend Kon­takt, was oft gar nicht so ein­fach war. Bei Mela­nie und Chri­sti­an reif­te auch von Anfang der Wunsch, Erik und Isma in deren Zuhau­se, der Sos­olya Undu­gu Dance Aca­de­my, zu besuchen.

In den Pfingst­fe­ri­en die­sen Jah­res hat es end­lich geklappt. Die Forch­hei­mer Fami­lie reiz­te das Frei­ge­päck für den Flug, je 40 Kilo­gramm und acht Kilo Hand­ge­päck, bis zum letz­ten Gramm aus. Denn es war klar, dass man die Kin­der im Tanz-Cen­ter mit sinn­vol­len Geschen­ken über­ra­schen wollte.

Am All­tag der Kin­der teilgenommen

Der erste Ein­druck nach der Lan­dung? „Ugan­da ist grün, und es herrsch­ten ange­neh­me Tem­pe­ra­tu­ren“ berich­tet Mela­nie. Tanz­leh­rer Davis und der Begrün­der der Dance Aca­de­miy, Lezon Mark Mug­wanya, hat­ten ein Taxi mit Fah­rer orga­ni­siert, das für alle Unter­neh­mun­gen zur Ver­fü­gung stand. Denn auch das merk­ten die Forch­hei­mer: Man muss in dem Land vor­sich­tig und immer von Ein­hei­mi­schen beglei­tet sein. Die Rüt­hers nah­men am All­tag der 80 Kin­der zwi­schen fünf und 18 Jah­ren in der klei­nen, behü­te­ten Insel mit den zwei Häu­sern inmit­ten eines Ver­gnü­gungs- und Rot­licht­vier­tels teil, sie fuh­ren mit zu Auf­trit­ten der Tanz­grup­pen und lern­ten bei einer Safa­ri Land und die fas­zi­nie­ren­de Tier­welt Afri­kas rund um den Vic­to­ria­see kennen.

Was Mela­nie beson­ders beein­druck­te: „Nach dem Besuch von Kin­der­gar­ten und Schu­le tan­zen die Kin­der täg­lich bis zu vier Stun­den. Es gibt kei­ne Auf­pas­ser, die Gro­ßen sor­gen für die Klei­nen. Es herrscht Brü­der­lich­keit und Schwe­ster­lich­keit“. Die Kin­der las­sen in ihrer Begei­ste­rung für das Trom­meln und das Erler­nen von Tän­zen nicht nach und haben dabei das Prin­zip der Aca­de­my ver­in­ner­licht: Mit ihren Auf­trit­ten in Hotels, bei Hoch­zei­ten und pri­va­ten Fei­ern ver­die­nen sie das Geld, das für den Unter­halt ihres Cen­ters, für die Ernäh­rung, die Schul­klei­dung und die Bil­dung not­wen­dig ist. „Die Kin­der tan­zen für ihre Bil­dung“ bringt das Mela­nie Röve­kamp-Rüt­her auf den Punkt. Impo­niert hat ihr auch, dass eine Aus­le­se der Besten, die auf­tre­ten darf, nicht statt­fin­det. Jeder und jede jeden Alters ist ein­ge­bun­den, „das för­dert die Moti­va­ti­on.“ Die Leh­rer unter­rich­ten ehren­amt­lich. Es sind in der Regel Tän­zer und Musi­ker, die aus der Aca­de­my her­vor­ge­gan­gen sind und zum Teil Kar­rie­re gemacht haben.

Trä­nen beim Abschied

Es gab vie­le herz­li­che Begeg­nun­gen, die die Fami­lie aus Deutsch­land beein­druck­te und berühr­te, und es ver­steht sich von selbst, dass Sam­my und Luke zum Mit­ma­chen ein­ge­la­den wur­den. Zum Schluss gab es eine beson­de­re Über­ra­schung. Die Gäste hat­ten für die Safa­ri neben den eige­nen Kosten die für die Beglei­ter mit zu über­neh­men. „Wir muss­ten da schon schlucken“, gesteht Mela­nie. Die Kosten lagen den­noch im Rah­men einer sonst nor­mal gebuch­ten Safa­ri. Zum Abschied wur­den sie in eine benach­bar­te Tanz­schu­le ein­ge­la­den. Und da merk­ten Mela­nie und Chri­sti­an, dass die über­nom­me­nen Mehr­ko­sten der Safa­ri für die­ses Abschieds­fest mit Essen und Trin­ken, Tan­zen und Musik ver­wen­det wur­den. „Wenn ich dar­an den­ke kom­men mir jetzt noch die Trä­nen“ gesteht die Forch­hei­me­rin. Gast­freund­schaft as best!

Ihre per­sön­li­che Moti­va­ti­on, sich für Sos­olya Undu­gu zu enga­gie­ren? Mela­nie denkt kurz nach: „Ich weiß, ich kann nicht das Elend der Welt hei­len. Aber wenn man per­sön­lich mit so einem Pro­jekt kon­fron­tiert wird, die gast­freund­li­chen Men­schen und lern­be­gie­ri­gen Kin­der ken­nen­lernt, dann muss man ein­fach hel­fen“. Inzwi­schen haben die Rüt­hers und ihre Freun­de erste Unter­stüt­zung erfah­ren. Der Musi­ker Ger­hard Weiß ließ bei der sonn­täg­li­chen Jam Ses­si­on auf dem Schau­fel Kel­ler den Hut her­um­ge­hen und dar­in lagen am Ende 530 Euro!

Gegen­ge­wicht zur Flüchtlingsdebatte

In Zei­ten einer unsäg­lich gewor­de­nen Dis­kus­si­on um die Flücht­lings­po­li­tik in Deutsch­land mit der Ten­denz zu Auf­nah­me­stopp und Zurück­wei­sung, mit Frem­den­feind­lich­keit und Angst­ma­che („Afri­ka sitzt auf gepack­ten Kof­fern nach Euro­pa“) setzt Forch­heim bei den Afri­ka-Kul­tur­ta­gen ein posi­ti­ves Gegen­ge­wicht. Wet­ten dürf­ten ange­nom­men wer­den, dass die 32.000 Euro zum Kauf der Sos­olya Undu­gu Fami­ly Aca­de­my erreicht werden.

Spen­den­kon­to

über den Ver­ein Sos­olya Undu­gu Fami­ly Aca­de­my, Sitz Weimar,
Fran­ken­ber­ger Raiff­ei­sen­bank, IBAN DE81 5206 9519 0002 0318 17.
Wei­te­re Infor­ma­tio­nen www​.sos​olya​.de