Kon­zert „Gegen das Ver­ges­sen“ in Pegnitz

Am Sonn­tag, 1. Juli begin­nen die Peg­nit­zer Som­mer Kon­zer­te um 20 Uhr in der St. Bar­tho­lo­mä­us-Kir­che in Peg­nitz mit einem Abend „Gegen das Ver­ges­sen“ sol­cher Wer­ke, die wäh­rend der natio­nal­so­zia­li­sti­schen Herr­schaft in Deutsch­land nicht auf­ge­führt wer­den durf­ten – sei es aus ras­si­sti­schen oder poli­ti­schen Grün­den. Oft sind die­se, zum größ­ten Teil aus der Roman­tik stam­men­den Wer­ke bis heu­te nur wenig gespielt. Aus­füh­ren­de sind Aria­ne Becker-Ben­der, Vio­la und Boris Stan­sky, Vio­lon­cel­lo. Jörg Fuhr spielt an den Orgeln der St. Bar­tho­lo­mä­us-Kir­che Solo­wer­ke und wirkt als Beglei­ter. Mit dem Kon­zert soll auch des 75. Jah­res­tags der Hin­rich­tung der Wider­stands­grup­pe „Wei­ße Rose“ (unter ande­ren Hans und Sophie Scholl) gedacht werden.

Schwer­punkt des Pro­gramms ist hebräi­sche Musik von Lewan­dow­s­ki bis Klein. Lou­is Lewan­dow­s­ki (1821 – 1894) war als erster Stu­dent jüdi­scher Her­kunft an der Aka­de­mie der Kün­ste in Ber­lin und wirk­te dort als Kan­tor und Pro­fes­sor für Musik. Sein „Fest­prä­lu­di­um“ steht musi­ka­lisch zwi­schen den Sti­len von Felix Men­dels­sohn Bar­thol­dy und Johan­nes Brahms. Von sei­nem Nach­fol­ger als Chor­di­ri­gent der Neu­en Syn­ago­ge in Ber­lin, Albert Kel­ler­mann (1863 – 1927), erklingt eine „Hebräi­sche Melo­die“ für Vio­la, Vio­lon­cel­lo und Orgel, Joseph Joa­chim (1831 – 1907) war guter Freund von Johan­nes Brahms, der sei­ne „Hebräi­schen Melo­dien opus 9“ als „Wun­der­bar ergrei­fend“ bezeich­ne­te. Aria­ne Becker-Ben­der, Vio­la und Jörg Fuhr, Orgel spie­len zwei Sät­ze aus die­ser Samm­lung. Obwohl von Felix Men­dels­sohn Bar­thol­dy, Franz Liszt, Johan­nes Brahms und Max Bruch geför­dert, hat­te er sehr unter den Anfein­dun­gen durch den Anti­se­mi­tis­mus der Grup­pe der „Wag­ne­ria­ner“ zu lei­den, die ihn trotz sei­ner evan­ge­li­schen Tau­fe grund­sätz­lich ablehn­ten. Die­ses Schick­sal teilt er mit vie­len ande­ren kon­ver­tier­ten jüdi­schen Musi­ke­rin­nen und Musi­kern. Aus dem Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger The­re­si­en­stadt stammt ein Wie­gen­lied von Gideon Klein (1919 – 1945), das in der Fas­sung für Vio­la und Orgel erklingt. Ein wei­te­res Wie­gen­lied stammt aus der Feder von Rebec­ca Clar­ke (1886 – 1979), die in Lon­don und den USA leb­te und deutsch-jüdi­sche Wur­zeln hat. Der wich­tig­ste Moment der hebräi­schen Lit­ur­gie, das Gebet „En Kel­ohenu“ (Unser Gott) hat Fried­rich Gerns­heim (1839 – 1916) für Vio­lon­cel­lo und Orgel ver­tont. Er wirk­te als Kapell­mei­ster und Pro­fes­sor in Köln, Rot­ter­dam und Ber­lin. Felix Men­dels­sohn Bar­thol­dy (1809 – 1847) zählt heu­te unter ande­rem wegen des Ora­to­ri­ums „Eli­as“ und des „Pau­lus“ mit zu den belieb­te­sten Kom­po­ni­sten im klas­sisch – roman­ti­schen Stil. Doch auch sei­ne Musik galt in der Zeit zwi­schen 1938 und 1945 als „ent­ar­tet“. Im Kon­zert erklingt der lang­sa­me Satz aus sei­ner Vio­lon­cel­lo­so­na­te D‑Dur, opus 58, auch als „Nacht­stück“ bezeich­net. Ein „Priè­re“ (Gebet) von Fer­nand Hal­phen (1872 – 1917), der 45-jäh­rig im ersten Welt­krieg fiel, run­det den Anteil hebräi­scher Musik ab.

Zahl­rei­che ande­re Kom­po­ni­sten wur­den wegen ihrer poli­ti­schen Unan­ge­passt­heit zwi­schen 1938 und 1945 aus Deutsch­land ver­trie­ben. Zu ihnen zählt Paul Hin­de­mith, von dem eine Sona­te für Vio­lon­cel­lo solo erklingt. Mit dem Duo Es-Dur KV 424 für Vio­la und Vio­lon­cel­lo von Wolf­gang Ama­de­us Mozart endet das Kon­zert. Als er in Salz­burg sei­ne musi­ka­li­sche Lauf­bahn begann, war die syste­ma­ti­sche Ver­trei­bung der Pro­te­stan­ten aus dem Stadt­ge­biet, wo sie seit 1520 gelebt hat­ten, gera­de 28 Jah­re her.

Am dar­auf fol­gen­den Sonn­tag, 8. Juli, steht um 20 Uhr in der Chri­stus­kir­che in Auer­bach die Musik auf dem Pro­gramm, mit der Mar­tin Luther King groß gewor­den ist. Aus Anlass sei­nes 50. Todes­ta­ges spielt „Richard Roblee’s Very Litt­le Big­band“ Spi­ri­tu­als und Gos­pels aus den USA.

Infor­ma­tio­nen zur gesam­ten Rei­he, aber auch den ein­zel­nen Ver­an­stal­tun­gen sind erhält­lich bei „Peg­nit­zer Som­mer Kon­zer­te“, Rosen­gas­se 41, 91257 Peg­nitz, Tele­fon 09241/2965, bei den Frem­den­ver­kehrs­äm­tern der Regi­on und in den Kir­chen der Veranstaltungsorte.

Platz­re­ser­vie­run­gen und Kar­ten­vor­be­stel­lun­gen nimmt das evang.-luth. Pfarr­amt Peg­nitz unter der Tele­fon­num­mer 09241–6086, Fax: 09241–2927 sowie das Kan­to­rat Peg­nitz unter der Ruf­num­mer 09241–2926, E‑Mail: kantorei.pegnitz@t‑online.de entgegen.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen gibt es auch im Inter­net unter www​.peg​nit​zer​som​mer​kon​zer​te​.de, sowie unter www​.soli​deo​.de, der Sei­te der evan­ge­li­schen Kir­chen­mu­sik in Bay­ern und auf der Sei­te www​.peg​nitz​-evan​ge​lisch​.de der evan­ge­li­schen Kir­chen­ge­mein­de Pegnitz.

„Gegen das Vergessen“

Musik, die zwi­schen 1938 und 1945 in Deutsch­land nicht auf­ge­führt wer­den durfte

  • Sonn­tag, 1. Juli, 20 Uhr
  • Ein­tritt: 12 €, ermä­ßigt 5 €
  • St. Bar­tho­lo­mä­us­kir­che, Pegnitz
    • Aria­ne Becker-Ben­der, Viola
    • Boris Stan­sky, Violoncello
    • Jörg Fuhr, Orgel