Blä­ser­phil­har­mo­nie Forch­heim in der Kon­zert­hal­le Bamberg

Wir­beln­de Stä­be und eine Schlägertruppe

Der junge Solist Lukas Heim am Marimbaphon im Zusammenwirken mit Dirigent Mathias Wehr. Foto: Mike Wuttke

Der jun­ge Solist Lukas Heim am Marim­ba­phon im Zusam­men­wir­ken mit Diri­gent Mathi­as Wehr. Foto: Mike Wuttke

Auch beim fünf­ten Auf­tritt sorg­te die Blä­ser­phil­har­mo­nie Forch­heim in der Kon­zert­hal­le Bam­berg für ein außer­ge­wöhn­li­ches Hör­erleb­nis und Beifallsstürme.

Bam­berg. Ein Früh­som­mer­tag wie aus dem Bil­der­buch. Die Stadt summt vor Men­schen. Doch an einem Ort: Blitz, Don­ner und Sturm. Es ist die Kon­zert­hal­le am Sams­tag­abend. Blit­zen­de Instru­men­te, Don­ner von einer über­ra­gen­den Per­cus­sions­grup­pe und „vol­les Rohr“, wenn sich mehr als 60 Musi­ker im Cre­scen­do bis zum For­tis­si­mo auf­schwin­gen, und Bei­falls­stür­me im vol­len Haus. Die Blä­ser­phil­har­mo­nie Forch­heim des Musik­ver­eins Bucken­ho­fen lie­fert zum fünf­ten Mal in die­ser Wei­he­stät­te musi­ka­li­scher Hoch­kul­tur einen über­ra­gen­den Beleg gewach­se­ner Musik­tä­tig­keit ab. Mit einem Früh­lings­kon­zert, das die­ses Mal unter dem Mot­to „Mit Herz und Stim­me“ stand und das Diri­gent Mathi­as Wehr und Mode­ra­tor Rai­ner Streng mit Lei­den­schaft, Witz und Charme auskleideten.

Das Geheim­nis des Erfolgs – auf Basis einer fun­dier­ten Aus­bil­dung mit dem Durch­schrei­ten meh­re­rer Orche­ster­stu­fen – ist nicht die Stei­ge­rung bis hin zum „Das beste Kon­zert von allen“, son­dern die gleich­blei­ben­de Qua­li­tät auf allen bespiel­ten Ebe­nen. Das heißt sin­fo­ni­sche Blä­ser­mu­sik von Ori­gi­nal­kom­po­si­tio­nen zeit­ge­nös­si­scher Kom­po­ni­sten bis hin zu Tran­skrip­tio­nen der klas­si­schen und moder­nen Literatur.

Ein wei­te­rer Schwer­punkt bei den Bam­ber­ger Kon­zer­ten ist es, her­aus­ra­gen­de Soli­sten an die Ram­pe zu stel­len. Das waren Soli­sten der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker, der aus Forch­heim stam­men­de Pia­nist und Thea­ter­pro­fi Mathi­as Möni­us, und jetzt also ein „Eigen­ge­wächs“ mit Lukas Heim (22) am Marim­ba­phon. Um es vor­weg zu sagen: es „stürm­te“ in der Hal­le nach dem vir­tuo­sen Spiel sei­ner wir­beln­den Stäbe.

„With Heart und Voices“ – die Kom­po­si­ti­on des zeit­ge­nös­si­schen ame­ri­ka­ni­schen Kom­po­ni­sten David Gil­ling­ham gab den Rah­men für Dyna­mik, Mystik, Emo­ti­on, Lyrik und die Her­aus­for­de­rung an dif­fe­ren­zier­tes Spiel mit ver­track­ten Rhyth­men, Dis­so­nan­zen und Dra­ma­tik. Aus­ge­wählt mit Wer­ken aus Fern­ost, christ­li­cher Inspi­ra­ti­on, der Welt der Film- und Pop­mu­sik. Wobei sich Orche­ster und Audi­to­ri­um aus­rei­chend „erho­len“ konn­ten im Strom volu­mi­nös flie­ßen­der Har­mo­nien aus dem „tie­fen Blech“, in dem die Holz­blä­ser Glanz­lich­ter setz­ten. „Fan­fa­re“ von Satho­shi Yagi­sa­wa ent­führ­te das Publi­kum sofort in die Welt der Ele­men­te in weit schwin­gen­den, von Mathi­as Wehr aus­di­ri­gier­ten Musik­bö­gen, bei dem sich die Per­kus­si­ons­grup­pe als pul­sie­ren­des Herz­stück pro­fi­lier­te. „O Magnum Myste­ri­um“ basiert auf einem alten Text, der die Geburt Jesu Chri­sti im Bei­sein der nie­de­ren Tie­re an der Krip­pe besingt. Stich­wort Sanft­mut. Aber auch „gro­ßes Kino“ (Mor­ten Lau­rid­sen), in dem die Kla­ri­net­ten das The­ma an die Trom­pe­ten überleiteten.

Läs­sig und mit einem Lächeln

Dann der soli­sti­sche Höhe­punkt mit „Con­cer­ti­no for Mari­ma and Winds“, von Alfred Reed in japa­ni­schem Auf­trag kom­po­niert. Roman­tisch, leicht und fili­gran und rockig cool die drei Sät­ze, die Lukas Heim mit jugend­li­chem Élan, läs­sig in Schräg­la­ge wie sein Diri­gent, und immer mit einem Lächeln im Gesicht vor sich aus­brei­te­te. Wie die Har­fe in der Klas­sik setzt das Marim­ba­phon wich­ti­ge Akzen­te in einem moder­nen sin­fo­ni­schen Blas­or­che­ster. Auch wenn einem von der Geschwin­dig­keit des Spiels mit den vier Schlä­gern schwin­de­lig wer­den kann.

Wow. Die sym­pho­ni­sche Suite zu „Robin Hood – König der Die­be“ (Micha­el Kamens/​Paul Laven­der) setzt Maß­stä­be. In Film und Film­mu­sik wur­den 50 Mil­lio­nen Dol­lar inve­stiert. Für den Titel­song hät­te Bri­an Adams fast einen Oscar bekom­men. Die Bucken­ho­fe­ner erwie­sen sich als eben­bür­ti­ge Inter­pre­ten. Flü­gel­hör­ner und Obo­en sorg­ten im mäch­ti­gen Sound rund um den eng­li­schen Volks­hel­den für Pro­fi­lie­rung. John Mackeys „Under­tow“ (Der Sog) ist etwas für Exper­ten. Halb­ton­dis­so­nan­zen, Takt­wech­sel von 4/​4tel auf 7/​8tel, star­ke per­kus­si­ve Effek­te und eine sich wie­der­ho­len­de musi­ka­li­sche Figur for­der­ten vor allem die „Schlä­ger­trup­pe“, die nur von „Magi­er“ Mathi­as Wehr gebän­digt wer­den konnte.

Soli­sten­ap­plaus für das Plopp

Einen bri­ti­schen Volks­lied zugrun­de liegt „Child­rens March: Over the Hills and far away“ von Per­cy Grain­ger. Mal tän­ze­risch, mal im Stil einer Mar­ching Band, hat das Stück sei­ne Beson­der­heit dar­in, dass sich die Musi­ker auch sän­ge­risch zei­gen konn­ten. Und zwar vier­stim­mig! Dann wur­de es wit­zig in „A Fairycock­taile“. Einen Mär­chen­mix rund um Schnee­witt­chen und Aschen­brö­del, Prin­zes­sin und Jägers­mann sowie den bösen Wolf hat Jan de Vlie­ger musi­ka­lisch illu­striert. Die Erzäh­lung, die Rai­ner Streng augen­zwin­kernd anrei­cher­te, wur­de von der Musik sze­nisch pas­send unter­bro­chen. Wobei das „Plopp“ eines Musi­kers unter Geläch­ter den mei­sten Soli­sten­bei­fall erhielt.

Wer Rock­kon­zer­te besucht hat weiß wie der Beat har­ter Sounds Magen und Zwerch­fell fibrie­ren lässt. Die Blä­ser­phil­har­mo­nie setz­te das berühm­te „Innu­en­do“ von Queen aus dem 1991 erschie­nen Album kon­ge­ni­al um. Wobei die Musik von Queen die Gren­zen der Rock- und Pop­mu­sik oft über­schrit­ten hat. In dem von Mar­co Soma­do­s­si bear­bei­te­ten Werk wett­ei­fert ein Mix ver­schie­de­ner Sti­le, wobei Anklän­ge an Fla­men­co und Ravels Bole­ro im Gedächt­nis blei­ben. Nicht nur hier warf Jona­than Wag­ner am E‑Piano wich­ti­ge Details für das Hör­erleb­nis ein. Erwäh­nung ver­die­nen, ohne ande­re schmä­lern zu wol­len, die Soli­sten Chri­sti­an Libe­ra (Trom­pe­te), Nico­le Kotz (Oboe), Brit­ta Soens (Quer­flö­te) und Joseph Rum­stadt (Kon­tra­bass).

Bam­ber­ger im Abseits?

MV-Vor­stands­vor­sit­zen­der Bernd Froe­se dank­te dem Publi­kum, dar­un­ter Spit­zen der Poli­tik und des Nord­baye­ri­schen Musik­bun­des, für die Treue zu die­sem Bam­ber­ger Kon­zert und ande­ren Ver­an­stal­tun­gen. Hin­ge­wie­sen wur­de vom Lions Club auf das Bene­fiz-Open air der Blä­ser­phil­har­mo­nie am Sonn­tag, 8. Juli, um 17 Uhr auf der Wald­wie­se des Lebenshilfezentrums.

Am Ende bewe­ge sich eine lan­ge Auto­schlan­ge mit Forch­hei­mer Kenn­zei­chen heim­wärts. Viel­leicht schafft es die­se Ver­an­stal­tung doch noch, mehr Bam­ber­ger zum Kom­men zu bewe­gen, die bis­her eher nase­rümp­fend der „Phil­har­mo­nie aus der Pro­vinz“ gegenüberstehen.