Mikro­pla­stik in Flüs­sen: Uni­ver­si­tät Bay­reuth lie­fert Grund­la­ge für neue Stu­die aus fünf Bundesländern

Symbolbild Bildung

Wie stark sind Flüs­se in Deutsch­land durch Mikro­pla­stik bela­stet? Eine heu­te ver­öf­fent­lich­te Stu­die bie­tet erst­mals kon­kre­te Anhalts­punk­te. Unter der Lei­tung von Prof. Dr. Chri­sti­an Laforsch hat eine For­scher­grup­pe an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth von 2014 bis 2017 Was­ser­pro­ben an 22 Flüs­sen, haupt­säch­lich im Ein­zugs­ge­biet von Rhein und Donau, ent­nom­men und ana­ly­siert. Die nun vor­lie­gen­den Ergeb­nis­se bil­den einen der welt­weit größ­ten, mit ein­heit­li­chen Unter­su­chungs­ver­fah­ren gewon­ne­nen Daten­sät­ze zum Vor­kom­men von Pla­stik­par­ti­keln in Flüs­sen. Auf­trag­ge­ber der Stu­die waren die Bun­des­län­der Baden-Würt­tem­berg, Bay­ern, Hes­sen, Nord­rhein-West­fa­len und Rheinland-Pfalz.

Die ins­ge­samt 52 unter­such­ten Was­ser­pro­ben stam­men aus Regio­nen im Süden und Westen Deutsch­lands, die sich im Hin­blick auf Land­schaft, Besied­lung und Indu­strie­dich­te erheb­lich unter­schei­den. In die­sen Pro­ben haben die Bay­reu­ther For­scher mehr als 19.000 Objek­te gefun­den und ana­ly­siert, davon wur­den 4.335 ein­deu­tig als Kunst­stoff­par­ti­kel iden­ti­fi­ziert. Rund 99 Pro­zent die­ser Kunst­stoff­par­ti­kel sind klei­ner als fünf Mil­li­me­ter und damit als Mikro­pla­stik ein­zu­ord­nen. Win­zi­ge Teil­chen mit einem Durch­mes­ser zwi­schen 0,02 und 0,3 Mil­li­me­tern (20 bis 300 Mikro­me­tern) sind am häu­fig­sten ver­tre­ten: Sie machen 62 Pro­zent der gefun­de­nen Kunst­stoff­par­ti­kel aus. Auf­fäl­lig ist, dass höhe­re Kon­zen­tra­tio­nen von Mikro­pla­stik vor allem in klei­ne­ren und mitt­le­ren Neben­ge­wäs­sern auf­tre­ten. Im größ­ten unter­such­ten Gewäs­ser, dem Rhein, wur­den eher nied­ri­ge bis mitt­le­re Kon­zen­tra­tio­nen gemessen.

Poly­ethy­len und Poly­pro­py­len sind die­je­ni­gen Kunst­stoff­sor­ten, die in Euro­pa die höch­sten Markt­an­tei­le haben. Aus die­sen Kunst­stof­fen besteht auch der Groß­teil der ana­ly­sier­ten Par­ti­kel. Das unre­gel­mä­ßi­ge, frag­ment­ar­ti­ge Aus­se­hen der mei­sten Teil­chen spricht für die Annah­me, dass sie Bruch­stücke grö­ße­rer Kunst­stoff­ob­jek­te sind. Zudem wur­den an vie­len Mess­stel­len auch Pla­stik­fa­sern gefun­den. Ande­re Par­ti­kel­for­men wie Foli­en­re­ste, soge­nann­te Beads (Kügel­chen) und Pel­lets wur­den sel­te­ner nachgewiesen.

Die Ent­nah­me von Pro­ben aus dem ober­flä­chen­na­hen Was­ser von Flüs­sen ist mit beson­de­ren tech­ni­schen Her­aus­for­de­run­gen ver­bun­den. Daher hat die Bay­reu­ther For­scher­grup­pe für ihre Unter­su­chun­gen ein spe­zi­el­les Schlepp­netz, ein soge­nann­tes „Mini-Manta“-Trawl, ent­wickelt. Ein ein­ge­bau­ter Durch­fluss­mes­ser misst jeder­zeit die Men­ge des beprob­ten Was­sers, so dass die Kon­zen­tra­tio­nen von Mikro­pla­stik genau bestimmt wer­den kön­nen. Im Labor wur­den die gefun­de­nen Par­ti­kel exakt ver­mes­sen und che­misch ana­ly­siert. Dabei kam ins­be­son­de­re eine Anla­ge für micro-FTIR-Spek­tro­sko­pie zum Ein­satz. „Die­ses Ver­fah­ren hat den Vor­teil, dass wir selbst klein­ste Par­ti­kel von 0,02 Mil­li­me­tern anhand ihrer Infra­rot­spek­tren ein­deu­tig als Kunst­stoff iden­ti­fi­zie­ren kön­nen“, erklärt der Bay­reu­ther Umwelt­in­ge­nieur Dr. Mar­tin Löder.

Die Ergeb­nis­se der neu­en Stu­die lie­gen in der glei­chen Grö­ßen­ord­nung wie Befun­de aus ver­gleich­ba­ren euro­päi­schen und nord­ame­ri­ka­ni­schen Gewäs­sern. Prof. Dr. Chri­sti­an Laforsch betont, dass es in vie­ler Hin­sicht wei­te­ren For­schungs­be­darf zur Ver­brei­tung von Mikro­pla­stik in Bin­nen­ge­wäs­sern gibt. „Mit die­ser Stu­die haben wir erste detail­lier­te­re Ein­blicke in die Mikro­pla­stik­be­la­stung von deut­schen Fließ­ge­wäs­sern gewon­nen. Um die Her­kunft, die zeit­wei­li­ge Abla­ge­rung und den dau­er­haf­ten Ver­bleib von Mikro­pla­stik in Gewäs­sern genau zu ver­ste­hen, bedarf es aller­dings noch viel wei­ter­füh­ren­der For­schung“, sagt der Bay­reu­ther Wissenschaftler.

Ver­öf­fent­li­chung:

Die Stu­die „Mikro­pla­stik in Bin­nen­ge­wäs­sern Süd- und West­deutsch­lands“ ist online zugäng­lich unter: www​.lanuv​.nrw​.de/​l​a​n​d​e​s​a​m​t​/​v​e​r​o​e​f​f​e​n​t​l​i​c​h​u​n​g​e​n​/​p​u​b​l​i​k​a​t​i​o​n​e​n​/​s​o​n​d​e​r​r​e​i​h​e​n​-​u​n​d​-​a​u​s​g​a​ben

Her­aus­ge­ber sind die Lan­des­an­stalt für Umwelt Baden-Würt­tem­berg (LUBW), das Baye­ri­sche Lan­des­amt für Umwelt (LfU), das Hes­si­sche Lan­des­amt für Natur­schutz, Umwelt und Geo­lo­gie (HLNUG), das Lan­des­amt für Natur, Umwelt und Ver­brau­cher­schutz Nord­rhein-West­fa­len (LANUV) und das Lan­des­amt für Umwelt Rhein­land-Pfalz (LfU RLP).