Frau­en machen im Kreis Kulm­bach 76 Pro­zent aller Teil­zeit- und Minijobs

NGG zum Frau­en­tag: 100 Jah­re Wahl­recht, aber noch kei­ne Lohngerechtigkeit

Die Teil­zeit und der Nied­rig­lohn – im Land­kreis Kulm­bach ist bei­des weib­lich: Noch immer sind hier 76 Pro­zent aller Teil­zeit- und Mini­jobs in Frau­en­hand. Dar­auf hat die Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten (NGG) zum Inter­na­tio­na­len Frau­en­tag [f. d. Red.: 8. März] hin­ge­wie­sen. Bei den rund 7.700 Teil­zeit-Stel­len im Land­kreis liegt der Frau­en­an­teil nach Anga­ben der Arbeits­agen­tur sogar bei 86 Prozent.

Micha­el Grundl, Geschäfts­füh­rer der NGG Ober­fran­ken, spricht von einer „Kar­rie­re­fal­le“: Gera­de in Hotels, Restau­rants und Bäcke­rei­en sei­en Mini­jobs und Teil­zeit-Ver­trä­ge stark ver­brei­tet. „Die Kell­ne­rin in Voll­zeit ist die Aus­nah­me“, so Grundl. Wer jedoch 20 oder 25 Stun­den arbei­te, habe es beim beruf­li­chen Auf­stieg deut­lich schwe­rer. Das gehe aus einer Stu­die der Hans-Böck­ler-Stif­tung her­vor. Danach sind für Teil­zeit-Beschäf­tig­te auch Gehalts­zu­wäch­se und Beför­de­run­gen seltener.

„Bei der Bezah­lung ste­hen Frau­en all­ge­mein wei­ter­hin deut­lich schlech­ter da als Män­ner“, kri­ti­siert Grundl. So ver­dien­ten Frau­en in Deutsch­land zuletzt 21 Pro­zent weni­ger als Män­ner. Das hat das Sta­ti­sti­sche Bun­des­amt ermit­telt. Im EU-Durch­schnitt lag der so genann­te „Gen­der Pay Gap“ dage­gen ledig­lich bei 16 Pro­zent. „Es kann nicht sein, dass Pau­la nur des­halb auf bis zu meh­re­re Hun­dert Euro pro Monat ver­zich­ten muss, weil sie nicht Paul heißt“, kri­ti­siert Grundl.

Zwar gebe es für Frau­en im Kreis Kulm­bach seit die­sem Jahr erst­mals einen Rechts­an­spruch dar­auf zu erfah­ren, was ein männ­li­cher Kol­le­ge in ähn­li­cher Posi­ti­on ver­dient. Doch das Lohn­trans­pa­renz­ge­setz gilt ledig­lich in Betrie­ben mit mehr als 200 Beschäf­tig­ten. „Davon hat kaum eine Köchin oder Bäcke­rei­fach­ver­käu­fe­rin im Klein­be­trieb etwas“, bemän­gelt Gewerk­schaf­ter Grundl. Hier müs­se die künf­ti­ge Bun­des­re­gie­rung drin­gend nachbessern.

Soll­te die Poli­tik nicht deut­lich mehr gegen die Loh­nun­ge­rech­tig­keit unter­neh­men, dürf­te sich nach Ein­schät­zung der NGG auch die Alters­ar­mut für Frau­en im Kreis Kulm­bach ver­schär­fen. „Gerin­ge­re Löh­ne und kür­ze­re Arbeits­zei­ten sor­gen für mage­re Ren­ten. Außer­dem tra­gen Erzie­hungs- und Pfle­ge­zei­ten dazu bei, dass nur weni­ge Ren­ten­punk­te zusam­men­kom­men“, erklärt Micha­el Grundl.

In einer aktu­el­len Stu­die bezif­fert das Deut­sche Insti­tut für Wirt­schafts­for­schung (DIW) die „weib­li­che Ren­ten­lücke“ in den alten Bun­des­län­dern auf 42 Pro­zent. Ein Rent­ner erhält dem­nach Bezü­ge von durch­schnitt­lich 994 Euro im Monat. Eine Rent­ne­rin kommt dage­gen nur auf 576 Euro. Grundl: „Am Ende ist das auch für den Staat eine teu­re Sache. Die öffent­li­che Hand muss dann Armuts­ren­ten durch Grund­si­che­rung im Alter und Zuschüs­se fürs Woh­nen aufbessern.“

Hin­zu kommt: Im Beruf sind nach Beob­ach­tung der NGG noch immer vie­le Frau­en Dis­kri­mi­nie­rung aus­ge­setzt. „Zoti­ge Sprü­che an der The­ke sind da noch das Gering­ste“, so Grundl. In 80 Pro­zent aller Fäl­le von sexu­el­ler Belä­sti­gung von Frau­en gehe die Gewalt von einem Mann aus. Dies hat die Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le des Bun­des in einer aktu­el­len Stu­die festgestellt.

Posi­tiv wer­tet die NGG Ober­fran­ken, dass sich immer mehr Frau­en gegen Unge­rech­tig­kei­ten im Arbeits­le­ben zur Wehr setz­ten. Dabei könn­ten sie auf die Hil­fe der Gewerk­schaft zäh­len – per Rechts­schutz las­se sich etwa der über­grif­fi­ge Kol­le­ge abmahnen.

Mit Blick auf das 100-jäh­ri­ge Bestehen des Frau­en­wahl­rechts sagt Micha­el Grundl: „Nach der recht­li­chen Gleich­stel­lung muss auch eine voll­stän­di­ge Gleich­be­hand­lung im Job kom­men. Unter­schied­li­che Löh­ne für Män­ner und Frau­en darf es heu­te nicht mehr geben.“