Baye­ri­sche Igel in Gefahr

Foto: congerdesign/pixabay
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Neue Rote Liste für Säu­ge­tie­re in Bay­ern führt erst­mals auch den Igel – Rück­gang der Aller­welts­art bedenk­lich – Gär­ten als wich­ti­ger Rückzugsort

Zum Jah­res­en­de 2017 ver­öf­fent­lich­te das Baye­ri­sche Lan­des­amt für Umwelt (LfU) eine aktua­li­sier­te Rote Liste für Bay­erns Säu­ge­tie­re. Immer noch sind über 40 Pro­zent der baye­ri­schen Säu­ge­tier­ar­ten gefähr­det. In der Neu­auf­la­ge steht der Igel auf der soge­nann­ten Vor­warn­li­ste. „Der Igel wird immer noch als häu­fig ein­ge­stuft. Sei­ne nega­ti­ve Bestands­ent­wick­lung setzt sich aber durch die struk­tu­rel­le Ver­ar­mung der Land­schaft und den Ein­satz von Che­mie in der Agrar­land­schaft auf beun­ru­hi­gen­de Wei­se fort“, erklärt LBV-Igel­ex­per­tin Mar­ti­na Geh­ret den Grund für die Auf­nah­me des Igels in die Liste. „Der Igel auf der baye­ri­schen Vor­warn­li­ste ist ein ein­deu­ti­ges Warn­si­gnal, dass eine wei­te­re ein­sti­ge Aller­welts­art mit immer schwie­ri­ge­ren Lebens­be­din­gun­gen zu kämp­fen hat.“

Der Igel als Insek­ten­fres­ser lei­det unter dem extre­men Rück­gang von Insek­ten auf den inten­siv bewirt­schaf­te­ten Flä­chen der baye­ri­schen Kul­tur­land­schaft. „Doch in der moder­nen Agrar­step­pe fehlt es dem Igel nicht nur an Nah­rung, son­dern auch an geeig­ne­ten Nischen wie Hecken- und Rand­ge­höl­ze, in denen er Tages­schlaf­plät­ze und Win­ter­quar­tie­re anle­gen kann“, weiß Geh­ret. Erste Aus­wer­tun­gen der umfang­rei­chen Mel­de­da­ten des LBV-Mit­mach­pro­jekts „Igel in Bay­ern“ bestä­ti­gen nach drei Jah­ren, dass der Igel vor allem im Sied­lungs­be­reich und in unse­ren Gär­ten vorkommt.

Sämt­li­che Grün­flä­chen und Park­an­la­gen in Städ­ten und Sied­lun­gen wer­den daher zu über­le­bens­wich­ti­gen Ersatz­le­bens­räu­men für den Igel. Pri­va­te natur­na­he Gär­ten ohne den Ein­satz von Che­mie hel­fen dem Igel aus­rei­chend natür­li­che Nah­rung zu fin­den. „Jeder Gar­ten­be­sit­zer und auch jede Gemein­de steht hier in der Ver­ant­wor­tung. Denn sie ent­schei­den, ob ein Lebens­raum oder eine ste­ri­le, grün­ge­tünch­te Nutz­flä­che ohne Leben ent­steht“, so Mar­ti­na Gehret.

Sein neu­er Lebens­raum macht es dem Igel jedoch nicht ein­fa­cher. Stra­ßen, Gar­ten­zäu­ne aber auch Bahn­tras­sen ver­hin­dern eine bar­rie­re­freie und gefahr­lo­se Wan­de­rung durch sein Revier. Auf der Suche nach Nah­rung über­que­ren Igel durch­schnitt­lich bis zu zwölf Stra­ßen pro Nacht. Nicht immer mit Erfolg: der Igel zählt zu den am häu­fig­sten über­fah­re­nen Säu­ge­tie­ren in Bay­ern. Eine wei­te­re Hür­de stel­len die oft festungs­ar­tig ein­ge­zäun­ten undurch­läs­si­gen Gär­ten dar. „Hier hilft ein ein­fa­cher, klei­ner Igel­durch­lass im Zaun. So kann jeder den sta­che­li­gen Nütz­ling in sei­nen Gar­ten ein­la­den“, erklärt die LBV-Igelexpertin.

Zur Roten Liste 2017

Die Rote Liste der Säu­ge­tie­re Bay­erns 2017 ist eine Über­ar­bei­tung der 2003 erschie­nen Ver­si­on. Auf ihr fin­den sich über 40 Pro­zent der ins­ge­samt 79 in Bay­ern hei­mi­schen Säu­ge­tier­ar­ten. Davon ist etwa ein Drit­tel sehr sel­ten oder extrem sel­ten. Die Vor­warn­li­ste ist Teil der Roten Liste. Auf ihr ste­hen Arten, die noch nicht gefähr­det sind, deren Bestand aber durch aktu­el­le Ent­wick­lun­gen rück­läu­fig ist. Laut dem LfU gab es bei 16 Arten eine Ver­bes­se­rung der Gefähr­dungs­ka­te­go­rie, die vor allem Arten­schutz­maß­nah­men des Natur­schut­zes zu ver­dan­ken sind. Bei 14 Arten fand jedoch eine Ver­schlech­te­rung statt die in erster Linie mit den Ver­än­de­run­gen der Land­nut­zung, dem Ver­lust von Klein­struk­tu­ren oder der Zer­schnei­dung von Lebens­räu­men zusam­men­hängt. Auf der Liste als vom Aus­ster­ben bedroht ste­hen zum Bei­spiel der Luchs und die Gro­ße Huf­ei­sen­na­se (Fle­der­maus­art).