Bes­ser als die Natur: Künst­li­cher Bio­film aus Bay­reuth stei­gert die Strom­pro­duk­ti­on mikro­biel­ler Brennstoffzellen

Symbolbild Bildung

Mikro­biel­le Brenn­stoff­zel­len nut­zen den Stoff­wech­sel von Bak­te­ri­en, um elek­tri­schen Strom zu erzeu­gen. Ein neu­ar­ti­ger Bio­film aus Bay­reuth kann die­se noch jun­ge Tech­no­lo­gie deut­lich effek­ti­ver, sta­bi­ler und anwen­dungs­freund­li­cher machen. Ein For­schungs­team der Uni­ver­si­tät Bay­reuth hat jetzt ein Mate­ri­al her­ge­stellt, das sich weit bes­ser als natür­li­che Bio­fil­me zur Strom­pro­duk­ti­on in Brenn­stoff­zel­len eig­net. In der Zeit­schrift „Macro­mole­cu­lar Bio­sci­ence“ stel­len die Wis­sen­schaft­ler die Vor­tei­le ihrer neu­en Ent­wick­lung vor.

Bak­te­ri­en in mikro­biel­len Brenn­stoff­zel­len ernäh­ren sich von orga­ni­schen Sub­stan­zen, zum Bei­spiel von Milch­säu­re. Dabei wer­den durch Stoff­wech­sel­pro­zes­se stän­dig Elek­tro­nen frei­ge­setzt. Sobald die­se Elek­tro­nen mit der Anode der Brenn­stoff­zel­le in Berüh­rung kom­men, wer­den sie zur gegen­über­lie­gen­den Katho­de wei­ter­ge­lei­tet. So ent­steht ein Strom­kreis­lauf. Um auf die­se Wei­se Strom zu pro­du­zie­ren, war es bis­lang üblich, die metal­li­sche Ober­flä­che der Anode mit Bak­te­ri­en zu besie­deln. Dort ver­meh­ren sich die Bak­te­ri­en, bil­den all­mäh­lich einen natür­li­chen Bio­film und über­tra­gen Elek­tro­nen auf die Anode. Der neu ent­wickel­te, künst­li­che Bio­film aus Bay­reuth hat den glei­chen Effekt, opti­miert die­se Art der Strom­erzeu­gung aber gleich in mehr­fa­cher Hinsicht.

Bak­te­ri­en in Kunst­stoff­net­zen: sta­bi­ler als natür­li­che Biofilme

Das Mate­ri­al, das die For­scher­grup­pe um Prof. Dr. Ruth Frei­tag (Bio­pro­zess­tech­nik) und Prof. Dr. Andre­as Grei­ner (Makro­mo­le­ku­la­re Che­mie) ent­wickelt hat, ist ein Bio­kom­po­sit, genau­er: ein Hydro­gel. Es han­delt sich um ein Netz­werk aus win­zi­gen Poly­mer­fa­sern, in denen sich leben­de Bak­te­ri­en befin­den, die ihren strom­erzeu­gen­den Stoff­wech­sel unein­ge­schränkt fort­set­zen. Doch die Men­ge des erzeug­ten Stroms ist deut­lich höher: „Unser Bio­film ent­hält nur eine ein­zi­ge Art von Bak­te­ri­en, Bak­te­ri­en der Art She­wa­nella onei­den­sis. Die elek­tri­sche Lei­stung einer Brenn­stoff­zel­le ist mit die­sem Film dop­pelt so hoch, als wenn Bak­te­ri­en der glei­chen Art einen natür­li­chen Bio­film pro­du­zie­ren“, erklärt der Bay­reu­ther Dok­to­rand Patrick Kai­ser M.Sc., einer der Autoren der jetzt ver­öf­fent­lich­ten Studie.

Zu die­ser Lei­stungs­stei­ge­rung kommt ein wei­te­rer Vor­teil hin­zu: Die Strom­erzeu­gung ver­läuft zuver­läs­sig und bere­chen­bar, denn die Dich­te der Bak­te­ri­en ist im künst­li­chen Bio­film von vorn­her­ein fest­ge­legt. Ein natür­li­cher Bio­film wird im Gegen­satz dazu auf eine schwer zu kon­trol­lie­ren­de Wei­se abge­baut und ist des­halb insta­bil. Das neue Bio­kom­po­sit der Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler macht Brenn­stoff­zel­len des­halb wesent­lich anwendungsfreundlicher.

Das Bio­kom­po­sit wur­de auf dem Bay­reu­ther Cam­pus durch das Elek­tro­spin­nen von Poly­mer­fa­sern her­ge­stellt, die zusam­men einen Vlies­stoff bil­den. „Das Elek­tro­spin­nen von Vlies­stof­fen ist heu­te eine weit ver­brei­te­te Tech­no­lo­gie. Für die Ein­bet­tung der Bak­te­ri­en sind kei­ne zusätz­li­chen Pro­duk­ti­ons­schrit­te erfor­der­lich“, betont Stef­fen Reich M.Sc., der sich in sei­ner Bay­reu­ther Dok­tor­ar­beit mit der Ver­kap­se­lung von Bak­te­ri­en in Poly­me­ren befasst.

Finan­zie­rung durch Baye­ri­schen Projektverbund

Die jetzt ver­öf­fent­lich­ten Ergeb­nis­se zur mikro­biel­len Brenn­stoff­zel­le sind aus dem Vor­ha­ben „Bio­fil­me für die Pro­zess­in­ten­si­vie­rung“ her­vor­ge­gan­gen, das dem Pro­jekt­ver­bund „Res­sour­cen­scho­nen­de Bio­tech­no­lo­gie in Bay­ern – Bay­Bio­tech“ ange­hört. Die­ser Ver­bund wird seit 2015 vom Baye­ri­schen Staats­mi­ni­ste­ri­um für Umwelt und Ver­brau­cher­schutz mit ins­ge­samt rund zwei Mil­lio­nen Euro finanziert.
Veröffentlichung:
Patrick Kai­ser, Stef­fen Reich, Dani­el Ley­kam, Moni­ka Wil­lert-Pora­da, See­ma Agar­wal, Andre­as Grei­ner, Ruth Freitag,
Elec­tro­ge­nic sin­gle-spe­ci­es bio­com­po­si­tes as anodes for micro­bi­al fuel cells, Macro­mole­cu­lar Bio­sci­ence (2017), doi: 10.1002/mabi.201600442.

Video zum Vor­ha­ben „Bio­fil­me für die Prozessintensivierung“:

www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​_​O​Y​n​F​J​4​-​Z5o

oder bei www​.bay​bio​tech​.de