Ober­frän­ki­sche Wirt­schaft erwar­tet mas­si­ve Brexit-Folgen

IHK Vize­prä­si­dent Dr. Micha­el Waas­ner: „Bri­ti­scher EU-Aus­tritt scha­det den ober­frän­ki­schen Unternehmen“

Einen deut­li­chen Ein­bruch in den Wirt­schafts­be­zie­hun­gen durch den Brexit erwar­tet die IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth. „Das Aus­tritts­ge­such ist für mich ein schmerz­li­cher Rück­schritt, denn die Bri­ten sper­ren sich von der Ent­wick­lung in Euro­pa aus und wer­den für uns in Ober­fran­ken zum schwie­ri­gen Aus­lands­markt, sagt Dr. Micha­el Waas­ner, IHK Vize­prä­si­dent und Vor­sit­zen­der des IHK-Gre­mi­ums Forch­heim. „Über 200 Unter­neh­men aus Ober­fran­ken pfle­gen Geschäfts­be­zie­hun­gen in Großbritannien.

Zu den ins­ge­samt export­stärk­sten Bran­chen in Ober­fran­ken zäh­len der Maschi­nen­bau, die Her­stel­ler von elek­tro­ni­schen und opti­schen Erzeug­nis­sen, sowie die Her­stel­ler von Gum­mi- und Kunst­stoff­wa­ren. Bedingt durch den Bran­chen­mix und die brei­te Auf­stel­lung der ober­frän­ki­schen Unter­neh­men auf inter­na­tio­na­len Märk­ten kann nicht von einer in beson­de­rem Maße betrof­fe­nen Bran­che gespro­chen werden.

Mög­li­che Umsatz­ein­bu­ßen auf dem bri­ti­schen Markt könn­ten vor­aus­sicht­lich durch posi­ti­ve Ent­wick­lun­gen auf ande­ren Märk­ten weit­ge­hend aus­ge­gli­chen wer­den. Aus­wir­kun­gen könn­te es bei den ober­frän­ki­schen Auto­mo­bil­zu­lie­fe­rern geben, die zwar kaum direkt expor­tie­ren, aber alle deut­schen Kfz-Her­stel­ler belie­fern. Zu deren wich­tig­sten Export­märk­ten zählt Groß­bri­tan­ni­en (jedes fünf­te in Deutsch­land pro­du­zier­te Auto wird nach Anga­ben des Bran­chen­ver­ban­des in Groß­bri­tan­ni­en ver­kauft). Eine Ein­schrän­kung der Dienst­lei­stungs­frei­heit könn­te das Pro­jekt­ge­schäft von Unter­neh­men in Groß­bri­tan­ni­en erschweren.

In einer Blitz-Umfra­ge kurz nach dem Brexit-Votum haben im Kam­mer­be­zirk der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth fast drei Vier­tel der befrag­ten Unter­neh­men gesagt, sie befürch­ten recht­li­che und poli­ti­sche Unsi­cher­hei­ten, etwa durch eine Ver­zö­ge­rung der Aus­tritts­ver­hand­lun­gen oder eine inkon­se­quen­te Ver­hand­lungs­füh­rung durch die EU. Jeweils rund zwei Drit­tel befürch­te­ten Wech­sel­kurs­ri­si­ken sowie die Zunah­me von tarifä­ren (Zöl­le, Steu­ern) und nicht-tarifä­ren (zusätz­li­che Büro­kra­tiel­a­sten, kei­ne Aner­ken­nung von Pro­dukt­zer­ti­fi­zie­run­gen etc.) Handelshemmnissen.

„Wir gehen davon aus, dass Unter­neh­men Inve­sti­tio­nen in Groß­bri­tan­ni­en in Zukunft sehr gründ­lich durch­den­ken und womög­lich dort ins­ge­samt weni­ger inve­stie­ren wer­den. Deutsch­land ver­liert zudem mit Groß­bri­tan­ni­en in der EU einen wich­ti­gen Für­spre­cher für eine freie Markt­wirt­schaft, so IHK-Haupt­ge­schäfts­füh­re­rin Chri­sti Degen.

Der jetzt gestell­te Antrag der Bri­ti­schen Regie­rung schafft end­gül­ti­ge Klar­heit. Sowohl ober­frän­ki­sche als auch bri­ti­sche Unter­neh­men brau­chen einen Brexit unter mög­lichst ver­läss­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen, um wei­ter­hin erfolg­reich arbei­ten zu kön­nen. Des­halb ist es wich­tig, dass die Aus­tritts­ver­hand­lun­gen umge­hend und kon­struk­tiv begin­nen. „Die Welt­wirt­schaft befin­det sich in einem Wan­del, in dem pro­tek­tio­ni­sti­sche Ten­den­zen immer mehr die Ober­hand gewin­nen. Der freie Welt­han­del steht in zuneh­men­dem Maße in der Kri­tik. Für die ober­frän­ki­sche export­ori­en­tier­te Wirt­schaft ist es von gro­ßem Inter­es­se, den frei­en Welt­han­del zu erhal­ten. Das wird in Zukunft grö­ße­rer Anstren­gun­gen, auch inner­halb der EU, bedür­fen, so IHK-Prä­si­dent Heri­bert Trunk.

Mit einer Export­quo­te von mehr als 50 Pro­zent ist die ober­frän­ki­sche Wirt­schaft längst inter­na­tio­nal aus­ge­rich­tet. Die Zahl von über 200 Unter­neh­men, die Geschäfts­be­zie­hun­gen nach Groß­bri­tan­ni­en unter­hal­ten, zeigt die Bedeu­tung des bri­ti­schen Mark­tes. Im Jahr 2015 zähl­te Groß­bri­tan­ni­en zu den fünf wich­tig­sten Han­dels­part­nern Bay­erns und war – nach den USA – Bay­erns zweit­wich­tig­ster Export­part­ner. „Groß­bri­tan­ni­en ist ins­ge­samt ein wich­ti­ger Markt für uns, einer­seits weil vie­le in Deutsch­land pro­du­zier­te Autos dort­hin expor­tiert wer­den und wir hier Zulie­fe­rer sind, ande­rer­seits auch, weil wir bri­ti­sche Her­stel­ler direkt mit unse­ren Pro­duk­ten belie­fern, so Ver­triebs­lei­ter Alex­an­der Kapsch von der Scher­del-Grup­pe in Marktredwitz.