Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Mole­kü­le mit Schalter

Symbolbild Bildung

Neue Werk­zeu­ge für die super­auf­lö­sen­de Mikroskopie

Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler berich­ten in ‚Sci­en­ti­fic Reports‘ über das ziel­ge­rich­te­te Schal­ten ein­zel­ner pho­to­chro­mer Mole­kü­le. Die neu­en Erkennt­nis­se eröff­nen der For­schung neue Mög­lich­kei­ten, um die Struk­tu­ren von kom­ple­xen Mole­kü­len – bei­spiels­wei­se auch von bio­lo­gi­schen Syste­men – aufzuklären.

Pho­to­chro­me Mole­kü­le im Fokus der Grundlagenforschung

Schon seit gerau­mer Zeit befasst sich die Grund­la­gen­for­schung mit pho­to­chro­men Mole­kü­len. Ähn­lich wie der Schal­ter eines elek­tri­schen Geräts in die „Ein“- oder in die „Aus“-Position ver­setzt wer­den kann, lässt sich ein pho­to­chro­mes Mole­kül so steu­ern, dass es zwi­schen zwei Zustän­den hin- und her­wech­selt. Die­se Steue­rung geschieht durch Licht. Von der Wel­len­län­ge des Lichts, das auf das Mole­kül trifft, hängt es ab, wel­che von zwei mög­li­chen Struk­tu­ren das Mole­kül annimmt. Schon län­ger ist bekannt, wie sich die­ser Wech­sel zwi­schen zwei Zustän­den sicht­bar machen lässt – näm­lich dadurch, dass das pho­to­chro­me Mole­kül mit stark fluo­res­zie­ren­den Mole­kü­len gekop­pelt wird. Nur wenn es sich in der „Ein“-Position befin­det, leuch­ten sei­ne Part­ner­mo­le­kü­le, die soge­nann­ten Fluo­ro­pho­re, kräf­tig auf.

Vor die­sem Hin­ter­grund sind pho­to­chro­me Mole­kü­le nicht zuletzt für die super­auf­lö­sen­de opti­sche Mikro­sko­pie von gro­ßem Inter­es­se. Denn um Struk­tu­ren mit einem opti­schen Mikro­skop sicht­bar machen zu kön­nen, die klei­ner als 200 Nano­me­ter sind, benö­tigt die For­schung ein­zel­ne Mole­kü­le, die in der Lage sind, zwi­schen einem sicht­ba­ren „Ein“- und einem „Aus“-Zustand hin- und her­zu­wech­seln. Die­se Mole­kü­le kön­nen dann wie Son­den in die zu unter­su­chen­den Struk­tu­ren ein­ge­führt wer­den, die es sicht­bar zu machen gilt. Beson­ders vor­teil­haft ist es, wenn der Wech­sel zwi­schen den bei­den Zustän­den nicht bloß zufäl­lig ein­tritt, son­dern im Labor gezielt her­vor­ge­ru­fen wer­den kann. Pho­to­chro­me Mole­kü­le schei­nen daher – zunächst ein­mal – idea­le Werk­zeu­ge zu sein, um Fort­schrit­te in der super­auf­lö­sen­den Mikro­sko­pie vor­an­zu­trei­ben. Der licht­ge­steu­er­te Wech­sel zwi­schen zwei klar defi­nier­ten, sicht­ba­ren Zustän­den lie­ße sich so auf der Ebe­ne von Ein­zel­mo­le­kü­len und damit im kleinst­mög­li­chen Maß­stab ausnutzen.

Spon­ta­nes Blin­ken oder geziel­te Steue­rung durch Licht?

Aller­dings gibt es ein grund­sätz­li­ches Pro­blem, das die­ser Anwen­dung im Weg steht. Die Fluo­ro­pho­re, die an ein pho­to­chro­mes Mole­kül gekop­pelt sind und des­sen Zustands­wech­sel anzei­gen, haben die Eigen­schaft, dass sie auch spon­tan auf­leuch­ten – unab­hän­gig davon, im wel­chem Zustand sich das pho­to­chro­me Mole­kül befin­det. Die­ses Phä­no­men wird in der For­schung als ‚sto­cha­sti­sches Blin­ken‘ bezeich­net. Solan­ge es aber völ­lig unsi­cher ist, ob das Auf­leuch­ten der Fluo­ro­pho­re in die­ser Wei­se zufäl­lig geschieht oder durch eine Struk­tur­än­de­rung des pho­to­chro­men Mole­küls ver­ur­sacht wird, kann man das „Ein“- und „Aus­schal­ten“ die­ses Mole­küls nicht ziel­ge­rich­tet her­vor­ru­fen. Man gewinnt dann für die super­auf­lö­sen­de opti­sche Mikro­sko­pie kei­nen Vor­teil gegen­über den heu­te über­wie­gend ver­wen­de­ten Farbstoffen.

An genau die­sem Punkt ist die For­scher­grup­pe um Prof. Dr. Jür­gen Köh­ler und Prof. Dr. Mukun­dan The­l­ak­kat an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth jetzt einen ent­schei­den­den Schritt wei­ter­ge­kom­men. Sie hat das sto­cha­sti­sche Blin­ken der Fluo­ro­pho­re einer­seits und ihr Auf­leuch­ten im Fal­le einer Struk­tur­än­de­rung des pho­to­chro­men Mole­küls ande­rer­seits genau­er unter­sucht. Dabei konn­ten die Wis­sen­schaft­ler fest­stel­len, dass das Auf­leuch­ten durch eine Betä­ti­gung des ‚Schal­ters‘ – näm­lich einen geziel­ten Licht­strahl auf das pho­to­chro­me Mole­kül – mit einer Wahr­schein­lich­keit zwi­schen 70 und 90 Pro­zent aus­ge­löst wur­de. In eini­gen spe­zi­el­len Fäl­len lag die­se Wahr­schein­lich­keit sogar bei 95 Pro­zent. „Die­ser For­schungs­er­folg war nur mög­lich, weil Expe­ri­men­tal­phy­si­ker und Poly­me­r­che­mi­ker auf dem Bay­reu­ther Cam­pus eng zusam­men­ar­bei­ten“, freut sich Prof. Köh­ler. „So konn­ten wir gemein­sam neue Mole­kül­ver­bin­dun­gen in rela­tiv kur­zer Zeit ent­wer­fen, syn­the­ti­sie­ren und im Hin­blick auf ihre pho­to­phy­si­ka­li­schen Eigen­schaf­ten testen.“

Die Bay­reu­ther For­scher haben ihre jetzt in „Sci­en­ti­fic Reports“ ver­öf­fent­lich­ten Ergeb­nis­se durch Unter­su­chun­gen an einer sol­chen neu­en Mole­kül­ver­bin­dung erzielt. Hier­bei han­delt es sich um eine Tria­de, ein Drei­er­bünd­nis von Mole­kü­len. Im Zen­trum befin­det sich ein pho­to­chro­mes Mole­kül, genau­er: ein Mole­kül aus der Grup­pe der Dithie­nyl-Cyclo­pen­tene (DCP). Die che­mi­sche Bezeich­nung lau­tet „1,2‑bis(2‑methyl-5-phenyl-3-thenyl-perfluorocyclopenten“. An die­ses Mole­kül sind, zwei Armen ähn­lich, zwei stark fluo­res­zie­ren­de Mole­kü­le aus der Grup­pe der Peryl­en­bi­si­mi­de (PBI) angehängt.

Auf dem Weg zu neu­en bild­ge­ben­den Systemen

Ein­zel­ne pho­to­chro­me Mole­kü­le kön­nen jetzt nicht nur mit Licht ein- und aus­ge­schal­tet wer­den, son­dern die dadurch erziel­ten sicht­ba­ren Effek­te las­sen sich erst­mals auch mit hoher Wahr­schein­lich­keit als sol­che iden­ti­fi­zie­ren. Dadurch eröff­nen sich neue Anwen­dungs­mög­lich­kei­ten in der For­schung. „Die neu­en Tria­den kön­nen bei­spiels­wei­se wert­vol­le Unter­stüt­zung lei­sten, wenn es dar­um geht, die Struk­tu­ren von kom­ple­xen Mole­kü­len – bei­spiels­wei­se auch von bio­lo­gi­schen Syste­men – auf­zu­klä­ren“, erläu­tert Prof. Köh­ler. „Die Ver­ga­be des Che­mie-Nobel­prei­ses 2014 an Eric Bet­zig, Wil­liam E. Moer­ner und Ste­fan Hell hat den inter­na­tio­na­len Stel­len­wert die­ses For­schungs­ge­biets, auf dem Phy­si­ker und Che­mi­ker koope­rie­ren, erneut deut­lich gemacht“, so der Bay­reu­ther Physiker.

Ver­öf­fent­li­chung:

Johan­nes Mai­er, Mart­ti Pärs, Tina Wel­ler, Mukun­dan The­l­ak­kat und Jür­gen Köh­ler, Deli­be­ra­te Swit­ching of Sin­gle Pho­to­chro­mic Triads, in: Sci­en­ti­fic Reports 7:41739,
DOI: 10.1038/srep41739