Erst­klas­sig: Neu­ar­ti­ger Par­ti­kel­schaum aus Bay­reuth erhält nam­haf­ten Industriepreis

Symbolbild Bildung

Für die gemein­sa­me Ent­wick­lung eines neu­ar­ti­gen tem­pe­ra­tur­be­stän­di­gen Kunst­stoffs sind die Uni­ver­si­tät Bay­reuth und die Neue Mate­ria­li­en Bay­reuth GmbH mit einem MATE­RIA­LI­CA Design & Tech­no­lo­gy Award aus­ge­zeich­net worden.

Die­se seit 2003 von einer Jury aus Indu­strie und For­schung ver­ge­be­nen Prei­se sind eine rich­tungs­wei­sen­de Aus­zeich­nung für inno­va­ti­ve Pro­duk­te, die direkt oder indi­rekt auf den Eigen­schaf­ten und Funk­tio­na­li­tä­ten der ein­ge­setz­ten Werk­stof­fe beru­hen. Im Rah­men der ‚eMove360° Euro­pe 2016‘ – einer inter­na­tio­na­len Fach­mes­se für e‑Mobilität in Mün­chen – nahm ein Team aus Bay­reuth vor kur­zem den Sil­ver Award 2016 in der Kate­go­rie „Mate­ri­al“ entgegen.

Par­ti­kel­schäu­me – ein attrak­ti­ves Mate­ri­al für den Leichtbau

Bei dem preis­ge­krön­ten Mate­ri­al han­delt es sich um einen neu­ar­ti­gen Par­ti­kel­schaum, der eine beson­ders gute Tem­pe­ra­tur­be­stän­dig­keit hat. Par­ti­kel­schäu­me bestehen aus ein­zel­nen Kunst­stoff-Schaum­per­len und zeich­nen sich durch sehr gute spe­zi­fi­sche mecha­ni­sche Eigen­schaf­ten, hohe ther­mi­sche Iso­lier­fä­hig­keit und ein enor­mes Leicht­bau­po­ten­zi­al aus. Im Ver­gleich mit ande­ren Schaum­kunst­stof­fen bie­tet die Par­ti­kel­schaum­ver­ar­bei­tung einen wesent­li­chen Vor­teil: Sehr kom­ple­xe, drei­di­men­sio­na­le Struk­tu­ren las­sen sich bei gering­sten Kunst­stoff-Dich­ten von bis zu 20 g/​Liter direkt in End­kon­tur (d.h. ohne zusätz­li­che Arbeits­schrit­te wie Sägen, Schlei­fen, Boh­ren) her­stel­len. Auf­grund die­ses Eigen­schafts­pro­fils sind Par­ti­kel­schäu­me in sehr unter­schied­li­chen Berei­chen ein­satz­fä­hig: zum Bei­spiel im Ver­packungs­sek­tor, im Sport- und Frei­zeit­be­reich, vor allem aber auch im Automobilsektor.

Bestän­dig bei hohen Tem­pe­ra­tu­ren, nied­ri­ge Dichte

Die heu­te in der Indu­strie am wei­te­sten ver­brei­te­ten Par­ti­kel­schäu­me sto­ßen aller­dings an Gren­zen, sobald es um höhe­re Tem­pe­ra­tu­ren geht. Ober­halb von 90 °C fal­len ihre mecha­ni­schen Eigen­schaf­ten dra­stisch ab. Den For­schern aus Bay­reuth gelang es jedoch, einen neu­ar­ti­gen, tem­pe­ra­tur­be­stän­di­gen Par­ti­kel­schaum auf Basis von Poly­bu­ty­len­te­re­phtha­lat (E‑PBT) her­zu­stel­len. Auch bei erhöh­ter Tem­pe­ra­tur und einer Dau­er­ge­brauchs­tem­pe­ra­tur bis etwa 180 °C hat die­ses neue Mate­ri­al exzel­len­te mecha­ni­sche Eigen­schaf­ten. Damit konn­te die Ein­satz­gren­ze von Par­ti­kel­schäu­men um rund 100 °C nach oben ver­scho­ben wer­den. Die nied­ri­ge Dich­te (150g/​Liter) kann bei­spiels­wei­se beim Ein­bau in Flug­zeu­ge oder Auto­mo­bi­le zu deut­li­chen Ener­gie­ein­spa­run­gen führen.

Der Bay­reu­ther For­schungs­er­folg öff­net daher die Tür zu zahl­rei­chen Anwen­dun­gen, in die bis­her bekann­te Par­ti­kel­schäu­me – auf der Basis von Poly­pro­py­len (EPP) oder Poly­sty­rol (EPS) – auf­grund man­geln­der Tem­pe­ra­tur­be­stän­dig­keit nicht vor­drin­gen konn­ten. So lässt sich E‑PBT künf­tig bei­spiels­wei­se für stei­fe und gleich­zei­ti­ge leich­te Wär­me­iso­la­ti­ons­lö­sun­gen in Motor­räu­men ein­set­zen. Ein wei­te­res Anwen­dungs­feld sind ther­mo­pla­sti­sche Struk­tur­bau­tei­le. Hier kön­nen die neu­en Schäu­me in Ver­bin­dung mit faser­ver­stärk­ten, ther­mo­pla­sti­schen Deck­schich­ten zu recy­cel­ba­ren und damit umwelt­freund­li­chen Ver­bund­werk­stof­fen wei­ter­ver­ar­bei­tet werden.

Enge Koope­ra­ti­on in For­schung und Entwicklung

Die neue Ent­wick­lung wäre ohne die enge Koope­ra­ti­on der bei­den prä­mier­ten Bay­reu­ther Ein­rich­tun­gen nicht mög­lich gewe­sen. Am Lehr­stuhl für Poly­me­re Werk­stof­fe gelang es unter Lei­tung von Prof. Dr.-Ing. Vol­ker Alt­städt, PBT so zu modi­fi­zie­ren, dass Schaum­per­len in einem kon­ti­nu­ier­li­chen Pro­zess her­ge­stellt wer­den konn­ten. Gemein­sam mit der Neue Mate­ria­len Bay­reuth GmbH wur­den die­se Schaum­per­len in einem wei­te­ren Schritt zu Form­tei­len ver­schweißt. Der neu­ar­ti­ge tem­pe­ra­tur­be­stän­di­ge Par­ti­kel­schaum zeigt auf die­se Wei­se bei­spiel­haft, wie eine Ver­zah­nung von Mate­ri­al- und Pro­zess­ent­wick­lung zu erfolg­rei­chen Inno­va­tio­nen führt.