Haus­halts­re­de 2016 der Forch­hei­mer FGL-Frak­ti­on in der Stadt­rats­sit­zung am 22. März 2016

- Es gilt das gespro­che­ne Wort -

Sehr geehr­ter Herr Ober­bür­ger­mei­ster, sehr geehr­ter­Herr Stadtkämmerer,

sehr geehr­te Damen und Herren,

Forch­heim hat gewählt – Forch­heim hat ab 1. April einen neu­en Oberbürgermeister!

Gra­tu­liert haben wir – nun kommt eine gro­ße Erwar­tung: Schrei­ben Sie, Herr Dr. Kirsch­stein 2016 tat­säch­lich ein neu­es Kapi­tel – ein neu­es Kapi­tel Haus­halts­be­ra­tun­gen und Haus­halts­po­li­tik in der gro­ßen Kreis­stadt Forchheim!

Wie lief es bisher?

Sicher ken­nen Sie alle den Film „Und täg­lich grüßt das Mur­mel­tier“ – so lief das bis­her! Nicht täg­lich aber all­jähr­lich wur­den die Frak­tio­nen von sei­ten der Ver­wal­tung expli­zit und schrift­lich auf­ge­for­dert, ihre Haus­halts­an­trä­ge ein­zu­rei­chen. Das wur­de dann auch gemacht; man­che Frak­tio­nen reich­ten sei­ten­wei­se Listen mit Anlie­gen ein, man­che kon­zen­trier­ten sich auf eini­ge Kernforderungen.

Okay. Die Haus­halts­an­trä­ge waren ein­ge­reicht, wur­den unter den Frak­tio­nen aus­ge­tauscht und von der Ver­wal­tung den ein­zel­nen Refe­ra­ten zugeordnet.

Und dann? Dann hat­ten man­che Anträ­ge ent­we­der das Glück, von „der rich­ti­gen Frak­ti­on“ ein­ge­reicht wor­den zu sein und damit in den Haus­halt ein­ge­ar­bei­tet wor­den zu sein; ande­re, die eben nicht von der rich­ti­gen Frak­ti­on ein­ge­reicht wor­den waren, lan­de­ten dort, wo auch schon ganz vie­le ande­re Anträ­ge zuvor gelan­det waren: in der Schub­la­de „i“ wie igno­rie­ren. Das alles pas­sier­te laut­los. Ohne Dis­kus­si­on in den Fach­aus­schüs­sen, aber auch ohne nen­nens­wer­te Dis­kus­si­on im Finanzausschuss.

Das war die­ses Jahr nicht anders. Das Ein­zi­ge, was die Haus­halts­be­ra­tun­gen die­ses Jahr span­nen­der mach­te – oder soll­te ich bes­ser sagen: absur­der – war, dass im Herbst die Käm­me­rei den Frak­tio­nen den Auf­trag erteil­te, sich über eine Grund- und Gewer­be­steu­er­erhö­hung zu eini­gen, ohne die der Haus­halt 2016 nicht dar­stell­bar sei. Hit­zi­ge Debat­ten und Rechen­spie­le folg­ten, die sogleich vom Käm­me­rer wie­der kas­siert wur­den, weil auf ein­mal doch mehr Geld in der Kas­se war, als zunächst befürch­tet und die Lage doch nicht so dramatisch.

Unter dem Strich fand also die­ses Jahr wie in all den zurück­lie­gen­den Jah­ren wie­der KEI­NE sach­li­che, inhalt­li­che Aus­ein­an­der­set­zung des Stadt­ra­tes dar­über statt, was

  • an Unter­halts­auf­wen­dun­gen etwa für Schu­len, Kin­der­gär­ten, das Königs­bad, die Ämter­ge­bäu­de usw. tat­säch­lich gelei­stet wer­den mus­so­der müsste,
  • wel­che drin­gen­den Sanie­rungs­maß­nah­men im Hoch- und Tief­bau getä­tigt wer­den sol­len und
  • wann end­lich ein Ver­kehrs­pla­nungs­bü­ro damit beauf­tragt wird, wirk­sa­me Maß­nah­men zur Ent­la­stung der Bevöl­ke­rung im Forch­hei­mer Osten zu fin­den, und
  • wann end­lich ein Ver­kehrs­kon­zept für die Innen­stadt in Angriff genom­men wird.

Wie­der KEI­NE sach­li­che, inhalt­li­che Aus­ein­an­der­set­zung des Stadt­ra­tes darüber

  • wel­che drin­gen­den Maß­nah­men im Bereich Kli­ma­schutz vor­an­ge­trie­ben wer­den sollen,
  • wel­che Zie­le zum Bei­spiel in den Berei­chen Fami­li­en freund­li­che Stadt, sozia­ler Woh­nungs­bau und Inte­gra­ti­on erreicht wer­den sollen,oder
  • wie nun end­lich Schritt für Schritt mit der Auf­wer­tung unse­rer inner­städ­ti­schen Stra­ßen und Plät­ze begon­nen wer­den kann und
  • wie das bestehen­de hohe Niveau der ehren­amt­lich gestemm­ten Kul­tur­ange­bo­te zunächst gesi­chert und dann wei­ter gestärkt wer­den kann.

Statt­des­sen lie­ßen sich OB und Käm­me­rei einen Eck­wer­te­be­schluss und damit erneut einen Frei­brief geben, all die­se Ent­schei­dun­gen unter Aus­schluss des Stadt­ra­tes und der Öffent­lich­keit selbst zu tref­fen – mit dem Ziel, wie haben Sie es for­mu­liert, Herr Wink­ler, dem Finanz­aus­schuss „einen Haus­halt vor­zu­le­gen, der schon aus­ge­gli­chen war.“ So hat­ten wir es, Ihrer Mei­nung nach etwas leich­ter, weil wir uns „nicht um Posi­tio­nen strei­ten muss­ten, die dann zum Abgleich not­wen­dig gewe­sen wären.“

So kann man es natür­lich auch sehen.

Wäre denn aber nicht genau das die urei­gen­ste Auf­ga­be des Stadt­ra­tes – sich über die wich­ti­gen Posi­tio­nen, lau­fen­den Aus­ga­ben und Inve­sti­tio­nen zu „strei­ten“?

Wäre es denn nicht auch urei­gen­ste Auf­ga­be des Stadt­ra­tes, sich einen Über­blick über die anste­hen­den Inve­sti­tio­nen haupt­säch­lich im Hoch- und Tief­bau zu ver­schaf­fen und auf der Basis einer Emp­feh­lung der zustän­di­gen Mit­ar­bei­ter in den zustän­di­gen Gre­mi­en eine Prio­ri­tä­ten­li­ste, einen Maß­nah­men- und Finan­zie­rungs­plan zu erstel­len? Die Liste der anste­hen­den Sanie­rungs­maß­nah­men im Hoch- und Tief­bau inklu­si­ve der ener­ge­ti­schen Sanie­rung, die ich im Herbst im Finanz­aus­schuss bereits ver­langt hat­te und die mir zuletzt im Finanz­aus­schuss am 17. März ver­spro­chen wur­de – liegt uns bis heu­te nicht vor.

Wäre es denn nicht wei­ter­hin urei­gen­ste Auf­ga­be des Stadt­ra­tes, sich dar­über aus­ein­an­der­zu­set­zen, was uns unse­re wei­chen Stand­ort­fak­to­ren wert sind und wie viel in wel­chem Bereich inve­stiert wer­den soll?

Wäre es denn nicht auch Sache des Stadt­ra­tes, die Bedeu­tung des Kli­ma­schut­zes in unse­rer Kom­mu­ne her­aus­zu­stel­len und Zei­chen in Form von Inve­sti­tio­nen dafür zu set­zen, end­lich Ver­ant­wor­tung dafür zu über­neh­men? Auch die städ­ti­schen Lie­gen­schaf­ten mit Öko­strom zu ver­sor­gen – das hat­ten wir beantragt.

Gut immer­hin, dass dank des kom­mu­na­len Inve­sti­ti­ons­för­der­pro­gram­mes nun 2016 zumin­dest erste Schrit­te in Sachen ener­ge­ti­sche Sanie­rung gegan­gen wer­den. Und sonst?

Ja, sonst bleibt uns fest­zu­stel­len, dass wir offen­sicht­lich trotz mas­si­ver Ansied­lung von Gewer­be vor allem im Forch­hei­mer Süden finan­zi­ell davon weit weni­ger pro­fi­tie­ren als immer pro­phe­zeit wur­de. Dass wir einen enor­men Inve­sti­ti­ons­stau vor uns her­schie­ben – wo nie­man­dem bis­her klar ist, wie der in den kom­men­den­Jah­ren finan­ziert wer­den soll.

Ich darf noch­mals unse­ren Stadt­käm­me­rer aus sei­ner Ein­gangs­re­de zu den Haus­halts­be­ra­tun­gen am 17. Febru­ar zitie­ren: „Es bleibt daher eine span­nen­de Fra­ge, ob man zusätz­lich zur Pflicht der Erhal­tungs-Inve­sti­tio­nen in bestehen­de Infra­struk­tur noch eine Kür mit völ­lig neu­en Inve­sti­tio­nen stem­men kann, …“

Und wei­ter: „Wer dies bejaht, müss­te auch das Preis­schild hin hän­gen, und dies wür­de bedeu­ten, dass eine Steu­er­erhö­hung, wie sie in die­sem Jahr noch ein­mal abge­sagt wer­den konn­te, bei stei­gen­den Wün­schen, bei stei­gen­dem Inve­sti­ti­ons­ni­veau, dann eben doch noch kom­men müss­te.“ So unser Stadt­käm­me­rer Winkler.

Die­se Aus­sa­gen – das ist mir klar – wer­den je nach poli­ti­scher Aus­rich­tung der hier im Stadt­rat Ver­tre­te­nen wohl unter­schied­lich kom­men­tiert und bewertet.

Wir sind der Mei­nung, es geht nicht um Wün­sche, son­dern um Wer­te­ent­schei­dun­gen. Und ja, das kann auch bedeu­ten, dass die Ein­nah­me­si­tua­ti­on der Stadt ver­bes­sert wer­den muss. Wei­che Stand­ort­fak­to­ren sind viel wert und kosten Geld.

Oder kann es gewünscht sein, dass unse­re Innen­stadt in Sachen Attrak­ti­vi­täts­stei­ge­rung, in Sachen Auf­ent­halts­qua­li­tät in der Horn­schuch­al­lee, der Bam­ber­ger Stra­ße oder am Para­de­platz wei­ter­hin ein Stief­kind bleibt? Die längst über­fäl­li­gen Inve­sti­tio­nen wur­den wie alle Jah­re wie­der verschoben.

Ist es tat­säch­lich gewollt, unse­ren Kin­dern einen über­vol­len, schwe­ren Ruck­sack an längst über­fäl­li­gen ener­ge­ti­schen und ande­ren Sanie­rungs­maß­nah­men zu über­ge­ben, weil der­zeit ande­res den Haus­halt blockiert?

Zum Schluss noch zwei Punk­te zum The­ma Kür: Mei­ne Damen und Her­ren, der Finanz­aus­schuss, der im Herbst im Königs­bad tag­te, hat­te ein­stim­mig die geplan­te PV-Anla­ge auf dem Königs­bad für den Haus­halt 2016 ange­mel­det. Der­sel­be Aus­schuss und spä­ter der Stadt­rat hat nicht ein­stim­mig aber mehr­heit­lich eine Effekt­be­leuch­tung für die Rut­schen im Königs­bad beschlos­sen. Die Effekt­be­leuch­tung ist mitt­ler­wei­le schon instal­liert, die PV-Anla­ge aus dem Haus­halt wie­der raus gestri­chen – das nen­ne ich über­flüs­si­ge Kür auf der einen Sei­te und ver­ant­wor­tungs­los auf der anderen.

Und: auch auf die Gefahr hin, dass Sie es nicht hören wol­len, aber zum momen­ta­nen Zeit­punkt Mit­tel für das Kol­pings­haus ein­zu­stel­len – ob es nun Kul­tur­hal­le, Kul­tur­zen­trum, oder neu­er­dings Stadt­thea­ter heißt, hal­ten wir auch für Kür. Weder liegt u.E. ein aus­ge­go­re­nes, mit Kul­tur­schaf­fen­den und denen, die eine sol­che Ein­rich­tung mit Leben erfül­len sol­len, abge­stimm­tes Kon­zept vor, noch liegt ein Finan­zie­rungs­kon­zept auf dem Tisch für Bau und vor allem auch Betrieb. Unse­re Mei­nung ist, las­sen Sie uns hier bit­te noch ein­mal inne­hal­ten, Zeit­druck raus­neh­men, kon­struk­tiv und ergeb­nis­of­fen­al­le Fak­ten auf den Tisch legen und die Kul­tur­sze­ne ernst­haft und nicht nur pro for­ma mit­ein­be­zie­hen, bevor Wei­chen in die fal­sche Rich­tung gestellt wer­den und sehr viel Geld aus­ge­ge­ben wird für ein frag­wür­di­ges Ergebnis.

Die Abstim­mung über den Haus­halt ist zum einen eineAb­stim­mung über das Gesamt­pa­ket – aus dem wir vie­les mit­tra­gen – wie zum Bei­spiel die drin­gend not­wen­di­gen Inve­sti­tio­nen in den sozia­len Woh­nungs­bau. Sie ist aber natür­lich auch eine Abstim­mung über die hin­ter den Kulis­sen getrof­fe­nen und von der Mehr­heit abge­nick­ten Wer­te- und Rich­tungs­ent­schei­dun­gen. Die­se kön­nen wir in Sum­me nicht mit­tra­gen und wer­den des­halb dem Haus­halt der Stadt Forch­heim und dem Finanz­plan nicht zustimmen.

Und damit kom­me ich auf mei­ne ein­gangs genann­te Erwar­tung an Sie, Herr Dr. Kirsch­stein zurück: Geben Sie die­ses Jahr im Herbst erst­mals Haus­halts­an­trä­gen eine Chan­ce – las­sen Sie die zustän­di­gen Gre­mi­en öffent­lich über Haus­halts­an­trä­ge, über Wer­te und Zie­le dis­ku­tie­ren. Natür­lich vor­be­rei­tet durch die Ver­wal­tung. Und natür­lich im Rah­men des­sen, was finan­zier­bar ist. Aber auch dar­über muss diskutiertwerden.

Vie­len Dank an die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter­der Käm­me­rei und Ihnen allen für die Aufmerksamkeit!

Forch­hei­mer Grü­ne Liste (FGL)
Stadtratsfraktion
Dr. Annet­te Prechtel