Uni­ver­si­tät Bay­reuth: “ War­um soll der Mensch ratio­nal sein?“

Symbolbild Bildung

Für ein For­schungs­pro­jekt zur Ratio­na­li­tät erhält Dr. Juli­an Fink vom Schwei­ze­ri­schen Natio­nal­fonds eine För­de­rung als „Ambi­zio­ne Care­er Fellow“

Seit vie­len Jah­ren ist Dr. Juli­an Fink dem inter­dis­zi­pli­nä­ren Stu­di­en­pro­gramm „Phi­lo­so­phy & Eco­no­mics“ an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth eng ver­bun­den, schon bald aber wird er an der Uni­ver­si­tät Bern einen neu­en Abschnitt sei­ner wis­sen­schaft­li­chen Lauf­bahn begin­nen. Der Schwei­ze­ri­sche Natio­nal­fonds (SNF) hat ihm eine drei­jäh­ri­ge För­de­rung als „Ambi­zio­ne Care­er Fel­low“ in Höhe von SFr 438.000 zuer­kannt: eine Aus­zeich­nung, die jun­gen hoch­qua­li­fi­zier­ten Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­lern aus allen Dis­zi­pli­nen die Mög­lich­keit bie­tet, an einer schwei­ze­ri­schen Hoch­schu­le ihrer Wahl ein anspruchs­vol­les For­schungs­vor­ha­ben zu verwirklichen.

Das Pro­jekt, das Dr. Juli­an Fink ab Win­ter­se­me­ster 2014/15 bear­bei­ten wird, befasst sich mit einer phi­lo­so­phi­schen The­ma­tik, die für die Ethik und Sozi­al­phi­lo­so­phie eben­so rele­vant ist wie für die Erkennt­nis­theo­rie. Es geht um die Fra­ge, war­um Men­schen in ihrem Den­ken und Han­deln ratio­nal sein sol­len. Ratio­nal zu sein bedeu­tet, dass die eige­nen Mei­nun­gen, Absich­ten, Erwar­tun­gen und Prä­fe­ren­zen sich nicht wider­spre­chen und zudem einen geord­ne­ten Zusam­men­hang bil­den. Ratio­nal zu sein heißt auch, dass man nicht frei­wil­lig und wider bes­se­res Wis­sen so han­delt, dass eige­ne wich­ti­ge Zie­le dadurch ver­fehlt wer­den. Es sind Nor­men der Ratio­na­li­tät, die von den Men­schen ver­lan­gen, dass sie in die­ser Wei­se ver­nünf­tig struk­tu­riert sind. Aber wes­halb ist es gerecht­fer­tigt oder sogar gebo­ten, die­se Nor­men alle­zeit und unein­ge­schränkt zu erfül­len? “Epi­ste­mi­sche Grün­de und ratio­na­le Kohä­renz: Eine neue Ant­wort auf die Fra­ge ‘War­um ratio­nal sein?’“ – so lau­tet daher das The­ma des For­schungs­pro­jekts von Dr. Juli­an Fink.

Er kann dabei an eine weit­ver­zweig­te Dis­kus­si­on anknüp­fen, die seit eini­gen Jah­ren vor allem im angel­säch­si­schen Raum mit wach­sen­der Inten­si­tät geführt wird. Im Hin­blick auf eini­ge kon­tro­vers dis­ku­tier­te Fra­gen hat er sich bereits einen eige­nen Stand­punkt erar­bei­tet. So wen­det er sich gegen die von eini­gen pro­mi­nen­ten Autoren ver­tre­te­ne Auf­fas­sung, es gebe kei­nes­wegs immer gute Grün­de dafür, ratio­nal zu sein. Dr. Juli­an Fink plä­diert statt­des­sen dafür, dass zumin­dest eini­ge Ratio­na­li­täts­nor­men aus­nahms­los befolgt wer­den soll­ten. In sei­ner Argu­men­ta­ti­on schlägt er eine Brücke zur Erkennt­nis­theo­rie und beruft sich auf kon­text­un­ab­hän­gi­ge Merk­ma­le, die an nor­ma­ti­ven Über­zeu­gun­gen not­wen­di­ger­wei­se betei­ligt sind.

„Ratio­na­li­tät ist ein zen­tra­ler Wert der west­li­chen Welt“, meint der Bay­reu­ther Phi­lo­soph. „Es freut mich sehr, dass der Schwei­ze­ri­sche Natio­nal­fonds mir mit einer groß­zü­gi­gen För­de­rung die Chan­ce bie­tet, die­sen nor­ma­ti­ven Sta­tus der Ratio­na­li­tät grund­sätz­lich und durch­aus kri­tisch zu beleuch­ten. Dabei wird sich zei­gen, ob sich der Wert der Ratio­na­li­tät phi­lo­so­phisch recht­fer­ti­gen lässt und wel­che Argu­men­te dafür aus­schlag­ge­bend sind.“

Zur Per­son:

Dr. Juli­an Fink wur­de 1981 in Wien gebo­ren. Von 2001 bis 2003 hat er den Bache­lor-Stu­di­en­gang „Phi­lo­so­phy & Eco­no­mics“ an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth mit Aus­zeich­nung absol­viert. Es folg­ten ein Master-Abschluss sowie die Pro­mo­ti­on an der Uni­ver­si­tät Oxford. Nach einer ersten For­schungs­stel­le an der Uni­ver­si­tät Oslo arbei­te­te Dr. Juli­an Fink von 2010 bis 2013 an der Uni­ver­si­tät Wien im For­schungs­pro­jekt „Dis­tor­ti­ons of Nor­ma­ti­vi­ty“ mit, das durch einen ERC Advan­ced Grant geför­dert wur­de. Par­al­lel dazu hat­te er im Win­ter­se­me­ster 2012/2013 den Adam-Smith-Gast­lehr­stuhl am Insti­tut für Phi­lo­so­phie der Uni­ver­si­tät Bay­reuth inne. Bis heu­te ist er hier als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter tätig, sei­ne Lehr­ver­an­stal­tun­gen im Som­mer­se­me­ster 2014 waren der Unter­neh­mens­ethik gewidmet.