Barock­schau in Gößweinstein

Akti­ons­wo­chen­en­de im Wall­fahrts­mu­se­um am 14. / 15. Juni

Votivfigur eines Herrn von Trockau in Rokoko-Kleidung. Foto: Archiv WMG

Votiv­fi­gur eines Herrn von Trockau in Roko­ko-Klei­dung. Foto: Archiv WMG

„Die gan­ze Welt ist eine Büh­ne und alle Män­ner und Frau­en blo­ße Schau­spie­ler“, for­mu­lier­te Shake­speare. Für die Epo­che des Barock galt die­se Anschau­ung in beson­de­rem Maße. Mit der neu­en Aus­stel­lung „Die Welt als Thea­ter: Barock & Roko­ko“ prä­sen­tiert das Wall­fahrts­mu­se­um das barocke Lebens­prin­zip als musea­len Höhe­punkt zum „Jahr des Barock“ in Gößweinstein.

Vor rund 275 Jah­ren wur­de die Roko­ko-Aus­stat­tung der heu­ti­gen Wall­fahrts­ba­si­li­ka unter der Feder­füh­rung von Johann Jakob Micha­el Küchel, Bal­tha­sar Neu­manns Co-Archi­tek­ten, als „hei­li­ges Thea­ter“ und „Neu­er Tem­pel Salo­mons“ insze­niert. Immer noch übt sie ihre Wir­kung aus, wenn auch vie­les für heu­ti­ge Augen nicht mehr ohne wei­te­res erkenn­bar. Die Aus­stel­lung eröff­net u. a. per Video­sta­ti­on, Fotos und gra­fi­schen Dar­stel­lun­gen auf Rollup einen neu­en Zugang.

Doch nicht allein die sakra­le, auch die pro­fa­ne Büh­ne fin­det Berück­sich­ti­gung. Büh­nen­tech­nik, wie Hebe­vor­rich­tun­gen und illu­mi­nie­ren­de Effek­te kamen schließ­lich auf bei­den Sei­ten zum Ein­satz. Pfei­ler­al­tä­re wur­den wie Büh­nen­ku­lis­sen arran­giert, ganz zu schwei­gen von den Hei­li­gen Grä­bern. Pre­dig­ten wur­den nicht nur mit rhe­to­ri­schem, son­dern auch thea­tra­li­schem Ein­satz gehal­ten. Der eng­li­sche Roko­ko-Maler Wil­liam Hogarth hat­te dazu sei­ne eige­ne gesell­schafts­sa­ti­ri­sche Mei­nung, wie eine Illu­stra­ti­on schildert.

Das Thea­ter galt als voll­kom­me­nes Gesamt­kunst­werk, an dem alle bil­den­den und dar­stel­len­den Kün­ste sowie die Musik teil­hat­ten. Thea­ter war hof­fä­hig, als Dar­bie­tung und als Mög­lich­keit des Mit­wir­kens. Pro­mi­nen­te­stes Bei­spiel ist Lud­wig XIV., dem nach sei­nem jugend­li­chen Auf­tritt als Apoll, der Bei­na­me „Son­nen­kö­nig“ haf­ten blieb.

Vor histo­ri­schem Hin­ter­grund ent­wickelt die Aus­stel­lung die Rol­le der barocken Per­son und die Gestal­tung der barocken Umwelt. – Kunst­voll-künst­lich form­ten Damen und Herrn ihre Gestalt durch Kor­setts und Reif­röcke, Locken­pe­rücken und Absatz­schu­he, – künst­lich, wie die beschnit­te­ne Gar­ten­ve­ge­ta­ti­on. Ein streng geord­ne­ter Gestal­tungs­wil­le äußer­te sich in Stadt­an­la­gen, ja Plan­städ­ten, Schloss- und Gar­ten­an­la­gen. Dabei war alles sub­or­di­na­tiv aus­ge­rich­tet auf den Sitz des Herr­schers von Got­tes Gna­den, allem vor­an das fran­zö­si­sche Vor­bild Versailles.

Die Insze­nie­rung eines Fürst­bi­schofs unter dem Thron­him­mel ver­an­schau­licht die stell­ver­tre­ten­de Funk­ti­on des Por­träts und ihre recht­li­che Bedeu­tung. Alle­go­ri­sche Dar­stel­lun­gen hul­di­gen nicht nur dem Herr­scher. Der barocke Mensch rich­te­te sich in der Welt alle­go­risch ein. Sei­ne Maß­stä­be und Vor­bil­der waren nicht die Natur, son­dern die Kunst und die Geschich­ten der anti­ken Göt­ter und Hel­den. Und natür­lich ver­wies alles zei­chen­haft auf Gott und sei­nen Heilsplan.

Der Unter­ti­tel der Aus­stel­lung „Barock & Roko­ko“ wird histo­risch aus sei­ner Wort­be­deu­tung ent­wickelt und in sei­nen sti­li­sti­schen wie kul­tu­rel­len Aspek­ten dar­ge­stellt. Die Kon­fes­sio­na­li­sie­rung als ein Epo­chen-Phä­no­men zeigt sich am Bei­spiel katho­li­scher Devotionalien.

Die barocke Schau ist bis zum 12. Okto­ber, diens­tags bis sonn­tags, 10–17 Uhr, im Wall­fahrts­mu­se­um Göß­wein­stein zu besich­ti­gen. Beglei­tun­gen durch die Son­der­aus­stel­lung fin­den im Rah­men der Don­ners­tags­füh­run­gen, um 10:30 Uhr statt (aus­ge­nom­men feiertags).

Zum Drei­ei­nig­keits­fest ver­an­stal­tet das WMG am 14. / 15. Juni ein Akti­ons­wo­chen­en­de. Kosten­los wer­den halb­stün­di­ge Beglei­tun­gen durchs Muse­um ange­bo­ten: Sams­tag, 10–12 Uhr und 14–16 Uhr, Sonntag,13–17 Uhr. Der Ein­tritt ist ermä­ßigt: Erwach­se­ne 2,- Euro, Kin­der sind frei.