Sonn­tags­ge­dan­ken: Wirklich?

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

Ein in der Zen-Medi­ta­ti­on erfah­re­ner Asia­te wur­de gefragt, war­um er trotz sei­ner vie­len Auf­ga­ben so gesam­melt sein kön­ne. Er ant­wor­te­te: „Wenn ich ste­he, dann ste­he ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich sit­ze, dann sit­ze ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich spre­che, dann spre­che ich.“ Die Fra­ge­stel­ler bohr­ten nach: „Wir Euro­pä­er tun das doch auch alles. Was tust Du dar­über hin­aus?“ Er wider­sprach lächelnd: „Nein, wenn Ihr Euro­pä­er sitzt, dann steht Ihr schon halb. Wenn Ihr steht, dann lauft ihr schon fast. Wenn Ihr esst, dann sprecht Ihr schon halb und wenn ihr sprecht, dann seit Ihr wie­der gei­stig anderswo…“

Die­se so gerühm­te Gelas­sen­heit der Asia­ten ver­deut­licht noch kür­zer fol­gen­de Erzäh­lung von Antho­ny de Mel­lo: Ein japa­ni­scher Krie­ger wur­de von sei­nen Fein­den gefan­gen und ins Ver­ließ gesperrt. Als er nachts vor Sor­gen nicht schla­fen konn­te, muss­te er doch fürch­ten, andern­tags gemar­tert und ermor­det zu wer­den, dach­te er an sei­nen Zen-Leh­rer, der ihm einst riet: „Mor­gen ist nicht wirk­lich. Die ein­zi­ge Wirk­lich­keit ist das Heu­te.“ Dies beden­kend fiel er in tie­fen Schlaf.

Nun kann ich nicht beur­tei­len, ob die Asia­ten oder auch nur die bud­dhi­stisch gepräg­ten wirk­lich ruhi­ger, gelas­se­ner als wir Euro­pä­er sind. Mag sein, dass man mit Medi­ta­ti­ons­übun­gen für eine gewis­se Zeit das inne­re Gleich­ge­wicht erreicht. Doch machen es sich die Asia­ten in meh­re­ren Punk­ten zu leicht: Wer meint, dem unab­än­der­li­chen kar­ma aus­ge­lie­fert zu sein, fügt sich eben, ohne die Mög­lich­keit zu prü­fen, ob er denn wirk­lich nichts tun kann. Gott aber hat uns Ver­nunft, Phan­ta­sie und Wil­lens­kraft geschenkt, um mit aller Kraft das Gute zu tun. Bud­dha hat gelas­sen in die Welt hin­ein­ge­lä­chelt, Chri­stus dage­gen hat die Kran­ken geheilt, den Hoch­mü­ti­gen wider­spro­chen und hat dann für sei­ne Über­zeu­gung lei­den müs­sen. Der mensch­li­chen Schuld in ihren 100 For­men kann man nicht durch Medi­ta­ti­on ent­kom­men eben­so­we­nig dem Lei­den.. Chri­stus hat unsere„Sünde“ vor Gott gesühnt, hat unser Los bis hin zur furcht­ba­ren Kreu­zi­gung auf sich genom­men. Sei­ne Auf­er­ste­hung am Oster­mor­gen kann uns gött­li­che Ruhe und Freu­de schen­ken jen­seits aller mensch­li­chen Ver­ren­kun­gen. Der Asia­te unter­schätzt auch den Ernst,die Ein­ma­lig­keit des Lebens, wenn er meint, immer wie­der „auf die Welt“ zu kom­men. Das wäre zudem eine schreck­li­che Vor­stel­lung: Tau­send­mal die­ses Leben mit all sei­ner Placke­rei durch­ma­chen zu müs­sen! Viel­mehr gilt es, sich jetzt zu ent­schei­den, zu bewäh­ren. Dazu gehört eben auch, dass wir die lang­fri­sti­gen Fol­gen unse­res Tuns beden­ken. Hät­ten wir das vor 40 Jah­ren getan, hät­ten wir jetzt nicht das Pro­blem, wo der hoch­gif­ti­ge Atom­müll hin soll.

Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de

Infos zu Chri­sti­an Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/​Aisch
  • Stu­di­um der evang. Theo­lo­gie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vika­ri­at in Schorn­weiss­ach-Vesten­bergs­greuth 1993 – 1996
  • Pro­mo­ti­on zum Dr. theol. 1995
  • Ordi­na­ti­on zum ev. Pfar­rer 1996
  • Dienst in Nürnberg/​St. Johan­nis 1996 – 1999
  • seit­her in Neustadt/​Aisch
  • blind
  • nicht ver­hei­ra­tet

Keine Antworten

  1. Sehr geehr­ter Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs,
    es ist sehr scha­de, dass Sie sich vor dem Schrei­ben Arti­kels nicht über den Bud­dhis­mus schlau gemacht haben. Mit Sät­zen wie „Wer meint, dem unab­än­der­li­chen kar­ma aus­ge­lie­fert zu sein, fügt sich eben, ohne die Mög­lich­keit zu prü­fen, ob er denn wirk­lich nichts tun kann.“ sor­gen Sie dafür, dass die Grä­ben zwi­schen den Reli­gio­nen grö­ßer wer­den statt sich zu schlie­ßen. Es wür­de ihnen gut anste­hen in die­sem Punkt etwas von den Bud­dhi­sten zu ler­nen: Tole­ranz gegen­über Anders­gläu­bi­gen. Auf der gan­zen Welt kämp­fen und ster­ben Men­schen auf­grund der (meist von Prie­stern, Rab­bis und Ima­men) gestreu­ten Vor­ur­tei­le und der Beto­nung der Anders­ar­tig­keit der Ande­ren. Sol­che Bei­trä­ge sind eine Wur­zel der Gewalt in die­ser Welt.

    Die Essenz des Bud­dhis­mus ist die Leh­re vom Leid und der Ver­mei­dung des Lei­des. Und der Bud­dhist weiß auch um die Quel­len des Lei­des. Dar­um gibt Bud­dha sei­nen Anhän­gern u.a. auf, sich stets ihrer Wor­te und deren Wir­kung bewusst zu sein. Eine kur­ze Recher­che bei Wiki­pe­dia wür­de helfen.

    Lachen muss­te ich bei dem Satz „Gott aber hat uns Ver­nunft, Phan­ta­sie und Wil­lens­kraft geschenkt, um mit aller Kraft das Gute zu tun“. Ange­sichts von Sät­zen wie „Doch machen es sich die Asia­ten in meh­re­ren Punk­ten zu leicht: Wer meint, dem unab­än­der­li­chen kar­ma aus­ge­lie­fert zu sein, fügt sich eben, ohne die Mög­lich­keit zu prü­fen, ob er denn wirk­lich nichts tun kann.“ scheint es mir, als sei Gott bei man­chen sei­ner Schäf­chen recht gei­zig gewe­sen. Anders kann ich mir die Dumm­heit und Arro­ganz sol­cher Sät­ze nicht erklä­ren. Ich bete dar­um, dass den Lesern mehr Ver­nunft gege­ben ist um zu erken­nen, dass auch in die­sem Fall ein Dok­tor­ti­tel nicht für Intel­li­genz bürgt und ein kirch­li­ches Amt kein Garant für Men­schen­lie­be, Tole­ranz und Fried­fer­tig­keit ist.

    Hoch­ach­tungs­voll
    Chri­sti­an Bonas