MdB Eli­sa­beth Schar­fen­berg: Die rezept­freie „Pil­le danach“ ist überfällig

Zur Debat­te im Bun­des­tag am ver­gan­ge­nen Frei­tag über den Antrag von Bünd­nis 90/​Die Grü­nen, die Pil­le danach aus der Ver­schrei­bungs­pflicht zu ent­las­sen (Druck­sa­chen­num­mer 18/492), erklärt Eli­sa­beth Schar­fen­berg MdB, Mit­glied im Gesund­heits­aus­schuss, Bünd­nis 90/​Die Grünen:

Die „Pil­le danach“ ist ein Verhütungs‑, kein Abtrei­bungs­mit­tel. Frau­en in einer Not­fall­la­ge müs­sen inner­halb von kür­ze­ster Zeit die „Pil­le danach“ selbst­be­stimmt nut­zen kön­nen, um so unge­woll­te Schwan­ger­schaf­ten zu ver­hin­dern. In den ersten 72 Stun­den nach unge­schütz­tem Geschlechts­ver­kehr ein­ge­nom­men, ver­hin­dert die „Pil­le danach“ mit dem Wirk­stoff Levon­or­gest­rel eine Schwan­ger­schaft. Eine bereits ein­ge­tre­te­ne Schwan­ger­schaft kann durch das Medi­ka­ment nicht been­det wer­den. Durch die der­zei­ti­ge Rezept­pflicht ist eine ärzt­li­che Ver­schrei­bung not­wen­dig, was gera­de am Wochen­en­de und in länd­li­chen Gebie­ten den schnel­len Zugang zu dem Medi­ka­ment erschwert. Da die „Pil­le danach“ umso bes­ser wirk­sam ist, je frü­her sie ein­ge­nom­men wird, gibt es auch gute phar­ma­ko­lo­gi­sche Grün­de für einen direk­ten Zugang.

Aus die­sem Grund for­dert die Bun­des­tags­frak­ti­on der Grü­ne, dass die Ver­schrei­bungs­pflicht end­lich fällt. Wir wol­len jun­gen Frau­en die Wahl zwi­schen einem selbst­be­stim­men direk­ten Zugang und der Erstat­tung der Kosten (nach ärzt­li­cher Ver­schrei­bung) ermög­li­chen. Die Wei­ge­rung von Gesund­heits­mi­ni­sters Her­mann Grö­he (CDU) und der CDU/C­SU-Bun­des­tags­frak­ti­on, die Pil­le danach mit dem Wirk­stoff Levon­or­gest­rel aus der Ver­schrei­bungs­pflicht zu ent­las­sen, ist sach­lich nicht nach­voll­zieh­bar. Sie zeigt nur zu deut­lich, dass die Bewer­tung von Fak­ten bei der Ableh­nung die­ses Vor­schla­ges kei­ne Rol­le spielt, son­dern ideo­lo­gi­sche Vor­be­hal­te sowie der Kotau vor der Ärztelobby.

Der Wirk­stoff Levon­or­gest­rel gilt seit sehr vie­len Jah­ren als bewähr­tes und siche­res Arz­nei­mit­tel. Er ist in ganz Euro­pa – außer in Deutsch­land, Polen und Ita­li­en – rezept­frei erhält­lich. Es ist mehr als irri­tie­rend, dass sich der Mini­ster über die fach­li­che Emp­feh­lung sei­ner Bun­des­ober­be­hör­de und des dor­ti­gen Exper­ten­aus­schus­ses des Bun­des­in­sti­tuts für Arz­nei­mit­tel und Medi­zin­pro­duk­te hin­weg­setzt und eine per­sön­li­che Bewer­tung vor­nimmt. Er beschnei­det mit Ver­weis auf eine ver­meint­lich unkal­ku­lier­ba­re Gefähr­dung der Gesund­heit von Frau­en ihre Selbst­be­stim­mung über den eige­nen Kör­per und die eige­ne Gesund­heit. Fak­tisch spricht er damit Frau­en die Fähig­keit ab, ratio­nal die mit der Ein­nah­me ver­bun­de­nen Vor- und Nach­tei­le (Neben­wir­kun­gen) der „Pil­le danach“ abzu­wä­gen. Bei allen ande­ren nicht­ver­schrei­bungs­pflich­ti­gen Arz­nei­mit­teln scheint dies für ihn kei­ne Rol­le zu spie­len. Völ­lig aus­ge­blen­det wird auch die Tat­sa­che, dass gera­de jun­ge Frau­en in einer sol­chen Not­fall­si­tua­ti­on unter erheb­li­chem Stress ste­hen und ein unkom­pli­zier­tes und rei­bungs­lo­ses Pro­ze­de­re bei der Ver­ga­be selbst­ver­ständ­lich sein soll­te. Auch die Argu­men­ta­ti­on der angeb­lich nicht aus­rei­chen­den Bera­tung „an der Fen­ster­klap­pe“ ist ein Affront gegen die Apo­the­ke­rin­nen und Apotheker.