Leser­brief: „Wel­ches Wer­te­sy­stem gilt in der christ­li­chen Leitkultur?“

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Bezug:

„Der ‚Druck der Disteln’ steigt“ – Frän­ki­scher Tag Bam­berg-Land, 7. Febru­ar 2014
„Eine Stra­ße trennt die Wai­zen­dor­fer“ – Frän­ki­scher Tag Bam­berg-Land, 1. Febru­ar 2014

Sehr geehr­te Damen und Herren!

Die „ord­nungs­ge­mä­ße Land­wirt­schaft“ gilt als eine der Haupt­ver­ant­wort­li­chen für die Gefähr­dung der hei­mi­schen Arten­viel­falt, für die Gefähr­dung des Grund- und damit Trink­was­sers durch ein­sickern­de Agar­gif­te und Dün­ger­re­ste, für die zuneh­men­de Resi­stenz gefähr­li­cher Krank­heits­er­re­ger gegen Anti­bio­ti­ka. Gleich­zei­tig erzeugt sie Über­schüs­se, die, – sub­ven­tio­niert – auf den Welt­markt gebracht, nicht sel­ten hei­mi­sche Märk­te in soge­nann­ten Ent­wick­lungs­län­dern, damit die Exi­stenz­grund­la­ge der dor­ti­gen Bau­ern zer­stö­ren. Die zuneh­men­de Ver­mai­sung (auch) im Rah­men einer poli­tisch (bewußt!?!) fehl­ge­steu­er­ten Ener­gie­wen­de ver­grö­ßert die Probleme.

„Wei­ter so – und nur nichts ändern!“ wird auf die öko­lo­gi­sche Land­wirt­schaft gewet­tert – in trau­ter Gemein­sam­keit mit der herr­schen­den Poli­tik. Dabei kann die Nach­fra­ge nach natur­ver­träg­lich pro­du­zier­ten Lebens­mit­teln gar nicht gedeckt wer­den – trotz unfai­ren Wett­be­werbs zu Lasten der Bio­be­trie­be. Die­se müs­sen ein auf­wen­di­ges Kon­troll­sy­stem finan­zie­ren, wäh­rend kon­ven­tio­nel­le Höfe die ein­gangs auf­ge­führ­ten Fol­ge­la­sten der All­ge­mein­heit auf­bür­den. Kreis­rat Pfi­ster soll­te die Bibel gründ­lich lesen: Der von ihm zitier­te Auf­trag, der Mensch sol­le sich die Erde unter­tan machen (Gen. 1–28), wird im zwei­ten Kapi­tel kon­kre­ti­siert (Vers. 15): „Und Gott der Herr nahm den Men­schen und setz­te ihn in den Gar­ten Eden, daß er ihn bau­te und bewahr­te.“ Nut­zung der Erde: Ja! Rück­sichts­lo­se Aus­beu­tung: Ein deut­li­ches Nein!

Wäh­rend der Scheß­lit­zer Bau­ern­tag einen fal­schen Gegen­satz Mensch – Natur zu Lasten der Natur „lösen“ will, sieht es im Ver­kehr genau gegen­tei­lig aus. Hier geht es zu Lasten der Men­schen. Poli­zei­haupt­kom­mis­sar Krauß kann die Dis­kus­si­on um eine Ver­kehrs­am­pel in Wai­zen­dorf „nicht mehr hören: ‚Das hat­ten wir schon vor drei Jah­ren.’“ Ich neh­me an, die dama­li­ge Ver­kehrs­schau erbrach­te das bei Behör­den belieb­te Ergeb­nis: Zu weni­ge Fuß­gän­ger, wel­che die Stra­ße über­que­ren – also kei­ne Ampel.

Es ist schon zynisch, nack­te Zah­len höher zu gewich­ten als Men­schen­le­ben – ins­be­son­de­re, da Kin­der die Stra­ße que­ren müs­sen. Daß der Auto­ver­kehr vie­le, die gern auf die ande­re Sei­te möch­ten, davon abhält, ihre Mobi­li­tät, die es eben nicht nur mit Motor­un­ter­stüt­zung gibt, mas­siv behin­dert, fließt nicht ein. Ver­kehrs­hel­fer kön­nen das Pro­blem nicht lösen. Zum einen haben sie kei­ne Wei­sungs­be­fug­nis. Zum ande­ren decken sie, wenn Frei­wil­li­ge, die aus­rei­chend Zeit auf­zu­brin­gen ver­mö­gen, über­haupt ver­füg­bar sind, nur kur­ze Zeit­räu­me ab.

Ihr Kom­men­ta­tor geht von einer fal­schen Vor­aus­set­zung aus, wenn er die Pro­ble­me „unse­rer zuneh­men­den Mobi­li­tät“ zuschreibt. Seit vie­len Jahr­zehn­ten ist die Mobi­li­tät nahe­zu unver­än­dert: Im Schnitt legt jeder Mensch rund drei Wege am Tag zurück (Prof. Kno­fla­cher u. a.). Geän­dert haben sich – poli­tisch geför­dert – die Wahl des Ver­kehrs­mit­tels und der Zwang zu immer wei­te­ren Wegen. Und geän­dert hat sich, daß, wer unmo­to­ri­siert mobil sein möch­te oder muß, gewal­ti­ge Hin­der­nis­se und Gefähr­dun­gen zu über­win­den hat. Wir brau­chen zwar kei­ne Voll­brem­sung, aber einen unver­züg­lich ein­zu­lei­ten­den Richtungswechsel.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig
Mar­tin-Ott-Stra­ße 8