Gedan­ken zum öku­me­ni­schen Bibel­sonn­tag am 26. Januar

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

Vom hoch­ge­bil­de­ten Pro­fes­sor Adolf schlat­ter wird erzählt, er sei vom König zu einer Dis­kus­si­on ein­ge­la­den wor­den. Der Herr­scher bekun­de­te sei­ne Freu­de, daß nun auch ein Theo­lo­ge anwe­send sei, der auf dem Boden der Hei­li­gen Schrift ste­he. Schlat­ter ver­bes­ser­te ihn sogleich: „Nicht auf der Hei­li­gen Schrift, son­dern unter ihr.“

Das ist nicht nur ein Wort­spiel. Viel­mehr geht es um die ent­schei­den­de Fra­ge: Ste­he ich über der Bibel, daß ich sie nach mei­nen Wün­schen und Ansich­ten zurecht­bie­ge oder las­se ich mich von ihr lei­ten, not­falls auch mah­nen und war­nen? Wie aber soll man die Bibel recht ver­ste­hen? Dazu erzählt uns Johann Peter Hebel eine hin­ter­grün­di­ge Geschich­te: Der Bau­er traf den Schul­mei­ster auf dem Weg und frag­te ihn, ob er noch dazu ste­he, was er am Vor­tag den Kin­dern ein­ge­trich­tert habe, dass man auch die ande­re Backe hin­hal­ten sol­le. Als der Leh­rer dies bejah­te, erhielt er vom Bau­ern zwei Ohr­fei­gen. Der Schul­mei­ster aber war klug und im wahr­sten Sinn schlag­fer­tig, ver­setz­te dem Land­wirt gleich meh­re­re Wat­schen und sprach: „Es steht auch geschrie­ben: ‚Mit wel­chem Maß Ihr mes­set, wird Euch wie­der gemes­sen wer­den, Ein voll gerüt­telt und über­fließnd Maß wird man in Eue­ren Schoß geben.‘ “ Wie sie so strit­ten und sich prü­gel­ten, kam der Edel­mann daher, sah sie von wei­tem, schick­te sei­nen Die­ner hin, der mit fol­gen­der Mel­dung zurück­kehr­te: „Es hat nichts zu bedeu­ten, gnä­di­ger Herr, denn sie legen ein­an­der nur die Hei­li­ge Schrift aus.“ Hebel schließt sei­ne Geschich­te mit den Wor­ten: „Mer­ke: Man muß die Hei­li­ge Schrift nicht aus­le­gen, wenn’s man nicht ver­steht.“ Der Bau­er wur­de inhaf­tiert, der Schul­mei­ster aus dem Dienst entlassen.

Tat­säch­lich kann man mit spitz­fin­di­ger Aus­le­gung der Hei­li­gen Schrift alles begrün­den und wider­le­gen. Wir soll­ten uns auch nicht um Klei­nig­kei­ten strei­ten. Gleich­wohl bin ich mit Hebels „Moral von der Geschicht“ nicht zufrie­den, eben­so­we­nig mit der Ant­wort des Die­ners. Ist die Aus­le­gung der Bibel wirk­lich Neben­sa­che? Soll­te nicht auch der „Laie“ in der Hei­li­gen Schrift lesen und sie zu ver­ste­hen suchen? Ver­schie­de­ne Losungs­bü­cher und volks­tüm­li­che Aus­le­gun­gen etwa in unse­ren evan­ge­li­schen baye­ri­schen Wochen­zei­tun­gen wol­len uns dazu ver­hel­fen. Wir soll­ten die Bibel aller­dings von ihrem Zen­trum her deu­ten, von der Fro­hen Bot­schaft: Got­tes Lie­be gilt allen men­schen und über­win­det selbst den Tod. Chri­stus hat unse­re Schuld gesühnt, unser Leid geteilt und zu ihm sol­len wir uns vor den Leu­ten beken­nen, sei­nem Bei­spiel zu fol­gen suchen.

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de

Infos zu Chri­sti­an Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/​Aisch
  • Stu­di­um der evang. Theo­lo­gie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vika­ri­at in Schorn­weiss­ach-Vesten­bergs­greuth 1993 – 1996
  • Pro­mo­ti­on zum Dr. theol. 1995
  • Ordi­na­ti­on zum ev. Pfar­rer 1996
  • Dienst in Nürnberg/​St. Johan­nis 1996 – 1999
  • seit­her in Neustadt/​Aisch
  • blind
  • nicht ver­hei­ra­tet