Hand­werks­kam­mer für Ober­fran­ken: Sta­bi­les Hand­werk sichert den Nachwuchs

Eine posi­ti­ve Bilanz zogen Hand­werks­kam­mer- Prä­si­dent Tho­mas Zim­mer und Haupt­ge­schäfts­füh­rer Tho­mas Kol­ler beim Jah­res­pres­se­ge­spräch der Hand­werks­kam­mer für Ober­fran­ken am 21.01.2014 in Bay­reuth. Das 20-Jah­res-Kon­junk­tur-Hoch der letz­ten Jah­re war natür­lich nicht zu top­pen, die Jah­res­kon­junk­tur des ober­frän­ki­schen Hand­werks lag aber wie­der deut­lich über dem Durch­schnitt der letz­ten Jahre.

Der Net­to Umsatz des ober­frän­ki­schen Hand­werks bleibt nahe­zu kon­stant bei knapp 7 Mil­li­ar­den Euro und ist somit etwas sta­bi­ler als im Vor­jah­res­ver­gleich, wo ein Rück­gang von 2 Pro­zent zu ver­zeich­nen war, so Prä­si­dent Zim­mer. Die Aus­sich­ten für 2014 sind wei­ter­hin gut, was unter ande­rem auf gün­sti­ge Kon­sum­per­spek­ti­ven durch stei­gen­de Löh­ne und Gehäl­ter zurück­zu­füh­ren ist.

Stand 31.12.2013 gab es in Ober­fran­ken 16.188 Hand­werks­be­trie­be (Vor­jahr 16.221) mit 74.200 Beschäf­tig­ten (wie im Vor­jahr), die 2012 einen Jah­res­um­satz von 6,97 Mil­li­ar­den EURO (Vor­jahr 7,0) erwirt­schaf­tet haben.

„Ein­mal mehr beweist sich: Hand­werk und Mit­tel­stand sind die tra­gen­den Säu­len unse­rer Volks­wirt­schaft. Dahin­ter steht das System Hand­werk mit sei­ner Ver­ant­wor­tungs­kul­tur, Aus­bil­dungs- Orga­ni­sa­ti­ons- und Finan­zie­rungs­kul­tur, das maß­geb­lich zur Sta­bi­li­tät der wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung bei­trägt“, so Prä­si­dent Tho­mas Zim­mer und Tho­mas Koller.

Zum Stich­tag 31.12.2013 bil­de­te das Hand­werk 6.033 Lehr­lin­ge aus (Vor­jahr 6.210 – minus 2,9 Pro­zent) und ver­zeich­ne­te 2.643 neu abge­schlos­se­ne Aus­bil­dungs­ver­hält­nis­se (Vor­jahr 2.769 – minus 4,6 Pro­zent). Einer der Arbeits­schwer­punk­te der HWK im Jahr 2014 ist des­we­gen die Wei­ter­ent­wick­lung des Stra­te­gie­kon­zepts zur Fach­kräf­te­si­che­rung im Hand­werk. Hier­für hat die HWK im Jahr 2013 ein 7- Punk­te- Pro­gramm ent­wickelt, wel­ches voll umge­setzt wer­den konn­te. Neben den Berufs­mes­sen Hand­werk, an denen jedes Jahr 4.000 Schü­ler und über 1.000 Eltern teil­neh­men, war auch das jugend­ge­rech­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kon­zept sehr erfolg­reich. Auch das Hand­werks­pa­ten­kon­zept konn­te wei­ter aus­ge­baut wer­den. „Bereits im Jah­re 2012 haben wir den alten Wunsch der Schu­len nach mehr Kon­takt zur Wirt­schaft und zur Berufs­pra­xis erfül­len kön­nen“, so Zim­mer. „Wäh­rend Zum Jah­res­en­de 2012 noch 198 Paten den ober­frän­ki­schen Schu­len zur Sei­te stan­den, so sind es Stand 31.12.2013 bereits 368 an 110 Schu­len in ganz Ober­fran­ken. Somit ist es uns und den Kreis­hand­wer­ker­schaf­ten gelun­gen, jeder Haupt- und Mit­tel­schu­le bzw. jedem Mit­te­schul­ver­bund einen Hand­werks­pa­ten zur Sei­te zu stellen.“

Par­al­lel zu die­sen Maß­nah­men for­der­te Haupt­ge­schäfts­füh­rer Tho­mas Kol­ler eine Neu­aus­rich­tung der Bil­dungs­po­li­tik auf Bun­des- und Lan­des­ebe­ne. Nur so kön­nen sich die Wert­vor­stel­lun­gen in unse­rer Gesell­schaft, sowohl bei Jugend­li­chen als auch bei deren Eltern nach­hal­tig ändern. Und, so Kol­ler wei­ter: „Ohne star­ke Berufs­bil­dung kein Wirt­schafts­wachs­tum. Sogar der OECD- Bil­dungs­be­richt erkennt mitt­ler­wei­le an, dass mit den über die beruf­li­chen Bil­dungs­we­ge erreich­ten hohen Löh­nen vie­le beruf­lich Qua­li­fi­zier­te kei­nen Hoch­schul­ab­schluss brau­chen, und die Jugend­ar­beits­lo­sig­keit in Deutsch­land dank des dua­len Aus­bil­dungs­sy­stems die nied­rig­ste in Euro­pa ist“.

Nach­wuchs­ar­beit soll aber auch für die Hand­werks­or­ga­ni­sa­ti­on ver­stärkt wer­den, so das Ziel des neue­sten HWK- Pro­jekts mit dem Namen „Jun­ges Hand­werk Ober­fran­ken“, das wird in enger Koope­ra­ti­on mit Innun­gen und Kreis­hand­wer­ker­schaf­ten, den Junio­ren des Hand­werks und den Mei­ster­frau­en umge­setzt wer­den wird. „Ohne eine gut orga­ni­sier­te hand­werk­li­che Selbst­ver­wal­tung gibt es auch kein funk­tio­nie­ren­des System der dua­len Aus­bil­dung in Deutsch­land“, erläu­ter­te Prä­si­dent Zim­mer die Idee hin­ter dem Pro­jekt. „Bereits jetzt orga­ni­sie­ren sich allei­ne in Ober­fran­ken 1.800 Hand­wer­ke­rin­nen und Hand­wer­ker ehren­amt­lich in den Orga­ni­sa­tio­nen. Wir müs­sen in Zukunft ver­stärkt jün­ge­re Men­schen anzu­spre­chen, um so die Nach­hal­tig­keit des Systems der hand­werk­li­chen Selbst­ver­wal­tung dau­er­haft zu gewährleisten“.

Repa­rie­ren statt Tau­schen – Pro­jekt unter der Feder­füh­rung der HWK Ober­fran­ken mit bun­des­wei­ter Reichweite

Die hand­werks­po­li­ti­schen The­men wer­den dem Hand­werk auch im Jahr 2014 nicht aus­ge­hen, so Hand­werks­kam­mer- Haupt­ge­schäfts­füh­rer Tho­mas Kol­ler. Poli­ti­sche Kern­for­de­run­gen des Hand­werks neben der Bil­dungs­po­li­tik (vgl. auch Leit­ar­ti­kel auf S. 7) wer­den die The­men Ener­gie, Kli­ma, Umwelt (Ener­gie­ef­fi­zi­enz stär­ken, Abschrei­bungs­mo­dell für ener­ge­ti­sche Moder­ni­sie­run­gen ein­füh­ren, ver­läss­li­che CO2-Sanie­rungs­för­de­rung, Anstieg der EEG-Umla­ge stop­pen), der Bereich Steu­ern und Finan­zen (Kei­ne Steu­er­erhö­hun­gen, auch kei­ne heim­li­chen, Kal­te Pro­gres­si­on ange­hen, Erb­schaft­steu­er: Betriebs­ver­mö­gen nicht bela­sten, Bewäl­ti­gung der Staats­schul­den­kri­se darf Unter­neh­mens­fi­nan­zie­rung nicht belasten).

Sor­gen, so Kol­ler macht dem Hand­werk vor allem die von der EU ange­kün­dig­te Eva­lu­ie­rung regle­men­tier­ter Beru­fe in der EU. „Die Tat­sa­che, dass alle Mit­glied­staa­ten so genann­te Berufs­zu­gangs­hin­der­nis­se (so wird auch der Mei­ster­brief dort bezeich­net!) detail­liert ana­ly­sie­ren und vor allem Alter­na­tiv­re­gu­lie­rungs­me­cha­nis­men auf­zei­gen müs­sen, und für jeden Beruf die Regle­men­tie­rungs­be­dürf­tig­keit zu recht­fer­ti­gen ist, bezeich­ne­te Kol­ler als Fron­tal­an­griff auf den Meisterbrief.

Vor­ge­stellt wur­de beim Jah­res­pres­se­ge­spräch das Pro­jekt „Kfz-Ser­vice-Engi­nee­ring 2020“. Hier­bei han­delt es sich um eine Koope­ra­ti­on der Hand­werks­kam­mer für Ober­fran­ken, dem Lehr­stuhl für umwelt­ge­rech­te Pro­duk­ti­ons­tech­nik der Uni­ver­si­tät Bay­reuth und der Fraun­ho­fer Pro­jekt­grup­pe für Pro­zess­in­no­va­ti­on mit dem Ziel Dia­gno­se- und Repa­ra­tur­mög­lich­kei­ten für elek­tro­ni­sche Bau­tei­le im Auto zu verbessern.

Die Dimen­si­on des Pro­jekts ist vor dem Hin­ter­grund, dass in Deutsch­land ca. 60 Mil­lio­nen Fahr­zeu­ge zuge­las­sen sind, natür­lich rie­sig. „Mit 462.000 Mit­ar­bei­tern arbei­ten im Kfz-Hand­werk in Deutsch­land mehr Men­schen als in der Auto­in­du­strie (386.000 Beschäf­tig­te)“, erläu­ter­te Haupt­ge­schäfts­füh­rer der Hand­werks­kam­mer Tho­mas Kol­ler aktu­el­le Zah­len und unter­strich damit auch die Bedeut­sam­keit des Pro­jekts für das Handwerk.

Hin­zu kommt, dass mitt­ler­wei­le mehr als die Hälf­te aller Auto­pan­nen durch elek­tro­ni­sche Bau­tei­le ver­ur­sacht wer­den. Allei­ne in Ober­fran­ken müs­sen jähr­lich 21.000 Luft­mas­sen­mes­ser, 15.000 Tur­bo­la­der oder 10.000 Motor­steu­er­ge­rä­te aus­ge­tauscht wer­den. Die­se Tei­le kön­nen nach aktu­el­lem Stand der Tech­nik über­haupt erst gar nicht repa­riert wer­den. Das ist der Punkt, an dem das Pro­jekt ansetzt: repa­rie­ren statt tauschen.

„Die im Pro­jekt ent­wickel­ten Dia­gno­se- und Repa­ra­tur­ver­fah­ren und die dar­auf auf­bau­en­den Lehr­gangs­kon­zep­te sind bun­des­weit ein­ma­lig“, so Koller.

Eini­ge Erfol­ge des Pro­jekts konn­ten auch bereits gefei­ert wer­den, wie etwa ein Repa­ra­tur­ver­fah­ren für Akku­mu­la­to­ren von Elek­tro-Autos. Ein Bat­te­rie­sy­stem für ein Elek­tro­au­to kostet aktu­ell weit über 10.000 Euro. Im Fal­le eines Scha­dens, auch wenn nur weni­ge Zel­len betrof­fen sind, muss­te bis­her die gesam­te Bat­te­rie zu ent­spre­chen­den Kosten aus­ge­tauscht wer­den. Dem Team um Johan­na Erl­ba­cher, der Pro­jekt­lei­te­rin sei­tens der Hand­werks­kam­mer, ist es nun gelun­gen, ein Ver­fah­ren zu ent­wickeln, wel­ches es ermög­licht, ein­zel­ne Zel­len des Akkus zu durch­mes­sen. Das hat den Vor­teil, dass nun­mehr nicht die gan­ze Bat­te­rie aus­ge­tauscht wer­den muss, son­dern nur noch die tat­säch­lich defek­ten Zel­len. „Für Auto­kun­den ist dies sehr erfreu­lich“, merk­te Kol­ler an. „Die Kosten sin­ken damit von meh­re­ren tau­send Euro auf weni­ge hun­dert Euro.“

Ähn­li­che Erfol­ge konn­te das Team auch bei der Repa­ra­tur von Kunst­stoff­tei­len ver­zeich­nen. Vie­le Tei­le im Auto, wie Befe­sti­gun­gen an Stoß­stan­gen oder Tei­le im Motor­raum, bestehen aus Kunst­stoff. Bre­chen sie, muss meist das gan­ze Teil getauscht wer­den. Beson­ders ärger­lich ist das bei­spiels­wei­se bei einem Schein­wer­fer. Bricht die Hal­te­na­se, so muss der gan­ze Schein­wer­fer aus­ge­wech­selt wer­den, was rela­tiv kost­spie­lig ist. Durch das neue Ver­fah­ren kön­nen sol­che Ersatz­tei­le nun mit­tels eines 3D-Scan­ners und eines 3D-Druckers ein­fach nach­ge­baut und mit einem aus­ge­wähl­ten Kle­be- und Füge­ver­fah­ren wie­der an das betrof­fe­ne Bau­teil ange­bracht wer­den. Die Vor­tei­le sind offen­sicht­lich: „Das Ver­fah­ren ist bil­li­ger für den Kun­den und wir haben gleich­zei­tig eine höhe­re Wert­schöp­fung im Kfz-Betrieb“, beschreibt Tho­mas Kol­ler die­se Win-win-Situation.