Sta­ren-Schwär­me als Natur­schau­spiel beim Vogelzug

Der Blick in den Him­mel wird der­zeit oft mit den spek­ta­ku­lä­ren Flug­ma­nö­vern der Sta­re belohnt – Wis­sen­schaft­ler rät­seln noch

Der Vogel­zug ist in vol­lem Gan­ge und täg­lich bie­tet sich die Gele­gen­heit Schwal­ben, Dros­seln oder mit Glück auch mal Kra­ni­che auf der Durch­rei­se in die süd­li­chen Über­win­te­rungs­quar­tie­re zu sehen. Die spek­ta­ku­lär­sten Flug­for­ma­tio­nen bil­den dabei jedoch die Sta­re, deren rie­si­ge schwar­ze Schwär­me aus etwas Ent­fer­nung wie eine gro­ße, syn­chron-wabern­de Wol­ke aus­se­hen. In Bay­ern schlie­ßen sich die bekann­ten Zug­vö­gel zu Scha­ren mit bis zu 1.000 Tie­ren zusam­men, wobei die Beob­ach­tung ihrer wag­hal­si­gen Manö­ver Natur­freun­den der­zeit ein ech­tes Schau­spiel bie­tet. Der Lan­des­bund für Vogel­schutz in Bay­ern (LBV) emp­fiehlt daher noch bis Mit­te Okto­ber, einen beson­ders loh­nens­wer­ten Blick in den Him­mel zu rich­ten. Bis dann sind die größ­ten Sta­ren­schwä­re unter­wegs und meist gut und ein­fach für jeden zu beobachten.

Schon Anfang Sep­tem­ber haben die Sta­re damit begon­nen, sich zu sam­meln und auf den Zug in den Süden vor­zu­be­rei­ten. Die Grö­ße der Schwär­me ist seit­dem ange­stie­gen, denn nach und nach schloss sich Fami­li­en­trupp für Fami­li­en­trupp zusam­men. In Bay­ern errei­chen die Scha­ren oft eine Grö­ße von meh­re­ren hun­dert Vögeln, die zum Aus­ru­hen ger­ne Strom­lei­tun­gen bevöl­kern. Bei ihren spek­ta­ku­lä­ren Flug­ma­nö­vern, die der­zeit auf dem Vogel­zug gut für jeden zu sehen sind, ist es fas­zi­nie­rend zu beob­ach­ten, wie die rie­si­gen Sta­ren-Schwär­me sich nahe­zu syn­chron bewe­gen und die Vögel dabei nie­mals zusam­men­sto­ßen. „Jeder Star ach­tet dabei auf sei­ne Schwarm­nach­barn und jede Rich­tungs­än­de­rung reißt somit auch den Schwarm­ge­nos­sen mit. Die Sum­me der Ein­zel­ent­schei­dun­gen ergibt dann das, was wir als ein­heit­lich sich bewe­gen­de Wol­ke wahr­neh­men“, beschreibt Dr. Tho­mas Rödl, Orni­tho­lo­ge beim LBV, das Naturschauspiel.

Im Gegen­satz zu zie­hen­den Gän­sen fliegt bei den Sta­ren kein Vogel an der Spit­ze einer For­ma­ti­on und bestimmt somit die Rich­tung. So ist das Ver­hal­ten eines Sta­ren­schwarms sogar Gegen­stand wis­sen­schaft­li­cher Unter­su­chun­gen. Wie die Ent­schei­dungs­re­gel des ein­zel­nen Vogels sich auf die Ent­schei­dungs­fin­dung der Grup­pe über­trägt, inter­es­siert dabei nicht nur Orni­tho­lo­gen, son­dern auch Sozio­lo­gen, die in ana­lo­ger Wei­se das „Schwarm­ver­hal­ten“ bei uns Men­schen untersuchen.

Als rie­si­ger Schwarm unter­wegs zu sein, hat für die Sta­re ver­mut­lich zwei ent­schei­den­de Vor­tei­le. Zum einen bie­tet die Grup­pe dem ein­zel­nen Vogel den Schutz der Gemein­schaft. „Rein sta­ti­stisch ist das Risi­ko für ein ein­zel­nes Tier von einem Beu­te­grei­fer erwischt zu wer­den umso gerin­ger, je grö­ßer die Grup­pe ist“, so Rödl. Zudem ist für den Angrei­fer das Durch­ein­an­der eines Sta­ren­schwarms ver­wir­rend und macht es viel schwie­ri­ger, sich auf ein ein­zel­nes Ziel zu fokussieren.

So kann es selbst für den Wan­der­fal­ken, mit über 300 km/​h im Sturz­flug das schnell­ste Tier der Welt, schwie­rig sein, einen ein­zel­nen Star aus der Grup­pe zu lösen.

Neben dem Schutz bie­tet die Gemein­schaft zum ande­ren auch den Vor­teil des Infor­ma­ti­ons­aus­tauschs. „Jun­ge und uner­fah­re­ne Sta­re oder sol­che, die ein­fach kein Glück bei der Nah­rungs­su­che hat­ten, brau­chen am näch­sten Tag nur den Art­ge­nos­sen hin­ter­her­flie­gen, die es am eilig­sten haben, an einen guten Platz mit Nah­rung zurück­zu­keh­ren. Eine gro­ße Schlaf­platz­grup­pe kann somit auch als Infor­ma­ti­ons­bör­se die­nen“, erklärt Tho­mas Rödl. Da Sta­re ger­ne Früch­te und Bee­ren fres­sen, reicht die gefun­de­ne Nah­rung oft auch für gro­ße Schwär­me. Gene­rell sind Sta­re eine sehr sozia­le Vogel­art und schon zur Brut­zeit bevöl­kern sie ger­ne neben­ein­an­der hän­gen­de Nist­kä­sten. Auf dem Vogel­zug setzt sich ihr sozia­les Ver­hal­ten fort.

Der­zeit kön­nen Natur­freun­de an geeig­ne­ten Orten die Sta­ren­schwär­me in der Däm­me­rung lan­ge Zeit über einem gemein­sa­men Schlaf­platz im Pulk hin und her flie­gen sehen, da sie sich erst bei ein­bre­chen­der Nacht zum Schla­fen nie­der­las­sen. Vor allem an Seen mit gro­ßen, aus­ge­dehn­ten Schilf­zo­nen sam­meln sie sich beson­ders ger­ne und suchen dort Schutz für die Nacht.

Spä­te­stens mit dem ersten Win­ter­ein­bruch zie­hen dann die letz­ten Sta­re in den Mit­tel­meer­raum, wo sie zum Bei­spiel in Rom zu hun­dert­tau­sen­den über­win­tern. Schon Ende Febru­ar gehö­ren sie dann aber wie­der zu den frü­he­sten Rück­keh­rern. Wer mehr über den Vogel­zug erfah­ren will, hat beim Euro­pean Bird­Watch am 05. und 06. Okto­ber bei ins­ge­samt 21 bay­ern­wei­ten LBV-Exkur­sio­nen die Mög­lich­keit dazu. Dabei wer­den sich sicher­lich auch gute Mög­lich­kei­ten bie­ten, das Schwarm­ver­hal­ten der Sta­re zu beob­ach­ten. Mehr unter www​.lbv​.de/​b​i​r​d​w​a​tch.