Leser­brief zum Dienst­ju­bi­lä­um des Forch­hei­mer Kulturbeauftragten

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(Bezug­neh­mend auf das Inter­view im Frän­ki­schen Tag)

Lie­ber Herr George,

auch ich möch­te Ihnen zu Ihrem Jubi­lä­um gra­tu­lie­ren und eines vor­weg neh­men: Ich möch­te Ihnen nicht abspre­chen, dass Sie viel in die­ser Stadt bewegt haben. Ohne Sie und Ihre Funk­ti­on als Kul­tur­be­auf­trag­ter wäre Forch­heim sicher kei­ne Wüste, son­dern eine Mondlandschaft.

Dass Sie kein Hea­vy Metal- Kon­zert orga­ni­sie­ren möch­ten, das leuch­tet ein. Aber war­um wird die Jugend­kul­tur und die, in Forch­heim nach wie vor sehr leben­di­ge Rock- und Pop­mu­sik­sze­ne immer aus­ge­klam­mert? Sie spre­chen von Pro­jek­ten in der Zukunft, von Uto­pien – von einer „Kul­tur­mei­le“ dort, wo das Schwe­stern­wohn­heim stand, Sie nen­nen das sogar einen „ein­zig­ar­ti­gen Ver­an­stal­tungs­ort“. Wer­den denn da auch Rock­kon­zer­te statt­fin­den kön­nen? Die glei­che Fra­ge gilt für den Klo­ster­saal. Das fän­de ich sogar rich­tig cool, ein Rock­fe­sti­val im Klo­ster! Gin­ge das, Herr George?
Die eigent­li­che Fra­ge, die Forch­heim bewegt, ist: Wird es in die­ser Stadt jemals einen ange­mes­se­nen Ver­an­stal­tungs­ort geben, mit dem alle leben kön­nen? Wäre das nicht wün­schens­wert, ein kul­tu­rel­les Begeg­nungs­zen­trum, in dem jeder Künst­ler will­kom­men ist und sich mit ande­ren Künst­lern aus­tau­schen kann? In wel­chem am einen Abend Ihr 73-köp­fi­ges Orche­ster auf die Büh­ne passt, am näch­sten Tag ein Thea­ter­stück auf­ge­führt wird und am über­näch­sten Tag ein Hip Hop- Kon­zert statt­fin­den kann? In wel­chem sich Men­schen ver­schie­de­ner Her­kunft begeg­nen können?

War­um, Herr Geor­ge, war­um träu­men Sie von einem Amphi­thea­ter am Stadt­park, wel­ches in sei­ner Nut­zungs­art wie­der nur dem ent­spricht, was Sie als Kul­tur defi­nie­ren? Manch­mal kommt mir der „Forch­hei­mer Weg“, den Sie und Herr Stumpf beschrei­ten, wie ein hoch­kul­tu­rel­ler Allein­gang vor.

Sie wer­den nun wie­der den gerin­gen Kul­tur­etat der Stadt vor­schie­ben. Damit kön­nen Sie doch nicht zufrie­den sein, Herr Geor­ge. Wenn die­ser, im Ver­gleich zur Grö­ße der Stadt, wirk­lich so lächer­lich klein ist, wie­so lese ich in Ihrem Inter­view nichts davon? War­um habe ich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren eine Über­schrift wie „Kul­tur­be­auf­trag­ter kämpft für mehr Geld“ oder „Geor­ge klagt über kata­stro­pha­le Zustän­de“ nie­mals lesen dür­fen? Sie erwecken den Ein­druck, als sei­en Sie mit allem sehr zufrie­den. Ein erheb­li­cher Teil zeit­ge­nös­si­schen, kul­tu­rel­len Lebens fin­det in Forch­heim nicht statt. Aber wenig­stens machen Sie kei­nen Hehl dar­aus, dass Ihr „Kul­tur­be­griff tra­di­tio­nell und von den klas­si­schen Bil­dungs­idea­len geprägt ist.“ Kul­tur­ar­beit ist näm­lich in erster Linie Geschmacks­fra­ge, nicht wahr, Herr Geor­ge? Soll­te ich Sie hier falsch ver­stan­den haben: Las­sen Sie bit­te Taten sprechen.

Es geht nicht dar­um, mal ein paar hun­dert Euro für eine Ver­an­stal­tung mit jun­gen Rock­bands von Ihnen abzu­grei­fen. Es geht dar­um, dass Sie end­lich auch die Künst­ler wahr­neh­men, die sich von Ihnen ver­kannt füh­len. Sie müs­sen das, was ich z.B. mache und womit ich mei­nen Lebens­un­ter­halt bestrei­te, nicht lie­ben. Sie müs­sen sich auch kei­ne Plat­ten von mir anhö­ren. Ich möch­te nur, dass Sie fol­gen­des wis­sen: Das Goe­the Insti­tut schick­te mich und mei­ne Band nach Chi­na, um dort Kon­zer­te zu geben auf einem „Deut­schen Kul­tur­fe­sti­val“. Wir wur­den von Bran­den­burgs Mini­ster­prä­si­dent Mat­thi­as Platz­eck zum Emp­fang in des­sen Büro gela­den. Ich könn­te die Liste erwei­tern, ich möch­te ihnen nur zei­gen, dass das, was wir machen, auch etwas mit Kul­tur zu tun hat. War­um hat die­se Art der Kul­tur in mei­ner Hei­mat­stadt kei­nen Platz?

Gera­de das, lie­ber Herr Geor­ge, ist der Grund, war­um wir uns, wie vie­le ande­re Forch­hei­mer Kul­tur­schaf­fen­de auch, in einem Ver­ein orga­ni­sie­ren. Um uns Gehör zu ver­schaf­fen. Und ohne die von ihnen ins Lächer­li­che gezo­ge­nen Ver­ei­ne wie dem Jun­gen Thea­ter oder dem Mega­fon e.V., wür­den Sie als Ver­ant­wort­li­cher für Kul­tur­ar­beit in Forch­heim deut­lich schlech­ter daste­hen. Und es tut mir leid, dass Sie es ertra­gen müs­sen, wie wir uns auf unse­ren Miss­kul­tur- Lia­nen, brül­lend wie Tar­zan, durch den „Forch­hei­mer Kul­tur­dschun­gel“ schwin­gen. Sie sagen, zum Abschluss des Inter­views: „Vie­le Ver­ei­ne orga­ni­sie­ren eige­ne Klein­kunst­ver­an­stal­tun­gen. Und die Stadt kann kei­ne Ver­an­stal­tun­gen ver­bie­ten.“ Ja, wirk­lich scha­de, dass sie das nicht kann. Kein Wun­der, Herr Geor­ge, dass Sie die „CSU ger­ne kon­ser­va­ti­ver“ hätten.

Ich wün­sche Ihnen alles Gute zum Jubiläum!

Simon Micha­el, Musi­ker, Kom­po­nist und Musik­pro­du­zent aus Forchheim