Die Ost­afri­ka­ni­sche Gemein­schaft: Per­spek­ti­ven der poli­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Integration

Tan­sa­nisch-deut­sches Fach­zen­trum für Rechts­wis­sen­schaft (TGCL) ver­öf­fent­licht neue Stu­di­en zur Geschich­te und zu den Ent­wick­lungs­per­spek­ti­ven der East Afri­can Community

Wäh­rend die Euro­päi­sche Uni­on im Ram­pen­licht steht, voll­zieht sich in Ost­afri­ka, von der euro­päi­schen Öffent­lich­keit weit­ge­hend unbe­merkt, seit meh­re­ren Jah­ren ein bis­her erfolg­rei­cher Inte­gra­ti­ons­pro­zess. Burun­di, Kenia, Ruan­da, Tan­sa­nia und Ugan­da arbei­ten als Mit­glie­der der Ost­afri­ka­ni­schen Gemein­schaft (East Afri­can Com­mu­ni­ty, EAC) dar­auf hin, ihre wirt­schaft­li­che und poli­ti­sche Koope­ra­ti­on ste­tig aus­zu­bau­en. Das am 1. Juli 2010 inkraft getre­te­ne EAC Com­mon Mar­ket Pro­to­col gewähr­lei­stet die Frei­zü­gig­keit von Arbeits­kräf­ten, Waren, Dienst­lei­stun­gen und Kapi­tal. Lang­fri­stig wird sogar eine Wäh­rungs­uni­on ange­strebt. Vor kur­zem ist unter dem Titel „Pro­ce­s­ses of Legal Inte­gra­ti­on in the East Afri­can Com­mu­ni­ty“ ein Auf­satz­band erschie­nen, der die Geschich­te und vor allem die künf­ti­gen Ent­wick­lungs­per­spek­ti­ven der EAC aus wis­sen­schaft­li­cher und prak­ti­scher Per­spek­ti­ve beleuch­tet. Im Mit­tel­punkt ste­hen dabei juri­sti­sche Aspek­te des Zusammenwachsens.

Der Band ist aus zwei rechts­wis­sen­schaft­li­chen Kon­fe­ren­zen her­vor­ge­gan­gen, die das Tan­sa­nisch-deut­sche Fach­zen­trum für Rechts­wis­sen­schaft (Tan­z­a­ni­an-Ger­man Cent­re for Post­gra­dua­te Stu­dies in Law, TGCL) in den Jah­ren 2009 und 2010 ver­an­stal­tet hat. Das Zen­trum ist ein gemein­sa­mes Pro­jekt der Uni­ver­si­tät Dar es Salaam und der Uni­ver­si­tät Bay­reuth; es wird vom Deut­schen Aka­de­mi­schen Aus­tausch­dienst sowie vom Aus­wär­ti­gen Amt aus dem Pro­gramm „Afri­can Excel­lence. Fach­zen­tren zur Eli­te­för­de­rung“ finan­ziert. Her­aus­ge­ber des Ban­des sind Ken­ne­dy Gastorn, Koor­di­na­tor des TGCL und Dozent für Rechts­wis­sen­schaf­ten an der Uni­ver­si­tät Dar es Salaam, Harald Sip­pel, bis zum Som­mer 2011 Mana­ger des TGCL und der­zeit Lehr­stuhl­ver­tre­ter an der LMU Mün­chen, sowie Ulri­ke Wanit­zek, Pro­jekt­lei­te­rin des TGCL und Pro­fes­so­rin am Insti­tut für Afri­ka­stu­di­en sowie an der Rechts- und Wirt­schafts­wis­sen­schaft­li­chen Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

Die im Jahr 1999 gegrün­de­te East Afri­can Com­mu­ni­ty ist der zwei­te Anlauf zu einer stär­ke­ren regio­na­len Inte­gra­ti­on in Ost­afri­ka. Bereits 1967 hat­ten sich Kenia, Tan­sa­nia und Ugan­da in einer Orga­ni­sa­ti­on glei­chen Namens zusam­men­ge­schlos­sen, die jedoch nach zehn Jah­ren an unüber­brück­ba­ren Gegen­sät­zen und Riva­li­tä­ten schei­ter­te. Der neue Sam­mel­band bie­tet eine Viel­zahl von Infor­ma­tio­nen zur EAC, die in die­ser syste­ma­ti­schen Form bis­her nicht ver­füg­bar waren. Die Autoren arbei­ten die Inte­gra­ti­ons­zie­le der EAC her­aus und geben teil­wei­se auch stra­te­gi­sche Hand­lungs­emp­feh­lun­gen, damit frü­he­re Feh­ler künf­tig ver­mie­den wer­den. So befasst sich Dr. John Eudes Ruhan­gi­sa, Ver­wal­tungs­di­rek­tor des East Afri­can Court of Justi­ce, in sei­nem Bei­trag mit den Funk­tio­nen und der Arbeits­wei­se die­ser ober­sten Gerichts­in­stanz der EAC. Die zen­tra­le Auf­ga­be des East Afri­can Court of Justi­ce ist es, Strei­tig­kei­ten über die Aus­le­gung des EAC-Grün­dungs­ver­trags so zu regeln, dass des­sen Prin­zi­pi­en gewahrt bleiben.

Wei­te­re Bei­trä­ge des neu­en Ban­des befas­sen sich ins­be­son­de­re mit den fol­gen­den Fra­gen: Kann der EAC-Grün­dungs­ver­trag als eine gemein­sa­me supra­na­tio­na­le Ver­fas­sung aller fünf betei­lig­ten Staa­ten auf­ge­fasst wer­den, oder bil­det er zumin­dest die Keim­zel­le einer sol­chen Ver­fas­sung? Wie ver­hält sich die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Frei­zü­gig­keit von Waren und Dienst­lei­stun­gen zu den Geset­zen, die in Tan­sa­nia den Erwerb von Land durch aus­län­di­sche Käu­fer regeln? Dar­über hin­aus wird der Rechts­plu­ra­lis­mus in den­je­ni­gen Län­dern, die frü­her dem bri­ti­schen Kolo­ni­al­reich ange­hör­ten, ein­ge­hend erör­tert. Hier besteht ein in kul­tu­rel­len Tra­di­tio­nen ver­wur­zel­tes Gewohn­heits­recht wei­ter­hin neben dem in der Kolo­ni­al­zeit eta­blier­ten eng­li­schen Recht. Im Anhang schließ­lich bie­tet der Sam­mel­band einen voll­stän­di­gen Abdruck des EAC-Ver­trags (1999), des Pro­to­kolls zur Errich­tung der ost­afri­ka­ni­schen Zoll­uni­on (2004) und des Pro­to­kolls zur Errich­tung des Gemein­sa­men Mark­tes der EAC (2009).

Der neue Sam­mel­band stößt in Ost­afri­ka auch auf poli­ti­sches Inter­es­se. Der deut­sche Bot­schaf­ter in Tan­sa­nia, S.E. Klaus-Peter Bran­des, hat den Band anläss­lich sei­ner Ernen­nung zum Spe­cial Repre­sen­ta­ti­ve bei der Ost­afri­ka­ni­schen Gemein­schaft an Dr. Richard Sezi­be­ra, den Gene­ral­se­kre­tär der EAC, über­reicht. Zuvor war das Buch, kurz nach sei­nem Erschei­nen, in der Deut­schen Bot­schaft in Dar es Salaam offi­zi­ell vor­ge­stellt worden.

Ver­öf­fent­li­chung:

Ken­ne­dy Gastorn, Harald Sip­pel, Ulri­ke Wanit­zek (Eds),
Pro­ce­s­ses of Legal Inte­gra­ti­on in the East Afri­can Community.
Dar es Salaam, 2011.
ISBN (Dar es Salaam Uni­ver­si­ty Press) 978–9‑97660–529‑7
ISBN (Rüdi­ger Köp­pe Publishers, Köln) 978–3‑89645–167‑5

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