Neujahrsgedanken
Michael Ende lässt den Straßenkehrer Beppo im Roman „Momo“ folgendermaßen sprechen:
„Manchmal hat man eine sehr lange Strecke vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang, das kann man niemals schaffen. Aber man darf niemals die ganze Straße auf einmal sehen. Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt, wie, und man ist gar nicht außer Puste.“
So wie Beppo sollten wir es auch machen: Ein Jahr liegt vor uns, dunkel und schwer. Niemand weiß, was es bringt. Wie geht es weiter in der Partnerschaft, mit den Kindern, im Beruf, mit der Gesundheit? Mancher, der diese Zeilen liest, wird das Jahresende nicht erleben, wird an einer Krankheit, bei einem Unfall, hoffentlich niemand durch Mörderhand sterben.
Gottesdienste zur Jahreswende wollen uns ermutigen, das in den letzten 12 Monaten erlebte zurück in Gottes Hand zu legen, uns geduldig, fröhlich, aufnahmebereit dem Neuen zuzuwenden. Die heute so üblichen feuchtfröhlichen Partys verhindern, dass wir uns neu Gott anvertrauen, dass wir überhaupt zur Ruhe kommen. Es hat keinen Sinn, sich und den anderen Vorwürfe zu machen, was wir selbst, was die andern falsch gemacht haben, wo wir verletzt wurden, andere verletzten. Das alte Jahr ist abgeschlossen und nun warten neue Aufgaben auf uns: Wollen wir sie in aller Ruhe angehen, vernünftig, fair, ehrlich so gut, wie ein jeder es kann. Auch dürfen wir uns täglich an den vielen so leicht übersehenen Geschenken Gottes erfreuen, an unserer Familie, an gutem Essen, einem romantischen Sonnenuntergang, einem gelungenen Ausflug, an einem spannenden Buch. Dieses neue Jahr bringt uns ein stückweit Gottes ewiger Welt entgegen manchmal durch sonnige Höhen des Glücks, manchmal durch verregnete Niederungen des Unglücks. Gott aber ist derselbe, gestern, heute und morgen und er steht treu zu mir.
Pfr. Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
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