100 Jah­re Lokal­bahn Eber­mann­stadt – Heiligenstadt

Fast könnte man sagen: Triebwagenersatzverkehr. Lokomotive der Baureihe 86 mit Beiwagen in den fünzfiger Jahren bei der Ausfahrt aus Heiligenstadt. Foto Köchel, Sammlung Klebes

Fast könn­te man sagen: Trieb­wa­gen­er­satz­ver­kehr. Loko­mo­ti­ve der Bau­rei­he 86 mit Bei­wa­gen in den fünz­fi­ger Jah­ren bei der Aus­fahrt aus Hei­li­gen­stadt. Foto Köchel, Samm­lung Klebes

Das Geburts­tags­kind ist bereits tot

Vor nun­mehr bald 125 Jah­ren eröff­ne­ten die König­lich Baye­ri­sche Staats­ei­sen­bah­nen die knapp fünf­zehn Kilo­me­ter lan­ge Eisen­bahn­strecke von Forch­heim nach Eber­mann­stadt. Schon damals plan­te man den Wei­ter­bau durch das Wie­sent­tal in die Frän­ki­sche Schweiz, doch ver­zö­ger­te sich die Fer­tig­stel­lung um Jahre.

Zunächst rea­li­siert wur­de der Bau nach dem 11 Kilo­me­ter ent­fern­ten Hei­li­gen­stadt im Land­kreis Bamberg.

Der hier gezeigte Triebwagen ist von der gleichen Bauart wie der der Dampfbahn Fränkische Schweiz. Hier steht er in Traindorf, um weiter nach Heiligenstadt zu fahren. Foto Köchel, Sammlung Klebes

Der hier gezeig­te Trieb­wa­gen ist von der glei­chen Bau­art wie der der Dampf­bahn Frän­ki­sche Schweiz. Hier steht er in Tra­in­dorf, um wei­ter nach Hei­li­gen­stadt zu fah­ren. Foto Köchel, Samm­lung Klebes

Es dau­er­te aber noch 24 Jah­re bis die Strecke eröff­net wur­de. Ein knap­pes Vier­tel­jahr­hun­dert lang war die Lokal­bahn Forch­heim – Eber­mann­stadt die ein­zi­ge Bahn­ver­bin­dung in die Frän­ki­sche Schweiz, selbst, wenn man von der am Nord­rand die­ser Gegend lie­gen­den Bahn­li­nie Bay­reuth – Holl­feld absieht. Den Her­ren Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten Dr. Räbel, Forch­heim, Bezirks­amt­mann Dr. Stucky, Eber­mann­stadt und Dekan Bickel in Mug­gen­dorf sowie dem frän­ki­schen Schweiz-Ver­ein war es dann spä­ter in erster Linie zu ver­dan­ken, dass am 4. Okto­ber 1915 die Strecke nach Hei­li­gen­stadt eröff­net wer­den konnte.

1924 ging diese alte Ansichtskarte von Gasseldorf nach Nürnberg. Wir sehen einen Güterzug mit Personenbeförderung auf der Fahrt nach Ebermannstadt. Hinter dem Bahnhof schwach zu erkennen die 1922 eröffnete Strecke nach Muggendorf. Sammlung Günther Klebes.

1924 ging die­se alte Ansichts­kar­te von Gas­sel­dorf nach Nürn­berg. Wir sehen einen Güter­zug mit Per­so­nen­be­för­de­rung auf der Fahrt nach Eber­mann­stadt. Hin­ter dem Bahn­hof schwach zu erken­nen die 1922 eröff­ne­te Strecke nach Mug­gen­dorf. Samm­lung Gün­ther Klebes.

Die Lokal­bahn ver­ließ den Bahn­hof Eber­mann­stadt bei Kilo­me­ter 14,765 in nord­öst­li­cher Rich­tung, umging den links der Wie­sent gele­ge­nen Orts­teil von Eber­mann­stadt und über­schritt hier­auf, rein nörd­li­cher Rich­tung fol­gend, das Wie­sent­tal. Im wei­te­ren Ver­lau­fe führ­te die Bahn unmit­tel­bar am Fuße der Schutt­hal­de des Anfang des 17. Jahr­hun­derts erfolg­ten gro­ßen Gas­sel­dor­fer Berg­rut­sches vor­bei, über­quer­te die Staats­stra­ße Eber­mann­stadt – Beh­rin­gers­müh­le – Pot­ten­stein und führ­te, die Ort­schaft Gas­sel­dorf rechts lie­gen las­send, in das Lein­lei­ter­tal ein. Etwa einen Kilo­me­ter ober­halb Gas­sel­dorf wur­de das Lein­lei­ter­tal und gleich dar­auf auch die Staats­stra­ße Gas­sel­dorf – Hei­li­gen­stadt über­quert. Die Bahn zog sich als­dann, nörd­li­che Rich­tung immer noch bei­be­hal­tend, am lin­ken, gegen die Lein­lei­ter steil abfal­len­den, Tal­han­ge hin. Sie erreich­te, fort­wäh­rend mäßig stei­gend, bei Kilo­me­ter 5,9 die Ort­schaft Unter­lein­lei­ter mit dem Bahn­hof glei­chen Namens. Die Ort­schaft selbst liegt auf der rech­ten Talseite.

Fast könnte man meinen, die Traindorfer weinen Ihrer Bahn nach. Dieses Schild steht heute noch an der Stelle, an der mal der Zug hielt. Foto Günther Klebes 27. August 2015

Fast könn­te man mei­nen, die Tra­in­dor­fer wei­nen Ihrer Bahn nach. Die­ses Schild steht heu­te noch an der Stel­le, an der mal der Zug hielt. Foto Gün­ther Kle­bes 27. August 2015

Die Bahn­li­nie folg­te als­dann dem steil bis an den Fluss abfal­len­den Tal­hang, wobei sie wei­ter unmit­tel­bar neben der Lein­lei­ter ver­lief. Bei Kilo­me­ter 7,6 war der Bahn­hof Veil­bronn erreicht. Nach dem Bahn­hof über­quer­te die Bahn zum zwei­ten Male die Staats­stra­ße Gas­sel­dorf – Hei­li­gen­stadt und einen aus dem Lei­dings­ho­fer­tal kom­men­den ziem­lich star­ken Was­ser­lauf. Die Bahn wandt sich dann mäßig nach Nord­we­sten, über­schritt aber­mals die Lein­lei­ter und wech­sel­te nach ganz kur­zem Ver­lauf auf der rech­ten Tal­sei­te wie­der auf das lin­ke Lein­lei­ter­ufer über und erreich­te bei Kilo­me­ter 10,0 den Hal­te­punkt Traindorf.

Wie schon erwähnt, steht das Bahnhofsgebäude in Gasseldorf noch. Es wurde 1922 errichtet und dient heute dem Alpenverein als Heim. Sonntags fahren dort noch Museumszüge der Dampfbahn Fränkische Schweiz vorbei. Wie hier am Vormittag des 23. August 2015 Foto Günther Klebes

Wie schon erwähnt, steht das Bahn­hofs­ge­bäu­de in Gas­sel­dorf noch. Es wur­de 1922 errich­tet und dient heu­te dem Alpen­ver­ein als Heim. Sonn­tags fah­ren dort noch Muse­ums­zü­ge der Dampf­bahn Frän­ki­sche Schweiz vor­bei. Wie hier am Vor­mit­tag des 23. August 2015 Foto Gün­ther Klebes

Die Strecke folg­te wei­ter der Lein­lei­ter und ende­te süd­lich des Mark­tes Hei­li­gen­stadt mit dem End­bahn­hof glei­chen Namens bei Kilo­me­ter 10,9. Die Bahn­li­nie lag in ihrer gan­zen Aus­deh­nung in der For­ma­ti­on des brau­nen oder mitt­le­ren Frankenjura.

Der Per­so­nen­ver­kehr wur­de am 27. Juni 1960 und der Güter­ver­kehr am 26. Mai 1968 ein­ge­stellt. Die Strecke selbst ist ab Bahn­hof Gas­sel­dorf abge­baut wor­den. Von dort ging es ab 1922 Schritt für Schritt wei­ter bis Beh­rin­gers­müh­le. Im Bahn­hofs­ge­bäu­de selbst ist heu­te der Deut­sche Alpen­ver­ein zu Hause.

Quel­le: Gün­ther Kle­bes: Links und rechts der Wie­senttal­bahn. Euro­päi­sche Biblio­thek, Zalt­bom­mel 1984, ISBN 978–90-288‑2801‑8.

Gün­ther Klebes