Arti­kel­se­rie “Ener­gie­wen­de – muss das sein?”: 7. Strom­net­ze – die Achil­les­fer­se unse­rer Infrastruktur

7. Strom­net­ze – die Achil­les­fer­se unse­rer Infrastruktur

Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

Foto: Uberp­rut­ser, CC-BY-SA‑3.0‑nl

Wir haben gese­hen, das Netz ist das Bin­de­glied zwi­schen den Kraft­wer­ken (den Ener­gie­lie­fe­ran­ten) und den ange­schlos­se­nen Nut­zern. Letz­te­re sind unzäh­lig vie­le und jeder bestimmt für sich selbst, wann er wie viel Strom dem Netz ent­nimmt. Die Kraft­wer­ke müs­sen sekun­den­ge­nau exakt die­sen Strom erzeu­gen. Die­ser sucht sich selbst den gün­stig­sten Weg zum Ver­brau­cher. Die über­ge­ord­ne­te Steue­rung muss mit einer zweck­mä­ßi­gen Netz­kon­fi­gu­ra­ti­on sicher­stel­len, dass nir­gend­wo im Netz eine Über­la­stung auftritt.

Kommt es nun an irgend­ei­ner Stel­le im Netz zu einer Abschal­tung, z.B. durch einen tech­ni­schen Defekt, Beschä­di­gung eines Kabels oder der­glei­chen, so ändert sich unmit­tel­bar der Ener­gie­fluss im Netz. Dies kann Über­la­stun­gen und Abschal­tun­gen in benach­bar­ten Netz­tei­len zur Fol­ge haben. Im ungün­stig­sten Fall kommt es zu kas­ka­den­ar­ti­gen Abschal­tun­gen (Domi­no­ef­fekt, Lawi­nen­ef­fekt) mit einem „Black­out“ des gan­zen Net­zes, wenn nicht schnell genug ein­ge­grif­fen und mit geziel­ten Schalt­maß­nah­men die Feh­ler­stel­le iso­liert wird.

Wel­che Stra­te­gien ste­hen der über­ge­ord­ne­te Steue­rung für sol­che Stö­rungs­fäl­le zur Verfügung?

  1. Iso­lie­rung des gestör­ten Netz­ab­schnit­tes und Umlei­tung der Ener­gie­strö­me. Dies beinhal­tet evtl. auch eine ande­re Ver­tei­lung der Ener­gie­strö­me auf ver­schie­de­ne Kraft­wer­ke bzw. Zu- oder Abschal­tung benach­bar­ter Kraftwerke.
  2. Falls dies nicht aus­reicht um das Netz wie­der zu sta­bi­li­sie­ren, wer­den gezielt ein­zel­ne Ver­brau­cher abgeschaltet.
  3. Wenn auch das nicht aus­reicht, und bevor sol­che Lawi­nen­ef­fek­te sich im gan­zen Netz aus­brei­ten, wird das Netz in ein­zel­ne Teil­net­ze auf­ge­trennt, da die Sta­bi­li­sie­rung eines klei­ne­ren Net­zes wesent­lich ein­fa­cher ist. Die Netz­struk­tur wird tem­po­rär von einem zen­tra­len Netz in meh­re­re dezen­tra­le Net­ze geän­dert. Die­se kön­nen dann getrennt wie­der hoch­ge­fah­ren, sta­bi­li­siert und anschlie­ßend wie­der zusam­men geschal­tet (syn­chro­ni­siert) werden.

Die Wahr­schein­lich­keit für einen Black­out des gan­zen Net­zes ist rela­tiv gering. Ein groß­flä­chi­ger kom­plet­ter Strom­aus­fall ist jedoch eine Kata­stro­phe, die gesam­te Infra­struk­tur der betrof­fe­nen Regi­on bricht zusam­men. Das Wie­der­an­fah­ren der ein­zel­nen Kraft­wer­ke, deren Syn­chro­ni­sie­rung und die Wie­der­her­stel­lung des Net­zes kann, je nach Art der Stö­rungs­ur­sa­che, vie­le Stun­den bis Tage dau­ern – je grö­ßer das Netz umso komplizierter.

Dazu hat der Aus­schuss für Tech­nik­fol­gen­ab­schät­zung im Auf­trag des Bun­des­ta­ges eine Stu­die ange­fer­tigt. Die ersten 15 Sei­ten geben schon einen sehr guten Über­blick über die Fol­gen. Sie nennt neben den übli­chen Ursa­chen – tech­ni­sches und mensch­li­ches Ver­sa­gen – auch extre­me Natur­er­eig­nis­se und Ter­ro­ris­mus, vor allem Hacker­at­tacken. Bei die­sen bei­den geht man in Zukunft von einer Zunah­me aus. Ein wei­te­res Ergeb­nis die­ser Stu­die ist, dass dezen­tral orga­ni­sier­te Ener­gie­ver­sor­gungs­sy­ste­me die­se Situa­tio­nen wesent­lich ent­schär­fen könn­ten. Mit weni­gen gro­ßen Kraft­wer­ken ist die Wahr­schein­lich­keit von groß­flä­chi­gen Aus­fäl­len deut­lich höher als mit meh­re­ren klei­nen – dies fin­det bis­her in der Öffent­lich­keit kaum Beachtung.

Es gab in den letz­ten Jah­ren im Euro­päi­schen Netz eini­ge Fäl­le von Netz­aus­fall aus sehr unter­schied­li­chen Ursa­chen, die erst in der letz­ten Stu­fe vor einem tota­len Black­out abge­fan­gen wer­den konn­ten. Bei­spie­le zu den Ursa­chen und dem Ver­lauf sie­he: Strom­aus­fall in Euro­pa im Novem­ber 2006, sowie Euro­päi­sches Ver­bund­sy­stem Abschnitt Störungen.

In den näch­sten Fol­gen wen­den wir uns dem The­ma zu, wie die, in fos­si­len Ener­gie­trä­gern gespei­cher­te Ener­gie, zu elek­tri­scher Ener­gie umge­formt wird und dann der Strom in die Net­ze kommt.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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