Woche der Brü­der­lich­keit: Brücken von Nach­bar­schaft und Gemeinsamkeit

Symbolbild Religion
Sichtbares Zeichen interreligiöser Zusammenarbeit und Freundschaft: Auf der Landesgartenschau 2012 lud das „Zelt der Religionen“ ein, Judentum, Christentum und Islam zu entdecken und näher kennenzulernen. Nun entsteht damit ein lebendiges, interreligiöses und interkulturelles Forum auf dem Markusplatz in Bamberg. Foto: Pressestelle Erzbistum Bamberg/Christoph Gahlau

Sicht­ba­res Zei­chen inter­re­li­giö­ser Zusam­men­ar­beit und Freund­schaft: Auf der Lan­des­gar­ten­schau 2012 lud das „Zelt der Reli­gio­nen“ ein, Juden­tum, Chri­sten­tum und Islam zu ent­decken und näher ken­nen­zu­ler­nen. Nun ent­steht damit ein leben­di­ges, inter­re­li­giö­ses und inter­kul­tu­rel­les Forum auf dem Mar­kus­platz in Bam­berg. Foto: Pres­se­stel­le Erz­bis­tum Bamberg/​Christoph Gahlau

Knapp 30 Ver­an­stal­tun­gen in der „Woche der Brü­der­lich­keit“ im Erzbistum/​Inter­re­li­giö­ser Dia­log vor Ort gelebt und gefördert

(bbk) Stim­men­ge­wirr, Noten­blatt­ge­ra­schel, Instru­men­ten­stim­men. Hek­ti­sches Trei­ben herrscht in der Syn­ago­ge „Or Cha­jim“ der Israe­li­ti­schen Kul­tus­ge­mein­de Bam­berg (IKG). Kein Wun­der, tum­meln sich im Saal doch fast 90 Sän­ger und Instru­men­ta­li­sten – Juden, Chri­sten und Mus­li­me. Maria Becker hebt ein Schild in die Höhe. „Bim Bam, Shab­bat Shalom!“ steht dar­auf. Flugs wird es mucks­mäus­chen­still. Dann fan­gen die Kin­der der Kreis­mu­sik­schu­le Bam­berg, der Städ­ti­schen Musik­schu­le und der IKG an zu sin­gen. Vol­ler Freu­de, wie es der Titel des Kon­zerts, für das sie pro­ben, ver­spricht: „Schi­rej sim­cha – Lie­der der Freu­de“ erklin­gen am 11. März um 18.30 Uhr als ein Teil der „Woche der Brüderlichkeit“.

Seit über 50 Jah­ren laden die Gesell­schaf­ten für Christ­lich-Jüdi­sche Zusam­men­ar­beit zur „Woche der Brü­der­lich­keit“ ein. Vom 9. bis 16. März gibt es auch im Erz­bis­tum Bam­berg vie­le Ange­bo­te – nicht nur rund um das The­ma „Frei­heit – Viel­falt – Euro­pa“. So orga­ni­siert Musik­leh­re­rin Maria Becker erst­mals jenes Kon­zert, das einen Teil zum inter­re­li­giö­sen Dia­log bei­trägt. „Die Beschäf­ti­gung mit Neu­em, zum Bei­spiel ara­bisch ange­hauch­te Lie­der oder Stücke in ande­rer Tona­li­tät, hat die Kin­der zum Nach­fra­gen ange­regt. Durch die Musik wur­de es leicht, Theo­re­ti­sches zum jüdi­schen Leben mit Prak­ti­schem zu ver­bin­den. Jüdi­sche Kin­der leben in einem christ­li­chen Umfeld, ken­nen christ­li­che Lie­der und Fei­er­ta­ge. Umge­kehrt ist es kaum so. Dabei lebt man sei­nen Glau­ben beson­ders an den Fei­er­ta­gen. Die Musik ver­bin­det dabei, vor allem weil die Melo­dien sehr ein­gän­gig sind.“

Rab­bi­ne­rin Ant­je Yael Deu­sel freut sich über das gemein­sa­me Musi­zie­ren von Juden, Chri­sten und Mos­lems: „Die­se Gemein­schaft neh­men die Kin­der mit ins Leben. Je bes­ser wir uns gegen­sei­tig ken­nen ler­nen, desto leich­ter kann Ver­ständ­nis für­ein­an­der wach­sen und Ver­trau­en zuein­an­der ent­ste­hen.“ Gemein­schaft und das Öff­nen des Blick­felds für ande­re ist auch Ziel der „Woche der Brüderlichkeit“.

Pasto­ral­re­fe­ren­tin Bar­ba­ra Göb und Dom­ka­pi­tu­lar Ger­hard Förch sind erz­bi­schöf­li­che Beauf­trag­te für den inter­re­li­giö­sen Dia­log im Deka­nat Bam­berg. Sie wis­sen um die Rele­vanz des inter­re­li­giö­sen Dia­logs: „Für die katho­li­sche Kir­che ist der inter­re­li­giö­se Dia­log, ins­be­son­de­re mit Juden und Mus­li­men, mit denen der Glau­be an den Einen Gott geteilt wird, spä­te­stens seit dem II. Vati­ka­ni­schen Kon­zil ein Kernanliegen.“

Eben­so betont Meh­met Çet­in­de­re, der Vor­sit­zen­de der Tür­kisch-Isla­mi­schen Gemein­de zu Bam­berg: „Wir legen gro­ßen Wert auf die Wer­te, die für den Islam von gro­ßer Bedeu­tung sind und die auch als uni­ver­sel­le Wer­te geschätzt wer­den. Dies sind Prin­zi­pi­en wie Respekt vor Men­schen mit ande­ren reli­giö­sen und welt­an­schau­li­chen Ansich­ten, der Dia­log und die Toleranz.“
Auf­ga­be der Kir­che sei es, so Förch, die jüdi­schen Wur­zeln des christ­li­chen Glau­bens posi­tiv in Erin­ne­rung zu hal­ten, Gemein­sam­kei­ten zu för­dern und im respekt­vol­len Dia­log zu blei­ben. „Seel­sor­ger, Gemein­den, Deka­na­te und Bil­dungs­ein­rich­tun­gen orga­ni­sie­ren Ver­an­stal­tun­gen vor Ort – häu­fig in öku­me­ni­scher Koope­ra­ti­on. Sie tra­gen das Anlie­gen der Woche in die Gemein­den und zu den Menschen.“

Wie sich jeder per­sön­lich für Brü­der­lich­keit zwi­schen Juden, Chri­sten und Mus­li­men ein­set­zen kann, weiß Bar­ba­ra Göb: „Pau­scha­le Feind­bil­der gegen Men­schen ande­rer Reli­gio­nen wider­spre­chen dem christ­li­chen Glau­ben. Es liegt vor allem an jedem Ein­zel­nen, sol­che Feind­bil­der erst gar nicht ent­ste­hen zu las­sen. Das Wich­tig­ste ist, sich an die Gol­de­ne Regel zu hal­ten: Behand­le jeden Men­schen so, wie du selbst behan­delt wer­den möch­test. Das könn­te hei­ßen: Inter­es­sie­re dich für ihn; höre ihm zu; respek­tie­re sei­ne Über­zeu­gun­gen, auch wenn du sie nicht teilst; sei gast­freund­lich; wider­sprich, wenn Pau­schal­ur­tei­le über Men­schen ande­rer Reli­gio­nen oder Kul­tu­ren gefällt wer­den.“ Rab­bi­ne­rin Deu­sel knüpft an: „Jeder von uns ist gehal­ten, den berühm­ten Schritt auf den Ande­ren zuzu­ma­chen. Sonst kann kein Dia­log entstehen.“

„Es ist wich­tig“, so Bar­ba­ra Göb und Ger­hard Förch, „unse­re Geschich­te nicht zu ver­ges­sen. Wenn wir uns nicht mehr für­ein­an­der inter­es­sie­ren, kön­nen nach der Gleich­gül­tig­keit auch Hass und Gewalt wie­der Bahn bre­chen, ohne dass wir es mer­ken.“ Dage­gen stemmt sich die „Woche der Brü­der­lich­keit“ mit knapp 30 Ver­an­stal­tun­gen an acht zen­tra­len Orten im Erzbistum.

Phil­ipp Fischer

Info: Woche der Brüderlichkeit

Die Woche der Brü­der­lich­keit ist eine gemein­sa­me Akti­on von über 80 Gesell­schaf­ten für christ­lich-jüdi­sche Zusam­men­ar­beit. Sie set­zen sich ein für die Ver­stän­di­gung zwi­schen Chri­sten und Juden, den Kampf gegen Anti­se­mi­tis­mus und Rechts­ra­di­ka­lis­mus sowie für ein fried­li­ches Zusam­men­le­ben der Völ­ker und Reli­gio­nen. Beson­ders in Bam­berg ist, dass nicht nur Juden und Chri­sten, son­dern auch Mus­li­me an der „Woche der Brü­der­lich­keit“ betei­ligt sind. Schon seit den 1980er Jah­ren herrscht ein guter Tria­log zwi­schen den drei Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten. Das Gesamt­pro­gramm ist erhält­lich bei der Gesell­schaft für Christ­lich-Jüdi­sche Zusam­men­ar­beit in Fran­ken, König­stra­ße 64, 90402 Nürn­berg oder unter www​.gcjz​-fran​ken​.de.