Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Mit NMR-Spek­tro­sko­pie den Inhalts­stof­fen von Lebens­mit­teln auf der Spur

Für das For­schungs­ge­biet der Lebens­mit­tel­ana­ly­tik ist die magne­ti­sche Kern­re­so­nanz­spek­tro­sko­pie – kurz: NMR – heu­te eine Schlüs­sel­tech­no­lo­gie. Die bun­des­weit ein­zig­ar­ti­gen Kom­pe­ten­zen der Uni­ver­si­tät Bay­reuth in die­sem Bereich wur­den im Juni auf der „Ache­ma 2012“ in Frankfurt/​M. vorgestellt.

„Vie­le Kon­tak­te zu Indu­strie­un­ter­neh­men, ver­bun­den mit kon­kre­ten Per­spek­ti­ven für eine wei­te­re Zusam­men­ar­beit, und indi­vi­du­el­le Gesprä­che mit Stu­di­en­in­ter­es­sier­ten, die auch für uns sehr auf­schluss­reich waren“ – die Bilanz, die PD Dr. Ste­phan Schwar­zin­ger im Rück­blick auf die „Ache­ma 2012“ in Frankfurt/​M. zieht, fällt durch­weg posi­tiv aus. Auf die­ser füh­ren­den euro­päi­schen Fach­mes­se für che­mi­sche Ver­fah­rens­tech­nik und Bio­tech­no­lo­gie hat er in die­sem Jahr erst­mals das For­schungs­zen­trum für Bio-Makro­mo­le­kü­le (FZ BIO­mac) der Uni­ver­si­tät Bay­reuth und das Unter­neh­men ALNu­Med, eine Aus­grün­dung des FZ BIO­mac, vor­ge­stellt. Das Ergeb­nis die­ser Koope­ra­ti­on sind bun­des­weit ein­zig­ar­ti­ge For­schungs- und Ser­vice­kom­pe­ten­zen, unter ande­rem auf dem Gebiet der Lebensmittel-analytik.

NMR – eine neue Schlüs­sel­tech­no­lo­gie für die Lebensmittelanalytik

Um die natür­li­chen Inhalts­stof­fe hoch­wer­ti­ger Lebens­mit­tel zu ana­ly­sie­ren, Rück­schlüs­se auf deren Her­kunft zu zie­hen und Bela­stun­gen durch Che­mi­ka­li­en fest­zu­stel­len, bie­tet die magne­ti­sche Kern­re­so­nanz­spek­tro­sko­pie – kurz: NMR – bis­her uner­reich­te Mög­lich­kei­ten. Auch für inno­va­ti­ve Her­stel­lungs­ver­fah­ren, die wert­vol­le Inhalts­stof­fe scho­nen, und für die mög­lichst lücken­lo­se Siche­rung der Lebens­mit­tel­qua­li­tät sind NMR-gestütz­te Mess­tech­ni­ken weg­wei­send. An der Uni­ver­si­tät Bay­reuth kom­men sie nicht nur bei der Lebens­mit­tel­ana­ly­tik zum Ein­satz, son­dern auch bei struk­tur­bio­lo­gi­schen Fra­gen aus dem Bereich der mole­ku­la­ren Medi­zin und der bio­lo­gi­schen Signalübertragung.

Im For­schungs­zen­trum für Bio-Makro­mo­le­kü­le, das von Prof. Dr. Paul Rösch gelei­tet wird, ist das Nord­baye­ri­sche Zen­trum für hoch­auf­lö­sen­de NMR-Spek­tro­sko­pie ange­sie­delt, wo den For­schern NMR-Gerä­te mit Feld­stär­ken bis zu 900 MHz zur Ver­fü­gung ste­hen. Im Novem­ber 2011 erhiel­ten die Bay­reu­ther For­scher den Zuschlag für das welt­weit zwei­te 1‑GHZ NMR-Spek­tro­me­ter, das lei­stungs­stärk­ste Gerät sei­ner Art.

Honig und Gewür­ze: Mit neu­en Mess­tech­ni­ken zu hoch­wer­ti­gen Produkten

Wie moder­ne NMR-Metho­den die For­schung in die Lage ver­setzt, all­täg­li­che Lebens­mit­tel schnell und prä­zi­se auf ihre Inhalts­stof­fe und damit auch auf ihre Qua­li­tät hin zu über­prü­fen, zeigt bei­spiel­haft die Ana­ly­tik von Honig. ALNu­Med hat hier­für ein spe­zi­el­les Ver­fah­ren ent­wickelt und zum Patent ange­mel­det. Damit las­sen sich inner­halb weni­ger Minu­ten der Was­ser­ge­halt, die Zucker­zu­sam­men­set­zung, Ami­no­säu­re­ge­hal­te und wei­te­re Fak­to­ren bestim­men, wel­che die Qua­li­tät des Honigs beein­flus­sen. Bela­stun­gen durch Che­mi­ka­li­en und Fer­men­ta­ti­ons­pro­duk­te wer­den dabei gleich­falls zuta­ge geför­dert. Und auch über die Metho­den, die bei der Her­stel­lung des Honigs zum Ein­satz gekom­men sind, gibt das neue NMR-gestütz­te Ver­fah­ren Auskunft.

„Ein wich­ti­ges Ziel unse­rer Arbeit ist es, eine NMR-basier­te Schnell­me­tho­de zur Bestim­mung von Sor­te und Her­kunft von Honig zu ent­wickeln – was ein wei­te­rer bedeu­ten­der Bei­trag zur Qua­li­täts­si­che­rung sein wird“, erläu­tert Schwar­zin­ger. „Bei unse­ren Gesprä­chen wäh­rend der Ache­ma wur­de ganz deut­lich: Die Lebens­mit­tel­in­du­strie und eben­so die Ver­brau­cher­schutz­or­ga­ni­sa­tio­nen haben ein star­kes Inter­es­se an einer der­art umfas­sen­den und zugleich schnel­len Lebensmittelanalytik.“

Nicht zuletzt in der nord­baye­ri­schen Regi­on ist die ALNu­Med GmbH des­halb ein zuneh­mend gefrag­ter Gesprächs­part­ner. Eine neue Zusam­men­ar­beit mit einem nam­haf­ten Gewürz­her­stel­ler und mit Part­nern an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth zielt dar­auf ab, die Inhalts­stof­fe von Gewür­zen mit­hil­fe der NMR-Spek­tro­sko­pie zu ana­ly­sie­ren. „Spi­ce­omics“ heißt das Ver­fah­ren, mit dem es bei­spiels­wei­se mög­lich sein wird, Ver­fäl­schun­gen von natür­li­chen Inhalts­stof­fen nachzuweisen.

iMe­tabo­no­mics: Ein neu­er For­schungs­zweig der Lebensmittelwissenschaften

Dank der engen Zusam­men­ar­beit von ALnu­Med, BIO­mac und ande­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen der Uni­ver­si­tät Bay­reuth erhält die Bay­reu­ther Lebens­mit­tel­ana­ly­tik fort­lau­fend neue Impul­se aus der For­schung. Ein noch jun­ges Arbeits­ge­biet ist die inte­grier­te Metabo­no­mik (iMe­tabo­no­mics), die dar­auf aus­ge­rich­tet ist, die Pro­fi­le von Stoff­wech­sel­pro­duk­ten in Orga­nis­men mög­lichst genau zu ermitteln.

Dabei wer­den spe­zi­el­le NMR-Expe­ri­men­te mit ande­ren moder­nen Ana­ly­se­me­tho­den, bei­spiels­wei­se der Mas­sen­spek­tro­me­trie und der opti­schen Spek­tro­sko­pie, in einem Ver­fah­ren gekop­pelt. So kön­nen mit einer ein­zi­gen kur­zen Mes­sung auf mole­ku­la­rer Ebe­ne Spu­ren ent­deckt wer­den, die der Stoff­wech­sel in den natür­li­chen Inhalts­stof­fen von Lebens­mit­teln hin­ter­las­sen hat. Die­se mole­ku­la­ren ‚Fin­ger­ab­drücke‘ erlau­ben den Her­stel­lern von Lebens­mit­teln eine ver­tief­te Qua­li­täts­kon­trol­le, wie sie bis­her nicht mög­lich war – bis hin zum Nach­weis von geo­gra­fi­scher und bota­ni­scher Her­kunft sowie von che­mi­schen und bio­lo­gi­schen Bela­stun­gen, etwa mit Pflan­zen­schutz­mit­teln oder Schimmelpilztoxinen.

Zudem unter­stützt iMe­tabo­no­mics die Ent­wick­lung neu­er Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se, die mit natür­li­chen Inhalts­stof­fen mög­lichst scho­nend umge­hen. Lang­fri­stig wird die­se neue Metho­de zur einem ver­bes­ser­ten Ver­brau­cher­schutz bei­tra­gen und zugleich der deut­lich gestie­ge­nen Zahl der Kon­su­men­ten zugu­te kom­men, die mehr über die Qua­li­tät von Lebens­mit­teln und deren Inhalts­stof­fe erfah­ren wollen.

Ansprech­part­ner:

Prof. Dr. Paul Rösch
PD Dr. Ste­phan Schwarzinger
For­schungs­zen­trum für Bio-Makromoleküle
Uni­ver­si­tät Bayreuth
D‑95440 Bayreuth
Tel. +49 (0)921 55–3540 und 55–2046
E‑Mail: roesch@​unibt.​de / stephan.​schwarzinger@​uni-​bayreuth.​de