Heimatkunde am Sonntag: Gößweinstein

Symbolbild Heimatkunde

„Dieser Marktflecken ist in verschiedener Beziehung merkwürdig und verdient von Fremden, welche die Muggendorfer Gegend besuchen, beachtet zu werden. Er liegt sehr hoch in einer höchst romantischen Felsengegend. Man hat hier an vielen Punkten herrliche Aussichten, vorzüglich von dem Schlosse aus, welches auf einem hohen Felsen liegt, und aus mehreren noch im alterthümlichen Zustande erhaltenen Gebäuden besteht. Es ist Sitz eines Rentamtes, dessen dermaliger Vorstand Hofmann, eine schöne Sammlung ausgestopfter, vorzüglich dort einheimischer Thiere besitzt.

Die abgebildete Postkarte zeigt eine Ansicht von 1899. Repro: Reinhard Löwisch

Die abgebildete Postkarte zeigt eine Ansicht von 1899. Repro: Reinhard Löwisch

Unter allen Orten auf dem Gebirge wird wohl Gößweinstein am häufigsten, und zwar wegen seiner Wallfahrt besucht. Zu gewissen Zeiten strömen hier von allen Seiten mehrere tausend Walleute zusammen, so dass nicht selten ein großes Gedränge entsteht. Die Kirche, welche das Gnadenbild zur hl. Dreifaltigkeit verwahrt, hat zwey Thürme und ist im neurömischen Styl nach Angabe des Obristen Neumann erbaut. Sie wurde 1730 angefangen und 1739 unter dem Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn vollendet. Die Kirche entstand wahrscheinlich aus einer Schlosskaplanei, das Gnadenbild war schon 1461 sehr berühmt“, schrieb der Reiseschriftsteller Josef Heller in seinem berühmten Reiseführer „Muggendorf und seine Umgebungen oder die fränkische Schweiz“ von 1829. Ergänzen könnte man den Text mit einem Gedicht von Victor von Scheffel, nach dem im Ort sogar ein Gasthaus benannt ist:

„Wer dich, o Goswinstein erbaut,
Verbrauchte manch Pfund Heller.
Sigiza, alte Knappenbraut,
Führt uns zum steilen Söller!
Wer hoch dort ob dem Abgrund schwebt,
Dem liegt die Welt zu Füßen,
Und wer vor Runzeln nicht erbebt,
Darf die Sigiza küssen“.


Reinhard Löwisch

Reinhard Löwisch

„Heimatkunde am Sonntag“ ist eine Artikelserie mit historischen Informationen zu Orten in der Fränkischen Schweiz, dankenswerterweise bereitgestellt von Reinhard Löwisch, einem langjährigen Mitarbeiter der Tourismuszentrale Fränkische Schweiz, bekannt durch seine Publikationen zur Waischenfelder Geschichte. Sein jüngstes Werk ist eine Schriftenreihe zur Waischenfelder Geschichte, deren erstes Heft bereits vorliegt: Band eins „Die kriegerische Zeit in Waischenfeld“ mit 44 Seiten und 20 Abbildungen gibt es beim Autor in Affalterthal, Telefon 09197–697740. Erhältlich zum Preis von zehn Euro, plus drei Euro Versandkosten. Selbstabholung gerne nach Ankündigung möglich. Alle Artikel zu „Heimatkunde am Sonntag