Arti­kel­se­rie: Ener­gie­wen­de ja – aber wie? 34. Wel­che Struk­tur soll die neue elek­tri­sche Ener­gie­ver­sor­gung haben? Teil 2

Goliath Poldermolen. Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

Goli­ath Pol­der­mo­len. Foto: Uberp­rut­ser, CC-BY-SA‑3.0‑nl

Bis­her war das Strom­netz im Wesent­li­chen eine Ein­bahn­stra­ße vom Kraft­werk zum Ver­brau­cher. Da sich aber nun Wind‑, Solar- und die ande­ren Strom­erzeu­ger gegen­sei­tig ergän­zen sol­len, müs­sen zumin­dest Tei­le des Net­zes auch bei einer zen­tra­len Struk­tur für einen Zwei­rich­tungs-Ver­kehr aus­ge­baut wer­den. Dies betrifft vor allem die Schalt- und Schutz­ein­rich­tun­gen gegen Über­la­stung der Net­ze (s.a. Kapi­tel 5 und 6)

Nach der Betrach­tung der Kon­se­quen­zen einer zen­tral orga­ni­sier­ten Ener­gie­ver­sor­gung neh­men wir nun eine dezen­tra­le Struk­tur unter die Lupe.

Dezen­tral: Tech­nisch haben wir heu­te die not­wen­di­gen Gerä­te, mit denen sich jedes Haus, in Ver­bin­dung mit Ener­gie­ef­fi­zi­enz und Strom­spar­maß­na­men, selbst mit aus­rei­chend Ener­gie ver­sor­gen könn­te, zumin­dest in länd­li­chen Regio­nen. Dies dürf­te z.Z. bis­her jedoch nur in weni­gen Fäl­len wirt­schaft­lich sein. Dage­gen kön­nen aber in begrenz­ten Regio­nen, z.B. einer Gemein­de, alle unter­schied­li­chen Strom­erzeu­gungs­sy­ste­me zu einem „vir­tu­el­len Kraft­werk“ zusam­men geschal­tet wer­den und die­se Gemein­de aut­ark mit Ener­gie (Strom und Wär­me) ver­sor­gen. Der Begriff „vir­tu­el­les Kraft­werk“ sowie die Bedin­gun­gen für eine wirk­li­che Aut­ar­kie wer­den in einer spä­te­ren Fol­ge betrachtet.

Dass sol­che Lösun­gen funk­tio­nie­ren kön­nen, dafür gibt es schon meh­re­re Bei­spie­le, u.A.: Wild­polds­ried, Wil­lers­dorf nahe Forch­heim oder Goo­geln mit Such­wort „Bio­en­er­gie­dorf“.

Für Bal­lungs­ge­bie­te, wie gro­ße Städ­te und Indu­strie­ge­bie­te, müs­sen noch wei­ter­füh­ren­de Lösun­gen rea­li­siert wer­den, die sich aber alle auch in eine dezen­tral orga­ni­sier­te Struk­tur ein­ord­nen ließen.

Sol­che aut­ar­ken Inseln müss­ten aus Grün­den der Ver­sor­gungs­si­cher­heit im Stö­rungs­fall eben­falls mit­ein­an­der ver­netzt wer­den. Die­se Ver­net­zung fin­det aber nur mit den jeweils unmit­tel­bar benach­bar­ten aut­ar­ken Regio­nen statt, d.h. auf einem rela­tiv nied­ri­gen Lei­stungs­ni­veau. Dadurch wür­den die gro­ßen Ener­gie­au­to­bah­nen über­flüs­sig (mit Höchst­span­nung), die für den Trans­port gro­ßer Ener­gie­men­gen über gro­ße Ent­fer­nun­gen benö­tigt wer­den. Die Not­wen­dig­keit, Tei­le der Net­ze für einen Zwei­rich­tungs-Ver­kehr aus­zu­le­gen, gilt hier auch, jedoch eben­falls auf einem nied­ri­ge­ren Lei­stungs­ni­veau. Eine sol­che Ver­net­zung wür­de aller­dings ein ande­res Netz­ma­nage­ment erfor­dern als das bis­he­ri­ge auf der hohen Lei­stungs­ebe­ne. Hier­bei ist „Netz­ma­nage­ment“ mehr als nur mes­sen und steu­ern der Ener­gie­flüs­se, wie bis­her. Hier­zu gehört jetzt auch eine opti­mier­te Ver­wal­tung mit Vor­aus­pla­nung der Reser­ve­hal­tung, je nach Wet­ter­pro­gno­se und erwar­te­tem Bedarf, z.B. auf­la­den der Spei­cher, evtl. auch eine zeit­op­ti­mier­te Steue­rung des Bedar­fes. All dies wird häu­fig unter dem neu­en Begriff „smart grid“ zusam­men­ge­fasst. Hier­über in einem ande­ren Zusam­men­hang mehr in einer wei­te­ren Folge.

Eine sol­che Struk­tur wäre weni­ger anfäl­lig für Domi­no­ef­fek­te bei einer Stö­rung, egal aus wel­cher Ursa­che. Wenn es doch ein­mal zu solch einem Domi­no­ef­fekt über meh­re­re aut­ar­ke Strom­in­seln käme, dann lie­ße sich deren Aus­wir­kung ein­fa­cher lokal begren­zen. Vor allem lie­ßen sich aber sol­che klei­ne­ren aut­ar­ken Regio­nen nach einem Black­out schnel­ler wie­der hoch­fah­ren, sodass die Beein­träch­ti­gung unse­rer Infra­struk­tur gerin­ger wäre (s.a. Kapi­tel 26, 27 und 29, Risi­ko: Min­de­rung der Ein­tritts­wahr­schein­lich­keit und des Schadensausmaßes).

Ins­ge­samt käme die­se Lösung mit weni­ger gro­ßen Strom­tras­sen aus. Dafür müss­te jedoch die regio­na­le Strom­erzeu­gung ent­spre­chend aus­ge­baut wer­den. Eine dezen­tra­le Struk­tur böte aber zugleich die Vor­aus­set­zung, dass die Wert­schöp­fung durch den Bau und den Betrieb die­ser Anla­gen in der Regi­on bleibt, wie auch die oben ange­führ­ten Bei­spie­le demonstrieren.

Soweit die Betrach­tung der bei­den extre­men Lösun­gen. Wie sieht aber nun die augen­blick­li­che Rea­li­tät der Bemü­hun­gen um eine Ener­gie­wen­de aus? Hier­zu mehr im näch­sten Kapitel.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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