Sonntagsgedanken: Nur fromme, alte Sprüche?
„Keiner von uns lebt sich selber und keiner von uns stirbt sich selber. Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum, ob wir leben oder sterben gehören wir zu Jesus Christus, unserem Herrn, denn dazu ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden, dass er über Lebende und Tote Herr sei.“
Wahrscheinlich kennen Sie diese Zeilen aus der Beerdigungsliturgie. Ich jedenfalls spreche sie immer am offenen Grab. Nun stimmt es zwar, dass gerade beim Tod eines lieben Angehörigen alt vertraute Bibelverse und Gesangbuchlieder Trost spenden können, wo menschliche Worte und Kräfte versagen. Doch möchte ich gerne einmal nachfragen, ob die Trauernden den konkreten Sinn dieser Worte überhaupt verstehen oder ob sie nur an ihnen, an ihrem verletzten, klagenden Herzen vorbeirauschen. Wer nämlich in guten Zeiten keinen Halt, keine Orientierung im christlichen Glauben gefunden hat, wird auch in der Not kaum zu Christus finden. Not lehrt eben nicht nur beten, sondern viele auch fluchen.
Die meisten Menschen leben doch für sich selber, für ihre Wünsche, für ihre Karriere, auch für ihre Sorgen und für ihren Zorn. Die meisten wollen sich selbst gehören. Wer sich aber immer nur um sich selbst dreht, der schmort stets im eigenen Saft, der bekommt einen Drehwurm, verliert den Sinn für die Realität. Erst in der lebendigen Begegnung, in der ehrlichen Auseinandersetzung mit dem Mitmenschen lerne ich mich selbst, meine Fehler und Stärken, besser kennen und kann von anderen lernen, komme also geistig weiter. Dies gilt umso mehr für die Frohe Botschaft von Jesus Christus, dass absolut nichts uns von der Liebe Gottes trennen kann, auch nicht der Tod. Allen Zweiflern, allen Leidenden und Trauernden kann ich nur raten, die glaubensstarken Worte der Bibel immer wieder zu lesen, die stimmungsvollen Lieder unserer Kirche mitzubeten, möglichst auch mitzusingen, damit der Heilige Geist sie so von innen her trösten und stärken kann.
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Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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