ARGE Bamberg hat die Antworten der Parteien auf ihre Wahlprüfsteine

Die „Bamberger Arbeitsgemeinschaft chronisch kranker und behinderter Menschen e.V.“ sandte den Parteien vor den Wahlen in Bayern fünf Fragen als Wahlprüfsteine (WPS) und erhielt Antworten zu Barrierefreiheit und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen von CSU, Grüne, Freie Wähler, SPD, FDP, Linke und ÖDP:
1. Wie soll nach Ihrer Ansicht mehr Barrierefreiheit im ÖPNV, bei Behörden, auf Straßen und Gehwegen, bei Geschäften, Restaurants sowie Wohnungen erreicht werden?
2. Wie fördern Sie die Inklusion an bayerischen Schulen in der neuen Legislaturperiode?
3. Wie wollen Sie mehr schwerbehinderte Menschen in Arbeit bringen / im Beruf halten?
4. Wie fördern Sie künftig die persönliche Assistenz oder häusliche familiäre Pflege?
5. Wie wird die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK 2008) und des Bundesteilhabegesetzes (BTHG 2016) in der nächsten Legislaturperiode konkret berücksichtigt und wie wollen Sie die volle Teilhabe von Menschen mit Behinderungen unterstützen?
Alle Antworten sind unter www.arge-bamberg.de bzw. mit dem beigefügten QR-Code abrufbar

„Bayern barrierefrei 2023“ wollten die Ministerpräsidenten Horst Seehofer (2013) sowie Markus Söder (2018) im gesamten öffentlichen Raum erreichen. Zitate:
CSU: „Wir wollen Ortskerne und Innenstädte lebendig halten und dabei mehr Menschen teilhaben lassen. Dafür muss Barrierefreiheit noch vordringlicher als bisher in allen Planungen bedacht werden.“
Grüne: „Mit einem Barrierefreiheitsgesetz für Bayern schaffen wir außerdem endlich verbindliche Vorgaben für Barrierefreiheit im öffentlichen Raum – in Bayerns Behörden und Verwaltungen, Schulen, Hochschulen etc.“
Freie Wähler: „Mit Blick auf soziale Teilhabe ist Barrierefreiheit für uns die Eingangstür ins Leben, die allen Bürgerinnen und Bürgern gleichberechtigt zur Verfügung stehen muss. Das Hauptaugenmerk muss daher darauf liegen, Teilhabe-Möglichkeiten in Bildung, öffentlichen Gebäuden, im privaten Bereich sowie in allen weiteren Lebensräumen zu schaffen.“
SPD: „Damit die Umsetzung von Barrierefreiheit endlich vorangeht, wollen wir in Bayern ein Sonderinvestitionsprogramm Barrierefreiheit auf den Weg bringen.“
FDP: „Barrierefreiheit ist ein Fundament für die Teilhabe aller Menschen, denn von barrierefreien Zugängen profitieren nicht nur Menschen mit Behinderung.“
Linke: „Wir setzen uns dafür ein, die Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr, bei Behörden, auf Straßen und Gehwegen, in Geschäften und Restaurants sowie bei Wohnungen deutlich zu verbessern.“
ÖDP: „Ein barrierefreier Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, Freizeit- und Kulturangeboten sowie zu allen Verkehrsmitteln des ÖPNV muss selbstverständlich sein.“

Am 26. März 2009 wurde die UN-BRK auch in Deutschland rechtsverbindlich und im Herbst 2012 legte der deutsche Gesetzgeber das Ziel fest, dass der ÖPNV (Öffentliche Personennahverkehr) ab 1. Januar 2022 vollständig barrierefrei ist. Als Top-Barriere nennen 47 Prozent der Menschen mit Behinderung einen schlechten Straßenbelag
(Kopfsteinpflaster). Barrierefrei sind derzeit nur 10 Prozent des Einzelhandels (nach eigenen Angaben) und nur 2 Prozent der Wohnungen in Deutschland. Unter den knapp 30.000 Arbeitgebern mit über 20 Mitarbeitern wird in Bayern die Pflichtquote von 5 Prozent schwerbehinderter Menschen nicht erreicht, ca. 61 Prozent entrichten dafür eine Ausgleichsabgabe (140 bis 720 € pro Monat je nicht besetztem Platz). Beim Freistaat Bayern als Arbeitgeber sank sogar die Quote auf 5,4 Prozent in 2021  (letzte Zahlen) gegenüber noch 5,57 Prozent in 2017.

Bezirk Oberfranken entscheidet über die finanzielle Unterstützung
Eine wichtige Funktion in Bayern haben die sieben Bezirke – hier entscheiden die nun zu wählenden Abgeordneten u.a. über die Ausgaben im sozialen Bereich: „Die  Bezirke sind vor allem verpflichtet, nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften (…) die erforderlichen stationären und teilstationären Einrichtungen für Psychiatrie und Neurologie, für Menschen mit einer Seh-, Hör- oder Sprachbehinderung sowie für Suchtkranke zu errichten, zu unterhalten und zu betreiben; für die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen bereitzustellen, zu unterhalten und zu fördern, soweit sie als zentrale Einrichtungen für das gesamte oder überwiegende Bezirksgebiet  geboten sind und freie Träger hierfür nicht tätig werden.“ (www.innenministerium.bayern.de/suv/wahlen/landbezirk/index.php)
In Oberfranken werden über 90 Prozent des Haushalts (Gesamtvolumen 474,8 Mio. € im Jahr 2023) für die Versorgung der rund 17.000 geistig, seelisch oder körperlich behinderten bzw. pflegebedürftigen Menschen verwendet. „Werden die Mittel für die Assistenz oder nur für Pflegeeinrichtungen eingesetzt? Die Aussagen der Parteien sollte man daher auch bei der Wahlentscheidung beachten“, so Volker Hoffmann, ARGE-Vorstandsmitglied als DGM-Vertreter sowie Vorsitzender vom „Beirat für Menschen mit Behinderung der Stadt Bamberg“.
Der vor über 30 Jahren gegründete gemeinnützige Verein (www.arge-bamberg.de) setzt sich als Sprachrohr von Selbsthilfegruppen für Betroffene engagiert ein. Es hat sich auch schon vieles verbessert. So sind auf dem Domberg mehrere Behinderten-WCs und -Parkplätze eingerichtet worden. Leider sind diese noch nicht barrierefrei
erreichbar, aber die Stadt hat schon Planungen in die Wege geleitet und ab 2024 soll es wieder vorangehen (u.a. Bushaltestelle, Weg am Fürstenportal des Doms). Für Sehbehinderte und Blinde gibt es taktile Elemente sowie Blindenampeln, für Hör-Behinderte Bildschirme mit Anzeigen und zudem immer häufiger Beschreibungen in Leichter Sprache. Eine aktuelle ARGE-Forderung sind z.B. Rampen für den S-Bahn-Halt Süd neben den dort von der DB geplanten Aufzügen, die ja häufig ausfallen.
Im Anhang die Antworten der Parteien auf die fünf Wahlprüfsteine.

2023 WPS Bayern_1 Barrierefreiheit_ARGE

2023 WPS Bayern_2 Inklusion Schule_ARGE

2023 WPS Bayern_3 Arbeit+Beruf_ARGE

2023 WPS Bayern_4 Assistenz+Pflege_ARGE

2023 WPS Bayern_5 UN-BRK_ARGE