Fazit zum KEB@home-Online-Vortrag: „Heimat in globalisierter Welt?“

Mit dem Online-Vortrag „Heimat in globalisierter Welt?“ endete am 02.05.2024 die vierte Staffel der KEB@home-Vorträge der Katholischen Erwachsenenbildung im Erzbistum Bamberg e. V..

Dr. Joachim Klose, Landesbeauftragter für Berlin und Leiter des Grundlagenforums der Konrad-Adenauer-Stiftung, reflektierte den Heimatbegriff vor dem Hintergrund der Globalisierung. Im öffentlichen Diskurs werde von Heimat oftmals erst dann gesprochen, „wenn es bereits zu spät ist“ – wenn also bereits ein Stück Heimat verloren gegangen sei. Der Heimatbegriff wird gerade auch in unserer Zeit gerne von Populisten bemüht. Dies ließe sich mit dem Politikwissenschaftler Guillermo Aveledo Coll als Indiz dafür interpretieren, dass „der Maschinenraum der Demokratie schlecht gewartet“ sei.
Heimat bestimmt sich für Klose v.a. anhand dreier Aspekte, die er als „Standbeine eines dreibeinigen Melkschemels“ illustrierte: Orte, Sozialräume und Narrative verändern sich stets, müssen aber in einem vom Einzelnen aktiv gestalteten Prozess der Beheimatung stabilisiert werden, damit ein Gefühl von Heimat aufkommen kann. Im Laufe des Lebens lösen sich dabei unterschiedliche „Schichten“ von Heimat nacheinander ab, wobei sich die biographisch ersten Schichten (Kindheit und Schulzeit) als besonders prägend erweisen.

Orte

Auf die Frage nach dem wichtigsten, prägendsten Gebäude ihres Heimatortes geben Menschen in Deutschland in absteigender Häufigkeit v.a. drei Antworten: Kirche, Schule, Elternhaus. Trotz sinkender Mitgliedszahlen bleibt die Kirche damit für viele Menschen ein zentraler Ort und sie prägt nach wie vor das Leben derer, die sich in ihr trauen, die dort ihren Nachwuchs taufen lassen oder sich von Angehörigen verabschieden. Am Beispiel der ehemaligen DDR zeigte Dr. Klose: Wo Kirchen profaniert oder gar gesprengt würden, gehe dies für die Bevölkerung oft mit einer tiefen Kränkung des Heimatgefühls einher.
„Man kann Heimat auch verlieren, ohne die Heimat zu verlassen.“ betont der Referent und führt aus, dass bereits 3 – 4% Veränderungen in der Bebauung ausreichten, damit ortsansässige Menschen sich dort weniger beheimatet fühlten.

Sozialraum

Der in Eberswalde geborene Referent warf in seinen Ausführungen immer wieder einen Blick auf die aktuelle demographische Lage im Bundesland Sachsen, das einen „Entwicklungsschub von 55 Jahren innerhalb einer Generation“ erlebt habe. Die Bevölkerung ist innerhalb von 30 Jahren um eine Million Einwohner auf derzeit 4 Millionen geschrumpft. Die Schulabbrecherquote ist hoch (2019 11,9% unter der männlichen Bevölkerung Sachsens); wer die Chance dazu hat, verlässt v.a. den ländlichen Raum – Frauen häufiger als Männer. Wer jedoch keinen Schulabschluss vorweisen kann, ist i.d.R. deutlich weniger mobil. Für die jungen Menschen, die bleiben, ist die Soziallast enorm hoch. Vor diesem Hintergrund weist Dr. Klose auf politische Fehler hin, die 2015 in der Flüchtlingskrise gemacht worden seien: angesichts des in Sachsen ohnehin schon bestehenden Überschusses (oftmals schlecht ausgebildeter) junger Männer sei es keine gute Idee gewesen, v.a. junge, schlecht ausgebildete Männer aus Tunesien auf das Bundesland zu verteilen, selbst obwohl der Ausländeranteil im ländlichen Raum bei unter 2 Prozent geblieben ist.

Narrative

Eine Aufgabe der Kirche sei, öffentlich wahrnehmbar über narrative Sinnprozesse nachzudenken. Im Osten Deutschlands war die Sozialismusutopie ein Narrativ, das nach seinem Zusammenbruch nicht gefüllt wurde – weder von Kirchen noch von Parteien. Bei einem Atheisten-Anteil von 75% seien große Teile der Bevölkerung der ehemaligen DDR nicht mehr für Religion zu erreichen gewesen. Die Zuwanderung engagierter Muslime sei insbesondere für den Osten, wo man lange geglaubt hatte Religion „überwunden“ zu haben, eine „Schocktherapie“.

Heimat hält uns zusammen und damit sie das leisten kann, sollten wir uns um Orte kümmern, um Sozialräume und Narrative, so das Fazit des Referenten. Kirche kann zur Stabilisierung jedes dieser Standbeine von Heimat beitragen.

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