Bam­ber­ger MdL Sowa orga­ni­siert grü­nes Geden­ken 38 Jah­re nach Tschernobyl

Gedenken 38 Jahre nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl. © Lena Voit
Gedenken 38 Jahre nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl. © Lena Voit

Star­ke Hal­tung gegen Atomkraft

Zum 38. Mal jähr­te sich die Reak­tor­ka­ta­stro­phe von Tscher­no­byl, und zum 13. Mal hat­te die grü­ne Stadt­rä­tin und Land­tags­ab­ge­ord­ne­te Ursu­la Sowa zur Gedenk­ver­an­stal­tung an der Tscher­no­byl-Schild­krö­te am Reg­nit­zu­fer bei der Euro­pa­brücke ein­ge­la­den. Als Ver­an­stal­te­rin hält Sowa Jahr für Jahr an dem Geden­ken fest und muss fest­stel­len, dass es Jahr für Jahr immer noch not­wen­dig ist, „bis man end­lich welt­weit gelernt hat, dass Atom­ener­gie nicht unse­re Zukunft bedeu­ten kann.“

Nan­ne Wienands, Grü­nen-Poli­ti­ke­rin aus Wun­sie­del und Mit­in­i­ta­to­rin der Skulp­tur einer schutz­los auf dem Rücken lie­gen­den Schild­krö­te, ist seit 2011 bei den Gedenk­ver­an­stal­tun­gen dabei. Sie mahn­te, dass wir auch heu­te auf einem „ato­ma­ren Pul­ver­fass“ leben, und zeig­te ihre Erschüt­te­rung dar­über, dass bei den Wie­der­auf­bau­plä­nen für die zer­stör­ten Gebie­te in der Ukrai­ne bereits wie­der mit Atom­ener­gie geplant werde.

Wolf­gang Gra­der, grü­ner Stadt­rat und Bezirks­rat, nahm auf die Sym­bol­kraft der Schild­krö­te Bezug, „die für lan­ge Lebens­dau­er, für die Fähig­keit zur Anpas­sung und für Geduld, Aus­dau­er und Weis­heit steht“. In Zei­ten, in denen es ein Zurück­fal­len in die über­holt geglaub­te Atom­ener­gie gebe, sei es ihre Bot­schaft „nicht in Panik zu ver­fal­len, son­dern dem Gegen­wind standzuhalten“.

Vier Vertreter:innen der ‚Bam­ber­ger Grü­nen Jugend (GJ) ver­kör­per­ten die Gene­ra­ti­on, die bereits nach Tscher­no­byl gebo­ren wur­de. So etwa Tere­sa Kres­sel, Vor­stands­mit­glied bei der GJ, wel­che die Suche nach einem End­la­ger für den Atom­müll the­ma­ti­sier­te – ein mas­si­ves Pro­blem für alle Gene­ra­tio­nen der Zukunft. Ihr Kol­le­ge Jonas Langlotz kann sich an die Kata­stro­phe von Fuku­shi­ma erin­nern, die ihn nach sei­nen Wor­ten sehr geprägt hat. Er hält auch heu­te noch eine star­ke Anti-Atom-Bewe­gung für not­wen­dig und dass die Jugend am Pro­zess für eine End­la­ger­su­che wirk­sam betei­ligt wird. Leo­nie Pfa­den­hau­er las aus dem Vor­wort des berühm­ten Romans „Die Wol­ke“ von Gud­run Pau­se­wang, in dem gefragt wird, was die Gesell­schaft aus Tscher­no­byl gelernt hat. Eli­as Leikeb las aus Swet­la­na Ale­xi­je­witschs Buch „Tscher­no­byl – Eine Chro­nik der Zukunft“. Dar­in erin­nert sich ein Mins­ker Wis­sen­schaft­ler am Insti­tut für Ker­ner­n­er­gie, wie er 1986 als einer der ersten auf die hohen Strah­len­mess­wer­te auf­merk­sam wur­de, in sei­nem Freun­des- und Bekann­ten­kreis her­um­te­le­fo­nier­te und war­nen woll­te, aber nie­mand ihm glaubte.

Die Bam­ber­ger Kan­di­da­tin von Bünd­nis 90/​Die Grü­nen für die Euro­pa­wahl, Michae­la Rei­mann, lenk­te den Fokus auf die Euro­päi­sche Uni­on, wo 12 der 27 Mit­glieds­staa­ten Atom­kraft­wer­ke betrei­ben – „ins­ge­samt 100 Anla­gen, das ist ein Vier­tel aller welt­weit betrie­be­nen Anla­gen“. Sie warn­te vor der trü­ge­ri­schen Hoff­nung auf neue Mini-Reak­to­ren, die über­haupt erst 2045 tech­nisch zur Ver­fü­gung ste­hen könn­ten, „und damit viel zu spät, um auf die Kli­ma­kri­se zu reagie­ren“. Klar ver­ur­teilt Rei­mann die knap­pe Ent­schei­dung des Euro­pa­par­la­ments, Atom­kraft als nach­hal­ti­ge Ener­gie ein­zu­stu­fen und damit hohe För­der­mit­tel für For­schung zu ermög­li­chen. „Das ist der fal­sche Weg: Atom­ener­gie ist Ver­gan­gen­heit, nicht Zukunft!“ Immer­hin hofft sie auf Öster­reich und Luxem­burg, die gegen die­sen Beschluss vor Gericht zie­hen wollen.

Lis­sy Dörf­ler-Chri­sta vom Bund Natur­schutz zeig­te sich schockiert dar­über, dass der­zeit in Bay­ern eher Rück­schritt als Fort­schritt bei der Ener­gie­wen­de zu beob­ach­ten sei. Scharf kri­ti­sier­te sie eine Dop­pel­mo­ral, wenn die CSU-Regie­rung einer­seits einen baye­ri­schen End­la­ger­stand­ort von vor­ne­her­ein aus­schlie­ße, ande­rer­seits aber Wind­kraft wegen einer Ver­schan­de­lung der Land­schaft blockiere.

Für Luca Rosen­hei­mer, Kreis­vor­sit­zen­der der Grü­nen Bam­berg-Land und Spre­cher der Grü­nen Ober­fran­ken, mar­kiert die Kata­stro­phe vor 38 Jah­ren aber auch als einen „Aus­gangs­punkt für Hoff­nung“, denn viel habe sich wegen Tscher­no­byl hin zu alter­na­ti­ven Ener­gien und hin zu dezen­tra­ler Strom­ver­sor­gung bewegt. Sei­ne Zuver­sicht ruht auf einer „star­ken Bür­ger­we­gung, die weder das Risi­ko Atom­müll und noch das Risi­ko Reak­tor­un­falls akzeptiert“.

2 Antworten

  1. Tiberius Sempronius Gracchus sagt:

    1957 Wind­sca­le (Sel­la­field), Eng­land, 1979 Three Mile Island (Har­ris­burg), Penn­syl­va­nia, und Church Rock, New Mexi­co, 1986 Tscher­no­byl, Ukrai­ne, 2011 Fuku­shi­ma, Japan: Vor eini­gen Jah­ren „rech­ne­te“ der Kaba­ret­tist Urban Pri­ol vor: Die Wahr­schein­lich­keit eines schwe­ren Reak­tor­un­falls lie­ge nach Anga­ben der Exper­ten bei einem Vor­fall in 10.000 Jah­ren je Mei­ler. Bei durch­schnitt­lich 400 welt­weit betrie­be­nen Anla­gen bedeu­te dies im Mit­tel einen GAU (größ­ter anzu­neh­men­der Unfall) alle 25 Jah­re. Man sei also im Plan.

    Neben Reak­tor­un­fall und End­la­ger­pro­ble­ma­tik ver­schwin­den eini­ge gleich­falls wich­ti­ge Gesichts­punk­te aus dem Fokus: die ent­wei­chen­de Strah­lung im „Nor­mal­be­trieb“, zu dem neben dem eigent­li­chen Kraft­werk die gesam­te Ket­te von Gewin­nung des „Brenn­stoffs“ (Berg­bau, Anrei­che­rung) über Trans­por­te bis zur bis heu­te unge­lö­sten End­la­ge­rung gehört, der immense Ener­gie­auf­wand für Trans­por­te sowie Bau und Betrieb der Anla­gen, viel­fach fos­sil, die weit­räu­mi­ge Ver­seu­chung der Berg­bau­ge­bie­te mit radio­ak­tiv kon­ta­mi­nier­tem Abraum nicht nur durch Unfäl­le wie in Church Rock sowie die Strah­len­be­la­stung der in den Minen Beschäftigten.

    Daß man­che poli­ti­sche Kräf­te jetzt die Kern­ener­gie wie­der vor­an­trei­ben wol­len, ist aus wei­te­ren Grün­den nicht nach­zu­voll­zie­hen. Von Wirt­schaft­lich­keit kann kei­ne Rede sein, ohne hohe Sub­ven­tio­nen und unver­ant­wort­li­che Haf­tungs­aus­schlüs­se läuft nichts. Sämt­li­che Bau­vor­ha­ben für neue Reak­to­ren lau­fen kosten­mä­ßig weit aus dem Ruder. Die Anla­gen benö­ti­gen hohe Kühl­ka­pa­zi­tä­ten, unter ande­rem müs­sen immer wie­der Anla­gen her­un­ter­ge­fah­ren wer­den, weil die Flüs­se zu wenig Was­ser füh­ren oder bereits viel zu warm sind. Die­se Pro­ble­ma­tik wird in Foil­ge des Kli­ma­wan­dels noch gra­vie­ren­der wer­den. Zur Ver­sor­gung mit dem benö­tig­ten Spalt­ma­te­ri­al ist in hohem Aus­maß der Bezug aus poli­tisch insta­bi­len Regio­nen und / oder dik­ta­to­risch regier­ten Staa­ten, also höchst unsi­che­ren Quel­len, erforderlich.

  2. Reiner Pracht sagt:

    Mal goo­geln: Kern­kraft­werk 4. Generation

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