Bay­erns Städ­te schal­ten ihr Licht für den Arten­schutz aus

LBV-Stich­pro­be zeigt, dass sich mehr­heit­lich an neu­es Gesetz gegen Licht­ver­schmut­zung gehal­ten wird – wei­te­re Maß­nah­men zum Arten­schutz in Gemein­den und Pri­vat­gär­ten notwendig

Durch Stra­ßen­be­leuch­tun­gen, Gebäu­de­strah­ler und Wer­be­ta­feln wer­den die Näch­te auch in Bay­ern immer hel­ler. Die­se viel zu inten­si­ve Nacht­be­leuch­tung hat bedroh­li­che Fol­gen für Insek­ten. Als Reak­ti­on wur­den 2019 im Rah­men der Annah­me des erfolg­rei­chen Volks­be­geh­rens Arten­viel­falt – „Ret­tet die Bie­nen!“ gesetz­li­che Vor­ga­ben für Kom­mu­nen beschlos­sen, um die Licht­ver­schmut­zung im Frei­staat zu ver­rin­gern. Fünf Jah­re spä­ter zeigt sich bei einer stich­pro­ben­ar­ti­gen Über­prü­fung baye­ri­scher Innen­städ­te durch den baye­ri­schen Natur­schutz­ver­band LBV (Lan­des­bund für Vogel- und Natur­schutz): Die Vor­ga­ben wer­den mehr­heit­lich ein­ge­hal­ten. „Es ist ein erfreu­li­ches Zei­chen, dass die Städ­te im Frei­staat hier mit gutem Bei­spiel vor­an­ge­hen und unnö­ti­ge Licht­quel­len redu­zie­ren. Doch das kann nur der erste Schritt sein, wenn wir in Bay­ern wie­der mehr Ster­ne und Glüh­würm­chen sehen wol­len“, so der LBV-Vor­sit­zen­de Dr. Nor­bert Schäffer.

Schäf­fer weist gleich­zei­tig dar­auf hin: „Dass Kir­chen und Rat­häu­ser in Bay­erns Innen­städ­ten größ­ten­teils nachts nicht mehr ange­strahlt wer­den, ist ein Anfang mit Vor­bild­cha­rak­ter. Um die ste­tig zuneh­men­de Licht­ver­schmut­zung zu ver­rin­gern und die nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen auf die Arten­viel­falt zu redu­zie­ren, müs­sen auch Gemein­den und Gar­ten­be­sit­zer auf unnö­ti­ges, nächt­li­ches Kunst­licht ver­zich­ten und die Art der Beleuch­tung anpassen.“

Die neue Gesetz­ge­bung durch das Volks­be­geh­ren „Ret­tet die Bie­nen!“ hat­te die Kom­mu­nen in die Pflicht genom­men, die Beleuch­tung öffent­li­cher Gebäu­de nach 23 Uhr aus­zu­schal­ten. Beleuch­te­te Wer­be­ta­feln im Außen­be­reich und soge­nann­te „Him­mels­strah­ler“ sind seit Juli 2019 ver­bo­ten. Durch die syste­ma­ti­sche Über­prü­fung von Web­cams baye­ri­scher Innen­städ­te nach Licht­quel­len zei­gen Ana­ly­sen des LBV, dass die gro­ße Mehr­heit den gesetz­li­chen Vor­ga­ben nach­kommt. „Wir haben dabei rund 70 baye­ri­sche Groß- und Klein­städ­te von Rosen­heim bis Gerolz­ho­fen in Unter­fran­ken über­prüft. 80 Pro­zent davon schal­te­ten die Beleuch­tung ihrer öffent­li­chen Gebäu­de wie Kir­chen, Rat­häu­ser oder Bur­gen spä­te­stens um 23 Uhr ab. Nur 12 Pro­zent lie­ßen die Beleuch­tung auch spä­ter nach­weis­lich noch ange­schal­tet“, berich­tet Nor­bert Schäf­fer. Gemein­den konn­ten bei der Ana­ly­se nicht berück­sich­tigt werden.

Aus Sicht des LBV zeigt die Umset­zung die­ses Teils des Volks­be­geh­rens durch die baye­ri­schen Städ­te deut­lich, wie ein­fach an vie­len Stel­len auf künst­li­che Beleuch­tung ver­zich­tet und damit eine völ­lig unnö­ti­ge Umwelt­be­la­stung ver­mie­den wer­den kann. „Wir appel­lie­ren daher an alle Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, auf die Ein­hal­tung der gesetz­li­chen Vor­ga­ben zu pochen, sofern dies in ihrer Kom­mu­ne noch nicht der Fall ist. Licht­ver­schmut­zung ist für vie­le Arten ein Pro­blem und eines, dass sich eigent­lich sehr ein­fach lösen lässt“, sagt Schäffer.

Aus­wir­kun­gen der Lichtverschmutzung

Die Gefahr für Tier- und Pflan­zen­welt durch die viel zu inten­si­ve Nacht­be­leuch­tung ist wis­sen­schaft­lich erwie­sen. Beson­ders betrof­fen sind Insek­ten – immer­hin wer­den 60 Pro­zent von ihnen erst in der Nach aktiv. Dann wer­den sie von künst­li­chen Licht­quel­len wie zum Bei­spiel Stra­ßen­la­ter­nen ange­zo­gen (der soge­nann­te “Staub­sauger­ef­fekt”), wodurch jeden Som­mer schät­zungs­wei­se 100 Mil­li­ar­den Insek­ten durch Erschöp­fung oder Ver­bren­nen ver­en­den. Doch auch Vögel, Fle­der­mäu­se, Pflan­zen und nicht zuletzt wir Men­schen lei­den unter den nega­ti­ven Fol­gen künst­li­cher Beleuch­tung. Zug­vö­gel ver­lie­ren die Ori­en­tie­rung, beleuch­te­te Stra­ßen wer­den zur Bar­rie­re für licht­scheue Fle­der­mäu­se, Bäu­me unter Stra­ßen­la­ter­nen wer­fen ihre Blät­ter spä­ter ab und wir Men­schen schla­fen schlech­ter. „Wir müs­sen uns klar machen, dass wir mit künst­li­cher Beleuch­tung Tie­ren und Pflan­zen Lebens­räu­me ent­zie­hen. Unser ohne­hin stark gestress­tes Öko­sy­stem gerät damit wei­ter unter Druck“, erklärt Schäffer.

Bewusst­seins­wan­del bei nächt­li­cher Beleuchtung

Um das Pro­blem über­mä­ßi­ger künst­li­cher Beleuch­tung in den Griff zu bekom­men, muss ein Bewusst­seins­wan­del in der Gesell­schaft erfol­gen, der über die aktu­ell vor­ge­schrie­be­nen Maß­nah­men hin­aus­geht. So haben eini­ge Kom­mu­nen inzwi­schen auf umwelt­freund­li­che Stra­ßen­be­leuch­tung umge­stellt und erfül­len dabei die Ansprü­che von Bür­gern, Arten­schutz und Ener­gie­spar­zie­len glei­cher­ma­ßen. Neben Unter­neh­men und Kom­mu­nen ist jede und jeder Ein­zel­ne gefragt, einen Bei­trag zur Reduk­ti­on der künst­li­chen Beleuch­tung zu lei­sten. „Wich­tig ist, dass wir lang­fri­stig ein Umden­ken bei den Men­schen errei­chen“, so Schäf­fer. „Gar­ten­be­sit­ze­rin­nen und Gar­ten­be­sit­zer, die auf eine groß­flä­chi­ge Beleuch­tung ver­zich­ten und ihren Gar­ten natur­nah gestal­ten, wer­den viel­leicht durch den Anblick von Glüh­würm­chen oder Fle­der­mäu­sen belohnt. Nachts die Lich­ter aus­zu­schal­ten, bedeu­tet weni­ger einen Ver­zicht, als eine Chan­ce, der Natur und uns Men­schen glei­cher­ma­ßen etwas Gutes zu tun: die Wohl­tat einer dunk­len Nacht zurückzugewinnen.“


Hin­ter­grund

Über 1,7 Mil­lio­nen Bür­ge­rin­nen und Bür­ger haben 2019 ein Zei­chen für den Erhalt der Arten­viel­falt gesetzt. Mit der Annah­me des Volks­be­geh­rens Arten­viel­falt durch die Baye­ri­sche Staats­re­gie­rung wur­den weit­rei­chen­de Geset­zes­än­de­run­gen und Beschlüs­se zugun­sten der Natur auf den Weg gebracht. Ziel des neu­en Natur­schutz­ge­set­zes ist es, den Ver­lust der bio­lo­gi­schen Viel­falt zu ver­lang­sa­men und besten­falls zu stop­pen. Vie­le Maß­nah­men wur­den seit­her umge­setzt und Initia­ti­ven wie der Baye­ri­sche Streu­obst­pakt ins Leben geru­fen. Fünf Jah­re nach der Erfolgs­ge­schich­te des Volks­be­geh­rens geht der LBV der Fra­ge nach, ob das Volks­be­geh­ren etwas für die Natur bringt, ob es der Natur bereits bes­ser geht und wo noch Hand­lungs­be­darf besteht.

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