Sonn­tags­ge­dan­ken: Der ungläu­bi­ge Thomas

Symbolbild Religion

„Und wenn er nicht gestor­ben ist, dann glaubt er es bis heut noch nicht!“

Mei­ne Freunde,

so könn­te man über den Tho­mas wei­ter fol­gern. Er tut mir rich­tig leid, die­ser arme Kerl. So vie­le bre­chen über ihn den Stab, weil er der „ungläu­bi­ge Tho­mas“ ist. Aber hät­ten wir anders reagiert? Was hät­ten Sie gesagt, wenn Ihnen ein ande­rer berich­tet hät­te, dass ein Toter lebe?
Sind wir doch ein­mal ehr­lich: Wir hät­ten es auch nicht geglaubt.

Mir tut er des­we­gen sehr leid, die­ser Tho­mas. Ich kann mir gut vor­stel­len, dass er schon oft ent­täuscht wor­den ist und des­we­gen die Eupho­rie der ande­ren nicht tei­len kann. Er hat sei­ne Grün­de für sei­ne Zwei­fel und ich sage Ihnen noch etwas: „Ich bewun­de­re ihn sogar, denn Tho­mas hat den Mut, zu sei­nen Zwei­feln zu ste­hen. Er ver­steckt sie nicht. Und ich bin mir sicher, dass ihm sei­ne Zwei­fel weh getan haben, sie sind so etwas wie sei­ne per­sön­li­chen Wun­den. Und er schämt sich ihrer nicht. Mit die­sen Wun­den, sei­nen eige­nen Wun­den, geht er sogar auf den zu, der ihm mit sei­nen äußer­lich sicht­ba­ren Wun­den gegen­über­steht: Chri­stus selbst. Der Ver­wun­de­te und Auf­er­stan­de­ne ver­ur­teilt Tho­mas nicht, er ver­stößt ihn nicht, son­dern ganz im Gegen­teil: Er lässt den ver­wun­der­ten Tho­mas sei­ne eige­nen Wun­den berüh­ren. Und genau dadurch erfährt Tho­mas nicht nur Lie­be, Barm­her­zig­keit und Wohl­wol­len. Nein, er erfährt Heil und Leben, weil der, der ihm nicht als der Per­fek­te, nicht als gro­ßer strah­len­der Sie­ger gegen­über­steht, son­dern als der Ver­wun­de­te, der aber den Tod besiegt hat. Des­we­gen erfährt Tho­mas, dass des­sen Wun­den sei­ne wun­den Stel­len, sei­ne Zwei­fel hei­len. Tho­mas erfährt Leben.

Und das bedeu­tet nun für mich und für dich, für uns alle, dass auch wir mit all unse­ren Wun­den, mit unse­ren Ver­let­zun­gen, mit unse­ren Zwei­feln und Unvoll­kom­men­hei­ten auch zu IHM kom­men dür­fen. Weil er sel­ber ver­wun­det wur­de, kann er uns wirk­lich gut ver­ste­hen: Er, der ver­wun­det wur­de, wür­de sich nie über uns erhe­ben, wie es so aber in unse­rem Mit­ein­an­der unter­ein­an­der oft geschieht. Nein, er kann mit uns mit­füh­len so wie mit dem Tho­mas, und er möch­te uns, wie dem Tho­mas, Heil und Leben schen­ken, weil er will, dass auch unse­re Wun­den hei­len. Das ist für mich ein wei­te­rer Teil der öster­li­chen Bot­schaft: Ich darf, so wie ich bin, mit allem, was mir sel­ber weh tut, mit mei­nen Wun­den, zu ihm kom­men, weil er mit mir mit­füh­len kann und es auch tut. Denn er ist und bleibt, auch als Auf­er­stan­de­ner, der, der ver­wun­det wurde.

So kön­nen mei­ne Wun­den, mei­ne wun­den Stel­len, die Stel­len, die mir sel­ber weh tun, die wun­den Stel­len, in denen ich und ande­re oft her­um­rüh­ren, heilen.

So wün­sche ich Ihnen den Mut, auch zu Ihren Zwei­feln zu ste­hen und mit allem, was Sie bela­stet, zu ihm, dem Auf­er­stan­de­nen zu gehen. Er ver­steht Sie, er zieht Ihnen nicht den Schutz von ihren wun­den Stel­len weg, um, wie so vie­le, dar­in her­um­zu­rüh­ren, son­dern er ver­steht Sie, fühlt mit Ihnen und will durch sei­ne Wun­den Ihnen Heil und Hei­lung schenken.

Haben Sie dazu den Mut! Er weiß, wie Sie sich fühlen.

Aber ver­su­chen wir auch andern zu hel­fen, dass deren Wun­den hei­len können.

Klaus Weig­and


Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Infos zu Pfar­rer Klaus Weigand

  • Gebo­ren 1966 in Erlen­bach am Main (Unter­fran­ken)
  • Abitur am The­re­sia­num in Bam­berg 1989
  • Stu­di­um der Kath. Theo­lo­gie in Bam­berg und Wien
  • Prie­ster­wei­he 1998
  • Tätig­kei­ten:
  • Fürth, Christ­kö­nig von 1997 – 2010
  • Bucken­ho­fen als Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor 2010 – 2015
  • seit 2015 in Herolds­bach und Hausen

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