Zen­tral­stel­le Cyber­crime Bay­ern: Mil­li­ar­den­schä­den durch die Betrugs­ma­sche „Pig-But­che­ring-Scam“

Bay­erns Justiz­mi­ni­ster Eisen­reich: „Allein bei der Zen­tral­stel­le Cyber­crime Bay­ern in Bam­berg sind seit 2021 bereits 370 Fäl­le ange­zeigt worden.“

Nach Recher­chen von Inve­sti­ga­tiv-Jour­na­li­sten und Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen wer­den in süd­ost­asia­ti­schen Betrugs­fa­bri­ken zehn­tau­sen­de Men­schen dazu gezwun­gen, Inter­net-Nut­zern aus der gan­zen Welt mit Fake-Pro­fi­len das Erspar­te abzu­neh­men. Bay­erns Justiz­mi­ni­ster Georg Eisen­reich: „Ver­bre­cher­syn­di­ka­te haben sich mit die­ser Betrugs­ma­sche nach einer Ana­ly­se des Büros der Ver­ein­ten Natio­nen für Dro­gen- und Ver­bre­chens­be­kämp­fung in nur einem Land der Mekong-Regi­on zwi­schen 7,5 und 12,5 Mil­li­ar­den US-Dol­lar erschli­chen. Allein bei der Zen­tral­stel­le Cyber­crime Bay­ern (ZCB) sind seit 2021 bereits 370 Fäl­le auf etwa 330 Platt­for­men ange­zeigt worden.“

Ermitt­ler spre­chen von der Betrugs­me­tho­de „Tra­ding-Scam“, die Täter spre­chen ver­ächt­lich von „Pig-But­che­ring“ (deutsch: „Schwei­ne­schlach­ten“).

Wie funk­tio­niert der Schwindel?

Die „Scam­mer“ (eng­lisch für „Betrü­ger“) locken im Inter­net mit Lie­bes- und Geld­ver­spre­chen. Anders als beim „Love Scam“, dem moder­nen Hei­rats­schwin­del, täu­schen die Betrü­ger beim Tra­ding-Scam aber kei­ne Geld­pro­ble­me vor. Eisen­reich: „Erst bau­en die Täter eine emo­tio­na­le Bin­dung auf. Dann über­re­den sie ihre Opfer, in Kryp­to­wäh­run­gen auf gefälsch­ten Tra­ding-Platt­for­men oder ‑apps zu inve­stie­ren. Am Ende ist alles weg – das Geld und die Lie­be. Allein der bis­lang bei der ZCB ange­zeig­te Gesamt­scha­den beläuft sich auf etwa 29 Mil­lio­nen Euro. In die­sem Jahr sind bei der ZCB bereits 48 Anzei­gen mit einem Gesamt­scha­den von 2,6 Mil­lio­nen Euro ein­ge­gan­gen. Der durch­schnitt­li­che finan­zi­el­le Scha­den liegt bei knapp 80.000 Euro.“ Der Scha­den ist aber nicht nur finan­zi­ell groß, auch die psy­chi­schen Fol­gen für die Geschä­dig­ten sind dra­ma­tisch. „Vie­le brin­gen die Tat aus Scham nicht zur Anzei­ge. Es dro­hen Depres­sio­nen und Angst­zu­stän­de. Zwei Geschä­dig­te waren in den ver­gan­ge­nen Jah­ren so ver­zwei­felt, dass sie sich das Leben nah­men“, warnt der Justizminister.

Men­schen­recht­le­rin schil­dert kata­stro­pha­le Zustän­de in süd­ost­asia­ti­schen Betrugsfabriken

Auch die Betrugs-Zwangs­ar­bei­ter sind Opfer. Sie stam­men häu­fig aus asia­ti­schen Län­dern und wer­den mit attrak­ti­ven Job-Ange­bo­ten im Inter­net vor allem nach Kam­bo­dscha, Laos oder Myan­mar gelockt. Dort wer­den sie nach Recher­chen von Inve­sti­ga­tiv-Jour­na­li­sten und Orga­ni­sa­tio­nen wie Huma­ni­ty Rese­arch Con­sul­tan­cy (HRC) in gro­ßen Gebäu­de­kom­ple­xen gefan­gen gehal­ten und zum Betrug gezwun­gen. Die Grün­de­rin der Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­ti­on Huma­ni­ty Rese­arch Con­sul­tan­cy, Mina Chiang, berich­tet über kata­stro­pha­le und men­schen­ver­ach­ten­de Zustän­de in den Betrugs­fa­bri­ken: „Hun­dert­tau­sen­de Men­schen sind bereits als Zwangs­ar­bei­ter Opfer die­ses grenz­über­schrei­tend orga­ni­sier­ten Ver­bre­chens gewor­den, wäh­rend Kri­mi­nel­le in alar­mie­ren­dem Tem­po Mil­li­ar­den von Dol­lar anhäu­fen. Es besteht drin­gen­der Hand­lungs­be­darf, um durch die glo­ba­le Zusam­men­ar­beit von Regie­run­gen die Aus­brei­tung von Betrugs­fa­bri­ken zu stop­pen, wobei ein Kon­sens auf höch­ster Ebe­ne erreicht wer­den muss. HRC arbei­tet bereits eng mit Regie­run­gen zusam­men und bie­tet Stra­te­gien zur Unter­bin­dung kri­mi­nel­ler Akti­vi­tä­ten an. Unser Ziel ist es, die Draht­zie­her zur Rechen­schaft zu zie­hen und gleich­zei­tig die erfolg­rei­che Wie­der­ein­glie­de­rung der Zwangs­ar­bei­ter und jun­gen Straf­tä­ter in die Gesell­schaft zu gewähr­lei­sten, um so eine erneu­te Vik­ti­mi­sie­rung oder wei­te­re kri­mi­nel­le Akti­vi­tä­ten zu verhindern.“

Eisen­reich: „Was in den Betrugs­fa­bri­ken pas­siert, ist nichts ande­res als moder­ne Skla­ve­rei. Unse­re Spe­zia­li­sten der Zen­tral­stel­le Cyber­crime Bay­ern koope­rie­ren bei der Straf­ver­fol­gung mit natio­na­len und inter­na­tio­na­len Part­nern.“ Mit der 2015 bei der Gene­ral­staats­an­walt­schaft Bam­berg gegrün­de­ten ZCB hat die baye­ri­sche Justiz den Ver­fol­gungs­druck ins­ge­samt auf inter­na­tio­nal agie­ren­de Betrugs­netz­wer­ke erhöht.

Hin­weis für Betroffene:

Bay­erns Justiz­mi­ni­ster Georg Eisen­reich rät Betrof­fe­nen: „Schau­en Sie online genau hin, wer Sie anschreibt – vor allem, wenn die Per­son nach dem Erst­kon­takt schnell vom Dating-Por­tal zu Mes­sen­ger-Dien­sten wech­seln möch­te und nie für ein per­sön­li­ches Tref­fen oder ein Video­te­le­fo­nat zur Ver­fü­gung steht. Sei­en Sie miss­trau­isch, wenn von Ihnen Zah­lun­gen in Kryp­to­wäh­run­gen ver­langt wer­den. Noch ein Tipp: Mit Inter­net­such­ma­schi­nen las­sen sich Fake-Pro­fi­le unter Umstän­den auf­decken. Beson­ders wich­tig ist: Zei­gen Sie die Täter an. Jeder kann Opfer die­ser Betrugs­ma­sche wer­den. Selbst Top­ma­na­ger sind schon auf Tra­ding-Schwind­ler hereingefallen.“


Infor­ma­tio­nen zu der Zen­tral­stel­le Cyber­crime Bay­ern in Bam­berg unter https://​www​.justiz​.bay​ern​.de/​g​e​r​i​c​h​t​e​-​u​n​d​-​b​e​h​o​e​r​d​e​n​/​g​e​n​e​r​a​l​s​t​a​a​t​s​a​n​w​a​l​t​s​c​h​a​f​t​/​b​a​m​b​e​r​g​/​s​p​e​z​i​a​l​_​1​.​php

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