Poli­ti­scher Ascher­mitt­woch in Bad Staffelstein

Holger Then (2. Bgm. Bad Staffelstein), MdB Emmi Zeulner, Monika Hohlmeier (MdEP), Dr. Johannes Hahn (EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung) und Moderator Fredi Breunig.
Holger Then (2. Bgm. Bad Staffelstein), MdB Emmi Zeulner, Monika Hohlmeier (MdEP), Dr. Johannes Hahn (EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung) und Moderator Fredi Breunig.

Schluss mit Lustig?

Am Ascher­mitt­woch ist bekannt­lich alles vor­bei. Beim poli­ti­schen Ascher­mitt­woch in Bad Staf­fel­stein wird dies deutlich.

Im Gegen­satz zu ande­ren Ver­an­stal­tun­gen war es eher ruhig in der Peter‑J.-Moll Hal­le in Bad Staf­fel­stein, in wel­cher der dies­jäh­ri­ge poli­ti­sche Ascher­mitt­woch statt­fand. Hier ging es haupt­säch­lich um die im Juli statt­fin­den­de Wahl zum Euro­päi­schen Par­la­ment, die Poli­tik der Ampel­re­gie­rung in Ber­lin wur­de nur gestreift. Doch die Rede des EU-Kom­mis­sars für Haus­halt und Ver­wal­tung Dr. Johan­nes Hahn mach­te schnell deut­lich, was er von den Anwe­sen­den fordert.

Monika Hohlmeier im Gespräch mit Dr. Johannes Hahn

Moni­ka Hohl­mei­er im Gespräch mit Dr. Johan­nes Hahn

Mode­riert vom Kaba­ret­ti­sten Fre­di Breu­nig und beglei­tet von der Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ten und Vor­sit­zen­den im Haus­halts­kon­troll­aus­schuss Moni­ka Hohl­mei­er betrat er unter gro­ßem Applaus die Büh­ne. Und dass die Che­mie zwi­schen der Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ten und dem EU-Kom­mis­sar stimmt, das merk­te man schnell bei der Vor­stel­lung. „Ich bin ja für die Finan­zen zustän­dig und Moni­ka (Hohl­mei­er) kon­trol­liert mich. Dar­um hab ich graue Haa­re und sie blon­de“, kam es von Dr. Johan­nes Hahn. Doch schnell wur­de er wie­der ernst, als er auf die aktu­el­le und zukünf­ti­ge Euro­pa­po­li­tik zu spre­chen kam. Es wird klar: Der Wahl­kampf ist eröff­net. „Die EU-Insti­tu­tio­nen – das unbe­kann­te Wesen“, so begann Dr. Hahn. „Was vie­len nicht klar ist: 80 Pro­zent der natio­na­len Gesetz­ge­bung basiert auf EU-Regeln“, fuhr er fort. „Und genau dar­um ist es wich­tig, wer letzt­lich im EU-Kabi­nett sitzt.“ Es gebe aktu­ell kei­ne auto­ma­ti­sche Mehr­heit im Par­la­ment, man müs­se für alles immer eine Mehr­heit suchen, was die par­la­men­ta­ri­schen Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten erheb­lich ein­schrän­ke. Er warf einen Blick in die Zukunft, und der sagt mehr als deut­lich, dass aktu­ell Schluss mit Lustig ist.

„Wir waren bis­her in drei Kom­fort­zo­nen: Wir hat­ten bil­li­ge Ener­gie aus dem Osten, bil­li­ge Tech­no­lo­gie aus Fern­ost und den Sicher­heits­schirm der USA. All das ist aktu­ell nicht mehr gege­ben.“ Eine gemein­sa­me Stra­te­gie wäre nicht vor­han­den und man ver­zet­te­le sich in den Anfor­de­run­gen der Syste­me. „Statt 23 ver­schie­de­ne Arten von Kampf­flie­gern müs­sen wir uns auf eines eini­gen, um effek­tiv zu wer­den.“ Und das, so Hahn wei­ter, kann nur gelin­gen, wenn man ein eini­ges Par­la­ment hat. Laut der NATO-Vor­ga­be sol­len alle Mit­glieds­staa­ten zwei Pro­zent sei­ner Wirt­schafts­lei­stung für die Ver­tei­di­gung aus­ge­ben. „Und wir geben dabei zu viel Geld für zu vie­le Syste­me aus, die unter­ein­an­der nicht kom­pa­ti­bel sind.“ Man habe zwar einen gemein­sa­men Ver­tei­di­gungs­haus­halt in der EU von acht Mil­li­ar­den Euro für die näch­sten sie­ben Jah­re, aber das wür­de bei wei­tem nicht ausreichen.

Auch beim The­ma Ener­gie und Digi­ta­li­sie­rung müs­se mehr getan wer­den. „Nach dem Angriffs­krieg Putins gegen die Ukrai­ne haben wir bewie­sen, es geht auch ohne Gas und Öl aus Russ­land.“ Eine Ursa­che für die Aggres­si­on Putins gegen die Ukrai­ne sei in sei­nen Augen, dass der Wohl­stand Euro­pas an die Tür Russ­lands geklopft habe. „Wir haben in Euro­pa Frei­heit, Sicher­heit und Wohl­stand. Wir dür­fen immer unse­re Mei­nung sagen, und das ist nicht über­all mög­lich. Wir haben über 200 Län­der auf der Erde, doch in 70 Pro­zent herrscht eine Auto­kra­tie. Die Demo­kra­tie ist ein Min­der­heits­pro­gramm.“ Und so wür­de Euro­pa zum Ziel der Men­schen, die sich nach die­ser Sicher­heit seh­nen. „Sie wis­sen, was sie in Euro­pa erwar­tet.“ Doch müs­se man die Vor­aus­set­zun­gen schaf­fen, dass die Men­schen­grup­pen, die sich nicht inte­grie­ren, son­dern uns ändern wol­len, nicht zu uns kom­men. Und das, so Hahn, bedür­fe siche­rer Außen­gren­zen. Nur so kön­ne man die Ein­wan­de­rung steu­ern, die Fach­kräf­te ins Land holen, die man brau­che. „Euro­pa über­al­tert. Hier liegt das Durch­schnitts­al­ter bei cir­ca 40 bis 42 Jah­ren, in den afri­ka­ni­schen Län­dern bei etwa 21 Jah­ren.“ Zah­len, die zum Nach­den­ken anregen.

Doch brau­che man eine gemein­sa­me Sicher­heits­po­li­tik, gemein­sam mit den NATO-Part­nern. „Staa­ten haben kei­ne Freun­de, nur Inter­es­sen.“ Ein Zitat, das Charles de Gaul­le zuge­spro­chen wird. Und man brau­che die­se gemein­sa­men Inter­es­sen, um ein siche­res und blü­hen­des Euro­pa zu schaf­fen und zu bewah­ren. „Wir müs­sen die Risi­ken mini­mie­ren und die Abhän­gig­kei­ten redu­zie­ren.“ Das gel­te auch im Roh­stoff­be­reich. „Wir wer­fen jedes Jahr etwa 100 Mil­lio­nen Han­dys ein­fach weg in der EU. Wür­de man die­se recy­celn und die Roh­stof­fe zurück­ge­win­nen, so ist dies ein wert­vol­ler Bei­trag zur Kosten­sen­kung und man spart die Roh­stof­fe ein.“ Nur so kön­ne Euro­pa auf Dau­er wett­be­werbs­fä­hig wer­den und blei­ben. „Im Jahr 1900 betrug der Bevöl­ke­rungs­an­teil Euro­pas etwa 25 Pro­zent. Heu­te sind es nur noch sechs Pro­zent, Ten­denz fal­lend.“ Indi­en und Chi­na wären die am stärk­sten wach­sen­den Staa­ten. Daher brau­che man einen star­ken euro­päi­schen Bin­nen­markt. Und so schloss sich für Hahn der Kreis. „Nur ein Par­la­ment, in wel­chem man ordent­li­che Mehr­hei­ten hat, kann ein star­kes, geein­tes Euro­pa in die Zukunft beglei­ten.“ Er rief dazu auf, zu wäh­len und sein Kreuz an der rich­ti­gen Stel­le zu machen.

In der anschlie­ßen­den Fra­ge­run­de war vor allem die über­bor­den­de Büro­kra­tie ein The­ma. Zu vie­le Rege­lun­gen, zu viel bis ins Klein­ste regle­men­tiert, so der Vor­wurf. Als Bei­spiel führ­te Fre­di Breu­ning an: „Die Zehn Gebo­te ent­hal­ten 279 Wör­ter, die Ver­ord­nung der Euro­päi­schen Gemein­schaft über den Import von Kara­mell­bon­bons aber exakt 25.911!“ Moni­ka Hohl­mei­er konn­te sich dabei das Lachen nicht ver­knei­fen, ist dies doch ein Zitat einer fik­ti­ven Erklä­rung, die einst ihr Vater, Franz-Josef Strauß, 1986 geprägt hat. Sei es auch über­spitzt, so zei­ge es aller­dings das, was man bei den Bür­gern sähe, so Hahn. „Es muss neu gere­gelt wer­den. Regeln und Geset­ze brau­chen ein Ver­falls­da­tum, bei dem über­prüft wird, ob die­se noch gül­tig sein müs­sen oder einer Über­ar­bei­tung oder Abschaf­fung bedür­fen. Und es muss gel­ten: Eine alte Regel muss einer neu­en Regel wei­chen.“ Eine For­de­rung, die auf gro­ße Zustim­mung stieß. Hol­ger Then woll­te wis­sen, was denn von der EU bei den Kom­mu­nen ankä­me und er warf ein, dass das System der inter­na­tio­na­len Aus­schrei­bun­gen inef­fek­tiv und teu­er sei. Dr. Hahn ver­wies dar­auf, dass man zwar in vie­len Gegen­den mög­li­cher­wei­se gut auf­ge­stellt sei, was Unter­neh­men beträ­fe, ande­re hin­ge­gen nicht. Auch sei es am Ende so, dass auch die Unter­neh­men vor Ort von die­sen Aus­schrei­bun­gen pro­fi­tie­ren, kön­nen sie sich doch um Auf­trä­ge an Orten bewer­ben, zu denen sie anson­sten kei­nen Zugang hät­ten. Emmi Zeul­ner warf ein, dass das System schlan­ker wer­den müs­se. Moni­ka Hohl­mei­er füg­te an, dass mitt­ler­wei­le rund 50 Pro­zent der Arbeits­plät­ze vom euro­päi­schen Bin­nen­markt abhän­gig wären. „Die EU fin­det im All­tag statt“, bemerk­te sie und kam auf den von der AfD gefor­der­ten Dexit zu spre­chen. „Fra­gen Sie mal die Bri­ten, wie sie den Brexit jetzt sehen, wo die Rega­le leer sind. Das droht uns in dem Fall auch.“

Nach der Diskussion (v. li.) Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner, JU-Ortvorsitzender in Bad Staffelstein Peter Büttner, MdEP Monika Hohlmeier, Zweiter Bürgermeister Holger Then, Kreisvorsitzende der CSU-Frauenunion Lichtenfels Kathrin Roth und Dr. Johannes Hahn.

Nach der Dis­kus­si­on (v. li.) Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Emmi Zeul­ner, JU-Ort­vor­sit­zen­der in Bad Staf­fel­stein Peter Bütt­ner, MdEP Moni­ka Hohl­mei­er, Zwei­ter Bür­ger­mei­ster Hol­ger Then, Kreis­vor­sit­zen­de der CSU-Frau­en­uni­on Lich­ten­fels Kath­rin Roth und Dr. Johan­nes Hahn.

Wei­te­re Fra­gen betra­fen die Schul­den­brem­se. „Die EU darf kei­ne Schul­den machen, das ist so gere­gelt“, so Dr. Hahn. „Und auf natio­na­ler Ebe­ne muss man immer prü­fen, ob Aus­ga­ben gerecht­fer­tigt sind, ob sie so noch sinn­voll und nötig sind.“ Moni­ka Hohl­mei­er ergänz­te, dass die Grie­chen mitt­ler­wei­le ungläu­big auf Deutsch­land schau­en. „Die kom­men inzwi­schen mit ihrem Geld bes­ser zurecht als wir hier“, war ihr Fazit. Und auch sie ist gegen die Mög­lich­keit, dass die EU Schul­den machen könne.

Die Dis­kus­si­on wur­de von den Zuschau­ern in der voll besetz­ten Hal­le mit gro­ßem Inter­es­se ver­folgt. Dr. Hahn mach­te sei­nen Stand­punkt auf char­man­te Wei­se deut­lich und es dürf­te am Ende jedem klar gewor­den sein, dass Euro­pa sich sei­ner Stär­ke bewusst wer­den muss und nur durch die Teil­nah­me an der Wahl die­ses mög­lich sein wird.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert