Sonntagsgedanken: Nehmen und Geben

Symbolbild Religion

Ein junges Paar will heiraten. Die beiden sind arm. So schreiben sie in der Einladung an die Gäste: Bringt alle eine Flasche Wein mit. Im Festsaal wird ein großes Fass stehen, dort schüttet den Wein hinein. Wenn dann das Fest beginnt, können wir für alle daraus schöpfen und trinken. So geschah es, alle Gäste kamen und schütteten ihre Flaschen in das Fass, und als das Mahl begann, schöpften die Tischdiener daraus und brachten allen Gästen ein Glas davon. Doch wie erschraken alle, als sie merkten:
Es war nur Wasser in den Gläsern. Und alle begriffen, dass sie alle das gleiche gedacht hatten: Ich bringe nur Wasser mit, das ist billiger, und die eine Flasche Wasser in dem großen Fass Wein wird niemand merken. So waren sie alle beschämt, und das Fest fand nicht statt.

Meine Lieben Freunde,

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel …

vielleicht ist Ihnen diese Kurzgeschichte ja auch bekannt. Aber ich frage Sie: Steht sie nicht für viele Menschen – bzw. für ihr Verhalten heute? Nehmen ja, aber geben nein.

In der letzten Woche haben wir am 4. Oktober den Hl. Franz von Assisi gefeiert. Der Hl. Franz, der ein Lebemensch war, der sich in seinem sorglosen und ausschweifenden Lebenswandel nur um sich selbst sorgte, erfuhr plötzlich, worauf es wirklich ankommt: nicht auf Besitz, nicht auf Reichtum, Macht oder Karriere, sondern auf Ehrfurcht, Nächstenliebe und Barmherzigkeit.

Sollten wir nicht anfangen, auch so miteinander umzugehen? In Bayern sind an diesem Sonntag Landtagswahlen. Viele Menschen sind enttäuscht von den Politikern und sagen, dass diese nur ihre eigenen Schäfchen ins Trockene bringen möchten. Aber warum zeigen wir nur auf die anderen? Fragen wir uns doch selbst einmal: Wie sieht es mit mir aus und meinem Einsatz für andere? Nein, nicht in der großen Politik, weder in Berlin noch in München, wird die Welt verändert, sondern durch dich und durch mich.

Ich musste persönlich auch die Erfahrung machen, dass man oft nur ausgenutzt wird, dass man immer für andere da sein muss, aber oft alleine dasteht, wenn man jemanden bräuchte.

Für mich gehört es nicht nur zum Christsein, sondern generell zu einer menschlichen Gesellschaft, auch füreinander da zu sein, ehrfürchtig zu sein.

Wenn wir damit anfangen, nicht länger auf Kosten anderer zu leben, sondern uns selber einzubringen, dann können wir viel bewirken. Wir können nicht die ganze Welt verändern, aber um uns herum können wir es sehr wohl.

Ich wünsche Ihnen zum einen, niemals die Erfahrung machen zu müssen, dass Sie einfach immer nur ausgenutzt werden und allein gelassen sind, sondern dass Sie immer Menschen haben, die für Sie da sind. Aber ich wünsche Ihnen auch den Mut, sich selbst einzubringen und im Rahmen Ihrer Möglichkeiten, anderen beizustehen.

Und wenn wir so miteinander umgehen, werden wir auch umdenken in Bezug auf die Schöpfung und auch hier nicht länger radikal und rücksichtslos mit dieser umgehen. Wir werden dann nicht länger auf Kosten der Umwelt und Schöpfung leben.

Es kommt ganz auf Sie an.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag und eine gute Woche.

Klaus Weigand


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Infos zu Pfarrer Klaus Weigand

  • Geboren 1966 in Erlenbach am Main (Unterfranken)
  • Abitur am Theresianum in Bamberg 1989
  • Studium der Kath. Theologie in Bamberg und Wien
  • Priesterweihe 1998
  • Tätigkeiten:
  • Fürth, Christkönig von 1997 – 2010
  • Buckenhofen als Pfarradministrator 2010 – 2015
  • seit 2015 in Heroldsbach und Hausen