Coburgerinnen und Coburger klagen regelmäßig über mangelnde Hausärzte

„Ich finde keinen Hausarzt – seit meinem Amtsantritt 2020 klagen mir vor allem ältere Coburgerinnen und Coburger regelmäßig ihre Not. Viele benötigen wichtige Medikamente, aber es findet sich kein Arzt, der sie ihnen verschreibt“, so beschreibt Oberbürgermeister Dominik Sauerteig, was die Kassenärztliche Vereinigung Bayern „drohende Unterversorgung“ nennt. „Gefühlt droht da nichts mehr. Viele Hausärzte sind so überlastet, dass sie keine Patienten mehr aufnehmen können. Das muss sich ändern“, ergänzt Sauerteig. Daher hat er die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt (Wifög) angewiesen, zu tun, was möglich ist. „Auch, wenn es als Stadt eigentlich nicht unsere Aufgabe ist, versuchen wir die Not zu lindern. Dazu gehören auch die Pläne für ein MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum)“, sagt der OB.

Ein MVZ ist eine Art großes Ärztehaus, wo mehrere Allgemeinärzt*innen gemeinsam praktizieren und sich das Personal teilen. Eventuell kommen noch Fachärzt*innen hinzu. Da die jüngere Ärztegeneration immer seltener eine eigene Praxis führen möchte, sondern sich lieber anstellen lässt – oft auch in Teilzeit – ist das MVZ ein zukunftsweisendes Modell. „Eine Immobilie für das MVZ haben wir schon im Auge“, verrät Diana Schmitt von der Wifög, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Neben der Immobilie benötige man eine medizinische Leitung, die man auch erst finden müsse. Schmitt ist aber überzeugt, dass das gelingt. Schließlich habe man bei der Ansiedlung von Ärztinnen und Ärzten bereits einiges erreicht. Zwei Hausärzt*innen, eine Kieferorthopädin und Psychotherapeutinnen für Erwachsene und Kinder haben mit Unterstützung der Wifög bereits Praxen eröffnet.

Als „Rund-um-sorglos-Paket“ beschreibt Diana Schmitt das Angebot der Wifög: „Wir kennen die Makler, wir kennen die Kitas, wir kennen andere Arbeitgeber, Pflegeangebote, den Wohnungsmarkt.“ Bei Bedarf mietet die Wifög Praxisräume auch an und vermietet sie dann weiter. Beispielsweise in Creidlitz. Eine ehemalige Bankfiliale lässt die Wifög aktuell zu Praxisräumen umbauen. Jetzt müsse nur noch der Arzt zusagen und dann könne es im März/April auch schon losgehen, berichtet Schmitt.

Ähnlich läuft es am Max-Böhme-Ring. Dort entsteht gerade ein Wohnkomplex mit 40 Wohnungen, Supermarkt und einer Arztpraxis. Diese hat die Wifög bereits angemietet und sucht jetzt ein oder zwei Ärzt*innen, die dort dann anfangen wollen. „Gerade im Vergleich mit dem Landkreis muss sich hier die Stadt besonders strecken. Denn der Freistaat unterstützt neue Praxen nur in Gemeinden unter 20.000 Einwohner*innen mit bis zu 60.000 Euro“, würdigt der OB die Arbeit der Wifög.

Auch die Ärzt*innen der Zukunft hat die Stadt im Blick. 2016 hat der kommunale Klinikkonzern Regiomed die Medical School gegründet, um so Menschen ein Medizinstudium zu ermöglichen, die nicht den NC für ein reguläres Studium in Deutschland erreicht haben. „Wir können es uns nicht leisten, Menschen, die es wollen, ein Studium zu verweigern. Ich halte den NC für ein übertrieben hohes Hindernis – bei der Medical School zählen Vorerfahrungen, wie eine Ausbildung im Rettungs- oder Pflegewesen“, betont Sauerteig. Die Medical School Regiomed umfasst ein dreijähriges Studium an der Universität von Split in Kroatien und einen anschließenden dreijährigen Praxisteil, der an einem Regiomed-Standort in Coburg, Lichtenfels, Sonneberg oder Hildburghausen absolviert wird. Anschließend müssen die jungen Ärzte ihre Facharztzeit an einer der Regiomed-Kliniken ableisten. „Diese rund 10 Jahre haben wir dann Zeit, die jungen Menschen von Coburg zu überzeugen, dass sie sich dauerhaft hier niederlassen“, hofft Sauerteig.

Die Stadt Coburg unterstützt zusätzlich auch neue Mediziner*innen. Pro Jahr werden zwei Stipendien für die Medical School Regiomed an junge Menschen aus der Region vergeben, die sich die Studiengebühren nicht leisten könnten. Sauerteig freut sich, dass „wir dieses Jahr zwei hervorragend junge Damen gefunden haben, für die wir jetzt ab Herbst die Studiengebühren in Split übernehmen.“

Die Zahl der freien Hausarztsitze in der sogenannten Versorgungsregion Coburg ist nicht zuletzt durch die Anstrengungen der Stadt von 20,5 Anfang des Jahres auf 18,5 im August gesunken. Sauerteig: „Das ist erfreulich, unsere Förderungen zeigen erste Wirkung. Wir werden weiter aktiv bleiben.“