Sonn­tags­ge­dan­ken: Lebenswege

Symbolbild Religion

Lie­be Freunde,

ken­nen Sie auch die Geschich­te vom Wun­der­kna­ben? Sie erzählt von einem klei­nen Jun­gen, der schon als Kind so begabt war, dass die Men­schen von über­all kamen, um ihn reden zu hören. Eines Tages beschloss er, in die Welt hin­aus­zu­ge­hen, um die­se zu erkun­den. Doch er kam immer wie­der an Weg­kreu­zun­gen und muss­te sich für eine Rich­tung ent­schei­den. Dabei bemerk­te er, dass er mit jeder Rich­tung, die er ein­schlug in eine bestimm­te Bahn gedrängt wur­de und dadurch sei­ne Welt immer klei­ner wur­de. Am Ende war er müde und erschöpft, weil er so vie­le Mög­lich­kei­ten hat­te hin­ter sich las­sen müs­sen, und es kamen auch kei­ne Men­schen, die ihm zuhö­ren woll­ten. Doch er woll­te auch noch das letz­te Stück sei­nes Weges gehen, und als er sich umsah, bemerk­te er, dass er auf einem Berg, ganz oben auf dem Gip­fel, stand und das Tal in Ter­ras­sen unter ihm lag. Nun sah er auch die Täler, die er aus­las­sen hat­te müs­sen, und er erkann­te, dass er im Klei­ner- und Kürz­er­wer­den ein Leben lang auf­wärts gegan­gen war.

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfar­rer Klaus Weig­and (rechts) mit Urmel …

Füh­len Sie sich auch manch­mal so wie der Wun­der­kna­be? Mir geht es zumin­dest so. Da gehst du dei­nen Weg und merkst, dass du so vie­le Mög­lich­kei­ten aus­las­sen muss­tet und somit vie­le Chan­cen ver­passt hast.

Doch dann fra­ge ich mich auch: „Ist es nicht gut gewe­sen, dass ich genau die­sen Weg gegan­gen bin? Obwohl ich so vie­le Chan­cen und Mög­lich­kei­ten ver­passt habe, bin ich nicht beim Gehen mei­nes Weges den­noch rei­fer geworden?“

Leben, so glau­be ich, heißt nicht nur gewin­nen, son­dern auch immer wie­der los­las­sen und ver­zich­ten. Aber wo ich etwas weg­ge­be, wo ich ver­zich­te, kann ich offen sein für Neu­es. Wenn ich mei­nen Weg wei­ter­ge­he, auch durch die Durst­strecken hin­durch, blei­be ich nicht län­ger am Ober­fläch­li­chen, son­dern gelan­ge eher immer mehr in die Tie­fe und kom­me so schließ­lich auch zu mir selbst.

Genau dar­auf möch­te ich immer wie­der ver­trau­en, ver­trau­en dar­auf, dass das für jede Situa­ti­on mei­nes Lebens gilt: auch da, wo ich kein inne­res Wachs­tum spü­re, son­dern nur Rück­schlä­ge hin­neh­men muss, auch und gera­de dort, wo alles abwärts­zu­ge­hen scheint. Ich möch­te dar­auf ver­trau­en, dass leben nicht nur ein­ge­engt sein bedeu­tet, son­dern vor­wärts­kom­men, auf­wärts gehen – auch wenn es schein­bar abwärts geht. Es ist so, wie bei dem Kna­ben in der Erzäh­lung: Am Ende steht er auf dem Gip­fel und kann das gan­ze Land, d.h. das gan­ze Leben überschauen.

Die­se Erfah­rung wün­sche Ich Ihnen von gan­zem Her­zen, dass Sie immer die Gewiss­heit haben, dass auch Sie, trotz man­cher Tal­soh­len immer wei­ter auf­wärts gehen.

Blei­ben Sie gesund,
Ihr Klaus Weigand


Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Infos zu Pfar­rer Klaus Weigand

  • Gebo­ren 1966 in Erlen­bach am Main (Unter­fran­ken)
  • Abitur am The­re­sia­num in Bam­berg 1989
  • Stu­di­um der Kath. Theo­lo­gie in Bam­berg und Wien
  • Prie­ster­wei­he 1998
  • Tätig­kei­ten:
  • Fürth, Christ­kö­nig von 1997 – 2010
  • Bucken­ho­fen als Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor 2010 – 2015
  • seit 2015 in Herolds­bach und Hausen