Ener­gie­kri­se drückt Ergeb­nis der Stadt­wer­ke Bay­reuth ins Minus

logo stadtwerke bayreuth

Der rus­si­sche Angriffs­krieg auf die Ukrai­ne hat die Ener­gie­prei­se in ganz Euro­pa in die Höhe getrie­ben. Das wirk­te sich auch auf das Jah­res­er­geb­nis der Stadt­wer­ke Bay­reuth aus. Im ver­gan­ge­nen Jahr stand einem Umsatz von knapp 150 Mil­lio­nen Euro ein Ver­lust von 2,4 Mil­lio­nen Euro gegenüber.
Stadt­wer­ke-Chef Jür­gen Bay­er ist den­noch zuver­sicht­lich, dass die Ener­gie­kri­se für die Kun­den bald über­wun­den ist – und sieht gro­ße Her­aus­for­de­run­gen auf das Unter­neh­men zukommen.

Die Stadt­wer­ke Bay­reuth haben ein schwie­ri­ges Geschäfts­jahr 2022 hin­ter sich. Zwar mach­te der Umsatz im Kon­zern einen Sprung auf 150 Mil­lio­nen Euro. Dem­ge­gen­über steht aller­dings ein Ver­lust in Höhe von 2,4 Mil­lio­nen Euro – im Vor­jahr ver­buch­te das Unter­neh­men einen Gewinn in Höhe von rund 700.000 Euro.

Hohe Ener­gie­prei­se

Grund für das Minus war vor allem das Ener­gie­ge­schäft, das unter den Fol­gen des rus­si­schen Angriffs­krie­ges auf die Ukrai­ne litt. Russ­land, damals immer­hin Deutsch­lands wich­tig­ster Erd­gas­lie­fe­rant, stell­te auf­grund der euro­päi­schen Sank­tio­nen Mit­te 2022 sei­ne Lie­fe­run­gen an Deutsch­land ein. Mit dra­sti­schen Kon­se­quen­zen für den Ener­gie­markt: Gas war im Ein­kauf bis zu zehn­mal so teu­er. Und für Strom, des­sen Preis stark von den Erzeu­gungs­ko­sten der Gas­kraft­wer­ke beein­flusst wird, wur­de bis zu fünf­mal mehr auf­ge­ru­fen. „Die Ener­gie­kri­se hat auch uns mit vol­ler Wucht getrof­fen“, sagt Jür­gen Bay­er, Geschäfts­füh­rer der Stadt­wer­ke Bay­reuth. „Und das in mehr­fa­cher Hinsicht.“

Unter ande­rem muss­ten die Stadt­wer­ke kurz­fri­stig Ener­gie­men­gen zu teu­ren Prei­sen für Neu­kun­den kau­fen, die von Ener­gie-Dis­coun­tern vor die Türe gesetzt wur­den oder die vor deren hohen Prei­se Zuflucht bei den Stadt­wer­ken gesucht haben. Außer­dem nahm das Unter­neh­men Kun­den auf, die vor­her bei plei­te­ge­gan­ge­nen Ener­gie­an­bie­tern einen Ver­trag hat­ten. „Bis in den Herbst hin­ein waren wir deut­lich gün­sti­ger als die Kon­kur­renz, weil wir Ener­gie lang­fri­stig in den Vor­jah­ren zu gün­sti­ge­ren Kon­di­tio­nen gekauft haben. Durch unse­re lang­fri­sti­ge Beschaf­fungs­stra­te­gie haben sich unse­re Ener­gie­kun­den gegen­über den deut­schen Durch­schnitts­prei­sen rund 700 Euro gespart“, sagt Bayer.

Letz­te bezahl­ba­re Rettung

„Das war gut für alle Kun­den. Auch für jene, die im Jah­res­ver­lauf zu uns gewech­selt sind – für die­se muss­ten wir aller­dings kurz­fri­stig Ener­gie zu extrem teu­ren Prei­sen kau­fen. Für jene Kun­den waren wir damals, als es noch kei­ne staat­li­chen Preis­brem­sen gab, die letz­te bezahl­ba­re Ret­tung. Als ört­li­cher Grund­ver­sor­ger war das unse­re gesetz­li­che Pflicht. Wir haben für die Men­schen aber noch deut­lich mehr getan: Wir haben auch unse­re Tari­fe in unse­rem Netz­ge­biet abseits der Grund­ver­sor­gung im Gegen­satz zu vie­len ande­ren Ener­gie­an­bie­tern nie für Neu­kun­den geschlos­sen, weil wir auch in der Kri­se ein fai­rer und ver­läss­li­cher Part­ner sind.“

Zudem habe man erheb­li­che per­so­nel­le Res­sour­cen inve­stiert, um für die Situa­ti­on gewapp­net zu sein, soll­te im Win­ter zu wenig Gas ver­füg­bar sein. „Die­se Situa­ti­on war für uns und alle ande­ren Netz­be­trei­ber in die­ser Form neu, wes­we­gen wir hier akri­bi­sche Not­fall­plä­ne erar­bei­tet und auch mit über­ge­ord­ne­ten Behör­den abge­stimmt haben“, erklärt Bayer.

Dau­er­haf­te wirt­schaft­li­che Herausforderungen

„Alle die­se Son­der­ef­fek­te haben unser Wirt­schafts­jahr in unse­rem Kern­ge­schäft, der Ener­gie­ver­sor­gung, deut­lich beein­träch­tigt.“ Im Ver­gleich zum Vor­jahr erziel­ten die Stadt­wer­ke daher in der Ener­gie- und Was­ser­spar­te rund 2,4 Mil­lio­nen Euro weni­ger nach Steu­ern – in Sum­me waren es im Jahr 2022 7,3 Mil­lio­nen Euro.

Den durch die Ener­gie­kri­se ver­ur­sach­ten Son­der­ef­fek­ten ste­hen dau­er­haf­te wirt­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen für die Stadt­wer­ke gegen­über: Bäder und Stadt­bus­ver­kehr waren auch im ver­gan­ge­nen Jahr nicht wirt­schaft­lich zu betrei­ben. So betrug das Defi­zit der Spar­te Ver­kehr und Bäder im ver­gan­ge­nen Jahr 8 Mil­lio­nen Euro – 2021 belief sich das Minus auf 6,8 Mil­lio­nen Euro.

Nach dem Coro­na-Tief besuch­ten das Stadt­bad im ver­gan­ge­nen Jahr 69.000 Bade­gä­ste (2021: 19.000), das Kreuz­stein­bad 129.000 Besu­cher (2021: 80.000) und die Lohen­grin Ther­me 113.000 Bade­gä­ste (2021: 38.000). Ähn­li­ches Bild beim Stadt­bus­ver­kehr: Die Bus­se der Stadt­wer­ke brach­ten im Jahr 2022 5,3 Mil­lio­nen Fahr­gä­ste ans Ziel – 2021 waren es ledig­lich 4,6 Mil­lio­nen. Und auch bei den Park­ein­rich­tun­gen der Stadt­wer­ke – das Park­haus Ober­fran­ken­hal­le, die Tief­ga­ra­ge Rat­haus und der Park­platz Am Sen­del­bach – war ein Plus zu ver­zeich­nen: Ins­ge­samt 271.000 Kurz­par­ker (+27 Pro­zent) nutz­ten die Parkeinrichtungen.

„Hier tut sich ein Para­do­xon auf“, erklärt Jür­gen Bay­er. „Sowohl Bäder als auch der Stadt­bus­ver­kehr wur­den 2021 deut­lich weni­ger genutzt, dafür hat die Eigen­tü­mer­ge­sell­schaft der Ther­me uns die Pacht erlas­sen und es gab staat­li­che Coro­na-Hil­fen, bei­spiels­wei­se in Form von Ret­tungs­schir­men. Die­se Hil­fen gab es im ver­gan­ge­nen Jahr nicht mehr, wes­we­gen das Defi­zit lei­der wie­der ange­wach­sen ist.“

Kapi­tal­in­ten­si­ve Pro­jek­te zeich­nen sich ab

Wei­ter­hin hoch blie­ben die Inve­sti­tio­nen. „Allein im Geschäfts­jahr 2022 waren es 10,3 Mil­lio­nen Euro – bei­spiels­wei­se in die Strom­ver­sor­gung mit der Erneue­rung eines unse­rer Schalt­häu­ser“, sagt Jür­gen Bay­er. „Zudem haben wir einen Tief­brun­nen saniert und unser Fern­wär­me­netz im Bereich der Lud­wig-Tho­ma-Stra­ße erwei­tert.“ Wirt­schaft­lich sei das Unter­neh­men wei­ter­hin im Kern gesund, aller­dings zeich­nen sich schon heu­te äußerst kapi­tal­in­ten­si­ve Pro­jek­te ab, die die Stadt­wer­ke Bay­reuth in den kom­men­den Jah­ren stem­men müssen.

„Wir haben schon kurz- bis mit­tel­fri­stig enor­me Inve­sti­tio­nen vor der Brust, die im deut­lich drei­stel­li­gen Mil­lio­nen­be­reich lie­gen wer­den: Wir brau­chen den Neu­bau unse­rer Fir­men­zen­tra­le in der Edu­ard-Bay­er­lein-Stra­ße. Das ist kein nice-to-have, son­dern eine betrieb­li­che Not­wen­dig­keit, bei der wir haupt­säch­lich auf Funk­tio­na­li­tät und Kosten­ef­fi­zi­enz ach­ten. Außer­dem wol­len wir in den kom­men­den Jah­ren unse­re Bus­flot­te aller Vor­aus­sicht nach auf Was­ser­stoff umstel­len, und den Was­ser­stoff selbst her­stel­len. Fer­ner pla­nen wir, ver­stärkt in die Erzeu­gung von grü­nem Strom zu inve­stie­ren. Und auch unse­re Fern­wär­me wird in Zukunft nicht mehr fos­sil, son­dern rege­ne­ra­tiv sein, wofür wir unse­re Heiz­wer­ke umrü­sten müs­sen.“ Hin­zu kämen Mara­thon­the­men, die die Stadt­wer­ke noch in vie­len Jah­ren beschäf­ti­gen wer­den. „Der Gesetz­ge­ber wird sehr wahr­schein­lich mit dem Gebäu­de­en­er­gie­ge­setz die Vor­aus­set­zun­gen schaf­fen, dass Fern­wär­me für Immo­bi­li­en­be­sit­zer deut­lich attrak­ti­ver wird, wes­we­gen wir deren Aus­bau for­cie­ren wer­den. Und mit­tel- und lang­fri­stig wer­den wir unser Strom­netz ver­stär­ken müs­sen, wenn künf­tig immer mehr Wär­me­pum­pen und E‑Autos Strom brauchen.“

Bür­ger­be­tei­li­gun­gen wer­den wichtig

Ohne Fremd­ka­pi­tal wer­de die nöti­ge Inve­sti­ti­ons­of­fen­si­ve nicht gelin­gen. „Vor allem im Bereich der nach­hal­ti­gen Strom­erzeu­gung wer­den Bür­ger­be­tei­li­gun­gen wich­tig wer­den. Dane­ben muss es natür­lich unser Ziel sein, mög­lichst viel Geld selbst zu erwirt­schaf­ten“, betont Jür­gen Bay­er. Es gel­te, bestehen­de Geschäfts­fel­der zu sichern und aus­zu­bau­en und neue zu erschlie­ßen. So wür­den künf­tig bei­spiels­wei­se die The­men Glas­fa­ser, E‑Mobilität und Ener­gie­dienst­lei­stun­gen eine grö­ße­re Rol­le einnehmen.

Über­dies blei­be es ein Dau­er­bren­ner, das Defi­zit in der Spar­te Ver­kehr und Bäder zu ver­rin­gern. Das der­zeit wich­tig­ste Pro­jekt ist in die­sem Zusam­men­hang das geplan­te Hotel neben der Lohen­grin Ther­me. „Wir sind nach wie vor auf einem guten Weg und sind über­zeugt, dass wir viel errei­chen kön­nen, wenn wir Ther­me und Hotel gemein­sam deutsch­land­weit ver­mark­ten kön­nen“, sagt Jür­gen Bay­er. „Außer­dem ver­spre­chen wir uns zusätz­li­che Bade­gä­ste von der Reha-Kli­nik der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung, mit deren Bau im direk­ten Umfeld der Lohen­grin Ther­me die­sen Herbst begon­nen wer­den wird.“

Nach­we­hen der Ener­gie­kri­se überwinden

Haupt­auf­ga­be sei der­zeit aber, die Nach­we­hen der Ener­gie­kri­se zu über­ste­hen. „Wir set­zen die Preis­brem­sen für den Staat um. Das ist enorm auf­wen­dig, teu­er und bin­det extrem viel Ener­gie – mehr als uns lieb sein kann. Und auch ver­trieb­lich erwischt uns die Ener­gie­kri­se im Moment wie ein Bume­rang: Mitt­ler­wei­le sind die Prei­se an den Han­dels­plät­zen gesun­ken. Wir lie­fern wegen unse­rer lang­fri­sti­gen Beschaf­fungs­stra­te­gie der­zeit aber vor allem jene Ener­gie, die wir im ver­gan­ge­nen Jahr wäh­rend der Hoch­preis­pha­se ein­ge­kauft haben. Sprich: Wir kön­nen die Prei­se im Moment noch nicht sen­ken – vor­aus­sicht­lich im vier­ten Quar­tal die­ses Jah­res wird es aber so weit sein. Ich hof­fe, dass die Kun­den der Stadt­wer­ke ein Lang­zeit­ge­dächt­nis haben und sich dar­an erin­nern, wer in Kri­sen­zei­ten an ihrer Sei­te stand und wer sich aus dem Staub gemacht hat.“

Ober­bür­ger­mei­ster Tho­mas Ebers­ber­ger, der auch Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der der Stadt­wer­ke Bay­reuth ist, schlägt in die­sel­be Ker­be: „Ähn­lich wie die Stadt selbst ste­hen auch die Stadt­wer­ke vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen, bei denen wir das Unter­neh­men alle unter­stüt­zen soll­ten. Bei­spiels­wei­se, indem man Ener­gie von den Stadt­wer­ken kauft. Damit bleibt die Wert­schöp­fung in unse­rer Regi­on und die Stadt­wer­ke kön­nen wei­ter­hin den Stadt­bus­ver­kehr und die Bäder anbie­ten, mit denen das Unter­neh­men kein Geld ver­die­nen kann. Wer bei Ener­gie-Dis­coun­tern oder Groß­kon­zer­nen Kun­de ist, muss wis­sen, dass kei­nes die­ser Unter­neh­men Bus­se auf Bay­reuths Stra­ßen schickt oder Bäder anbie­tet. Da geht es aus­schließ­lich um den Gewinn von Gesell­schaf­tern oder Aktionären.“