Bamberger Klimaschutzbündnis zum Schnellverfahren gegen „Letzte Generation“

Stellungnahme des Bamberger Klimaschutzbündnisses zum Schnellverfahren gegen Aktivist:innen der Letzten Generation in Bamberg:

Wir haben den Prozesstag vom 05.07. im Schnellverfahren gegen die Letzte Generation und ihre Aktion in der Kapuzinerstraße in Bamberg verfolgt.

Wir vertreten als Klimaschutzbündnis über 30 einzelne Mitgliedsorganisationen. Die meisten Engagierten hier vor Ort wählen andere Aktionsformen als die Mitglieder der Letzten Generation, deren Handlungen auch innerhalb der Klimabewegung nicht immer unumstritten sind. Dennoch wollen wir unterstreichen, dass wir in der Sache die Ängste, Anliegen und Forderungen der Letzten Generation teilen, und verstehen, warum einige Aktivist:innen nach vielen Jahren des Engagements nach radikaleren, öffentlichkeitswirksameren Formen des Protests suchen – stets in der Hoffnung, dass die Politik endlich durch Umsetzung von Maßnahmen und Gesetzen ihre eigenen Klimaziele erreicht und ihre Verantwortung gegenüber der Gesundheit und dem Wohlstand sowohl dieser als auch der folgenden Generationen wahrnimmt.

Wir sind daher schockiert vom Umgang mit den Aktivist:innen und der Form des Prozesses – ein Prozess im Schnellverfahren!? Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat, jede:r Angeklagte hat das Recht auf einen fairen Prozess und eine angemessene Verteidigung. In einem Schnellverfahren ohne jede Vorbereitungsmöglichkeit ist dies nicht ausreichend gegeben.

Die Tatsache, dass die Protestierenden sich für den Klimaschutz, für unsere Zukunft und eine Gesellschaft in einer intakten Natur einsetzen, die Stabilität garantiert, steht im krassen Widerspruch zu dem Verfahren, dem sie ausgeliefert wurden. Der Widerstand der Letzten Generation ist öffentlich wirksam und in den Augen des Gesetzgebers nicht legal, aber immer friedlich und gewaltlos. Es ist nie das Ziel der Protestierenden, Menschen zu verletzen oder Dinge dauerhaft zu beschädigen. Ganz im Gegenteil – sie halten uns einen Spiegel vor: Wenn wir nicht aktiven Klimaschutz betreiben, setzen wir den Frieden und die Sicherheit unserer Gesellschaft aufs Spiel.

Ein derart rigides Vorgehen der Staatsgewalt gegen die Aktivist:innen steht daher in keinem Verhältnis zu ihren Taten, geschweige denn zu ihrer Verzweiflung hinsichtlich der Klimaprognosen und der Klimapolitik.

Wie kann es sein, dass auf der anderen Seite die Regierung die verfassungsrechtlich begründeten Freiheitsrechte zukünftiger Generationen verletzen kann und dann nicht von den Gerichten gezwungen wird, diese einzuhalten, die Gerichte aber, wenn es um Beeinträchtigung des Verkehrs geht, im Eilverfahren – ohne aufwändige Klärung des Tathergangs – Menschen, die auf diesen Bruch der Verfassung hinweisen, aburteilen? Wie kann es sein, dass große fossile Konzerne mit staatlichen Subventionen unterstützt durch die Emissionen das Leben von Menschen bis hin zu Tod und Flucht gefährden und dabei frei agieren dürfen, während Menschen, die dieses Leid verhindern wollen, mit hohen Geldstrafen oder gar Freiheitsentzug durch mehrmonatige Haftstrafen bestraft werden? Wir müssen uns als Gesellschaft fragen, wo hier die Verhältnismäßigkeit ist – auch wenn mit der Art des Protestes nicht alle einverstanden sein müssen.

Wir sollten daher die Proteste der Letzten Generation als eine berechtigte Frage an die Politik und die Gesellschaft verstehen, was denn noch alles geschehen muss, bis Klimaschutz endlich das Tempo und die Priorisierung erhält, die nötig sind, um unser aller Leben, Wohlstand und Stabilität auch über die nächsten Jahrzehnte hinaus zu sichern. Denn mit der aktuellen Politik und den aktuellen Maßnahmen werden die Klimaziele, zu welchen sich die Bundesregierung beim Pariser Abkommen verpflichtet hat, schlichtweg verfehlt. Die Bundesregierung sollte versuchen, diese Frage mit einer guten Klimaschutzpolitik zu beantworten und mit Vertretern der Letzten Generation in den Dialog treten. Stattdessen beobachten wir mit Besorgnis eine Radikalisierung der Berichterstattung in den Medien und der Kommentare seitens der Politik über die sogenannten „Klimakleber“, die nicht mehr ausgewogen und angemessen ist und letztlich die gesamte Klimaschutzbewegung diskreditiert.

Da jedoch Klimaschutz im Kleinen und nicht erst auf Bundesebene anfängt, ist auch die Gesellschaft und Politik in Stadt und Landkreis Bamberg gefordert. Das Bamberger Klimaschutzbündnis wird sich daher weiterhin mit anderen Aktionsformen als die Letzte Generation für eine gute Klimaschutzpolitik auf lokaler Ebene einsetzen, aber wir fordern die Politik und Justiz auf, angemessen und fair mit ihren Aktivist:innen umzugehen und ihre berechtigten Ziele und Forderungen ernst zu nehmen.

Denn einzig und allein eine gute Klimaschutzpolitik wird die Proteste der Letzten Generation überflüssig machen – und das sollte doch in unser aller Sinne sein.