Bamberg: Offener Brief zur GEAS Reform

Juso Hochschulgruppe Bamberg

An die Bundesinnenministerin Frau Nancy Faeser,
den Bundestagsabgeordneten Herrn Andreas Schwarz,
die Bundestagsabgeordnete Frau Lisa Badum,
den Bundestagsabgeordneten Herrn Thomas Silberhorn,
den Europaabgeordneten Herr Malte Gallée,
die Europaabgeordnete Maria Noichl

Offener Brief zur GEAS-Reform; Bamberg, 03.07.23

Sehr geehrte Frau Nancy Faeser,
sehr geehrter Herr Andreas Schwarz,
sehr geehrte Frau Lisa Badum,
sehr geehrter Herr Thomas Silberhorn,
sehr geehrter Herr Malte Gallée,
sehr geehrte Frau Maria Noichl,

mit Entsetzen haben wir die Einigung der Innenminister*innen-Konferenz der EU-Staaten vom 08.06.2023 gelesen.

Die Europäische Union hat den Anspruch an sich selbst, als Staatenbündnis die Menschenrechte in Europa, aber auch über die europäischen Grenzen hinweg, zu wahren und zu schützen. In der Vergangenheit war zu beobachten, wie z.B. durch Frontex diese Rechte immer wieder gebrochen wurden und die EU tatenlos zugeschaut hat. StaW für eine humane Asylpolitik einzutreten, Menschen zu retten und ihnen Schutz zu bieten, erleben wir nun durch die geplante Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) eine weitere Verschärfung des Rechts auf Asyl in Europa. Denn durch diese Reform soll es möglich werden, Asylverfahren bereits an den EU-Außengrenzen durchzuführen. Dazu sollen haftähnliche Asylzentren in EU-Grenznähe entstehen, in denen die Identität von Schutzsuchenden überprüft werden soll. Individuelle Fluchtgründe spielen hierbei keine Rolle, es geht lediglich darum, ob sie durch einen „sicheren Drittstaat“ in die EU gekommen sind. Zudem sollen Asylsuchende für die Dauer der Verfahren an den Grenzen rechtlich als noch nicht eingereist gelten. Um diese „Fiktion der Nicht-Einreise“ durchsetzen zu können, müssen die Betroffenen faktisch inhaftiert werden, wie es derzeit schon in den geschlossenen Auffanglagern auf den griechischen Ägäis-Inseln geschieht.

Die Bedingungen in Haftlagern sind schon jetzt katastrophal und unmenschlich. Viel zu viele Schutzsuchende werden auf viel zu engem Raum eingepfercht, die Sanitäranlagen sind nicht ausreichend und dementsprechend unhygienisch. Auch die Sicherheit von Flinta* und Kindern kann nicht garantiert werden. Dabei hat sich die Bundesrepublik Deutschland einer feministischen Außenpolitik sowie der UN-Kinderrechtskonvention verschrieben. Trotzdem haben Sie es – als Vertreter*innen der Bürger*innen eines der mächtigsten Länder der EU – nicht geschafft, für Familien und Kinder eine Sonderregelung zu verhandeln. Das ist ein Skandal!

Kinder sind eine der vulnerabelsten Gruppen und haben keine Möglichkeit, sich den unmenschlichen Umständen in den Unterkünften zu entziehen. Sie sind Missbrauch und Misshandlungen ausgeliefert. Es muss eine kontrollierte und gewissenhafte Hilfestellung für Kinder geben, denn ihre Bedürfnisse können in den Unterkünften in keiner Weise berücksichtigt werden. Darüber hinaus haben die Menschen in diesen Lagern keinen Zugang zu einer Rechtsberatung oder Vertretung und damit auch keine Möglichkeit auf einen fairen, individuellen Prozess. Die Bedingungen in den Unterkünften haben bereits jetzt nichts mit Menschenrechten oder -würde zu tun und werden mit der aktuell geplanten GEAS-Reform nur schlimmer. Dabei schreiben die EU und Deutschland sich genau diese Werte – Menschenrechte und Menschenwürde – auf die Fahnen.

Wollte die EU nicht mehr als ein Staatenbund sein? Wollte sie nicht eine Wertegemeinschaft sein? Diese Gemeinschaft wird nicht nur durch die Missachtung der Menschenrechte beschmutzt, sondern auch durch die Möglichkeit, sich von der Verantwortung, für Menschen auf der Flucht zu sorgen, frei zu kaufen. Dadurch können sich rechte Regierungen wie in Polen und Ungarn nun einfach der Verantwortung entziehen, wenn sie ein „kleines“ Entgelt an die jeweiligen Staaten, in denen sich die Migrant*innen auialten, zahlen. Widerspricht das nicht einer Gemeinschaft, in der man sich gegenseitig unterstützt und zur Seite steht? Mit der Möglichkeit, sich frei zu kaufen, haben Sie ein Schlupfloch für alle Regierungen geschaffen, die sich nicht mit der momemtanen und zukünftigen Migration beschäftigen wollen.

Dabei trägt die EU als Teil des globalen Westens eine Mitverantwortung für die aktuelle Situation. Denn viele Menschen flüchten, weil die globale Klimakrise ihnen ihre Lebensgrundlage nimmt. Extremwetter wie Überschwemmungen oder Dürren zerstören Ernten, Häuser und kosten Menschenleben. Die Bauern und Bäuerinnen könenn ihre Felder nicht ausreichend bewässern, den Viehzüchter*innen sterben die Tiere weg, weil sie nicht genug Nahrung und Wasser finden und die Fischer*innen können nicht mehr fischen, wenn der See ausgetrocknet ist. Und jetzt, wo Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen und sich auf den Weg nach Europa machen, schoWen wir uns ab.

Aber nicht nur das: Wir nehmen den Tod von hunderten Menschen in Kauf und das nur, weil sich Politiker*innen der EU nicht auf eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik einigen können. Denn wir stecken Menschen, die bei uns ankommen, nicht nur in menschenunwürdige, haftähnliche Unterkünfte. Durch unterlassene Hilfeleistung der EU sterben auch jährlich tausende Menschen auf dem Mittelmeer. Erst vor kurzem ereignete sich eine der größten Katastrophen auf dem Mittelmeer, bei der schätzungsweise bis zu 500 Menschen gestorben sind. Und warum? Weil sich kein EU-Land verantwortlich fühlt, diesen Menschen zu helfen bzw. sie aus einer Notlage zu befreien. Im Gegenteil: Es wird von drei Push-Backs ausgehend von der griechischen Küstenwache berichtet. Ein solches Vorgehen ist nicht mit der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar, tritt die Menschenrechte mit Füßen und ist somit in keinster Weise tolerierbar. Das Blut der Menschen, die auf dem Mittelmeer sterben, klebt an den Händen der Europäischen Union.

Wir fordern Sie deshalb auf, sich für eine humane Flüchtlingspolitik, die mit den Menschenrechten vereinbar ist und das Recht auf Asyl schützt, einzusetzen. Die geplante GEAS-Reform darf so nicht umgesetzt werden und muss scharf nachverhandelt werden.

Mit freundlichen Grüßen die unterzeichnenden Gruppen

Juso-Hochschulgruppe Bamberg
Jusos Bamberg Stadt
Grüne Jugend Bamberg
DGB-Hochschulgruppe Bamberg
Fridays for Future Bamberg
Bamberger Grün-Linke StudierendeniniXaXve
Die Falken Bamberg
ASTA Liste Bamberg
Freund staW fremd e.V.
Psychologists for Future Bamberg
Referat für Ökologie der Universität Bamberg
Seebrücke Bamber