Sonn­tags­ge­dan­ken: Krankheit

Symbolbild Religion

„Solan­ge du arbei­ten kannst und funk­tio­nierst, so lan­ge bist du ange­se­hen, aber wehe, du wirst ein­mal krank!“

So, lie­be Freun­de, sag­te ein Kran­ker bei mei­nem Kran­ken­be­such zu mir. Und hat er damit nicht viel­leicht sogar recht? Vie­le Men­schen ver­su­chen ihre Lei­den, ihre Schmer­zen oft zu ver­ber­gen, teils aus Angst, teils, weil sie die­se Pein aus Lie­be vor ihren Lieb­sten, ihren Part­nern, Kin­dern, Enkeln usw. ver­ber­gen wol­len, damit die­se sich kei­ne Sor­gen machen müssen.

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfar­rer Klaus Weig­and (rechts) mit Urmel …

„Nur die Kran­ken brau­chen einen Arzt“, so sag­te ein­mal Jesus. Er woll­te Men­schen Heil an Leib und See­le schen­ken und hat des­we­gen Men­schen um sich ver­sam­melt. ER wuss­te, dass vie­le Men­schen Gemein­schaft brau­chen, um neu­en Mut zu schöp­fen. Die­je­ni­ge Gemein­schaft, die sich auf ihn zurück­führt, die muss daher – vor allem ande­ren – ein Ort sein, an dem Men­schen gesund wer­den kön­nen: für Men­schen, die in ihrem Leben ver­wun­det wur­den, die Schei­tern erlebt haben, die nun neue Ori­en­tie­rung und Hil­fe zum Leben suchen. Doch ist unse­re Gemein­schaft noch eine Gemein­schaft, die Heil schenkt? Ist aus der hei­len­den nicht eine hei­li­ge Kir­che gewor­den? Was ist denn, wenn jemand geschei­tert, wirk­lich ver­wun­det ist, wenn die Ehe zer­bro­chen, das Kind unehe­lich auf die Welt gekom­men, die beruf­li­che Lauf­bahn jäh ende­te, sich jemand plötz­lich auf der Stra­ße wie­der­fand oder gar straf­fäl­lig gewor­den ist oder war? So oft wer­den Men­schen gebrand­markt, man redet schlecht über sie, man zeigt mit dem Fin­ger auf sie.

Ist es ver­wun­der­lich, dass die, auf die man mit Fin­gern zu zei­gen begann, dass die, die in die­se so christ­li­che Gesell­schaft so wenig zu pas­sen schie­nen, dass die­se am Ende aus ihr aus­ge­zo­gen sind, dass die Müh­se­li­gen und Bela­de­nen, die Kran­ken und Schuld­be­la­de­nen, die Jesus geru­fen hat­te, denen er Ruhe ver­schaf­fen woll­te, dass die­je­ni­gen, sich am Ende von die­ser Kir­che alles ver­spra­chen, nur nicht die Hei­lung, ja nicht ein­mal die Lin­de­rung ihrer Schmerzen?

Eine Kir­che, in der Geschei­ter­te kei­nen Platz mehr fin­den und in der sich Sün­der nicht gebor­gen füh­len, die kei­nen Platz für Wie­der­ver­hei­ra­te­te oder Allein­er­zie­hen­de hat und in der die Prie­ster, die ihren Beruf nicht mehr aus­üben kön­nen, als Abge­sprun­ge­ne gleich­sam gebrand­markt wer­den, eine Kir­che, die dem Abge­ord­ne­ten und dem Mana­ger eher nahe­steht als dem Arbei­ter, dem Arbeits­lo­sen, dem Obdach­lo­sen: So eine Kir­che wäre alles ande­re, nur nicht Gemein­de Jesu Christi.

Jesus ist gekom­men, um Sün­der zu beru­fen, nicht die Gerech­ten, denn er wuss­te, dass nicht die Gesun­den den Arzt brau­chen, son­dern die Kran­ken. Und die­se Kran­ken sind auch wir!

In einer Kir­che aber, die sich auf die­sen Jesus Chri­stus grün­det, ist eine Krank­heit kei­ne Schan­de, in so einer Kir­che ist Schei­tern kein Bein­bruch. In so einer Kir­che brau­che ich näm­lich kei­nen Hehl dar­aus zu machen, dass auch ich die­sen Arzt brauche.

Ich wün­sche Ihnen allen einen guten Sonntag!

Klaus Weig­and


Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Infos zu Pfar­rer Klaus Weigand

  • Gebo­ren 1966 in Erlen­bach am Main (Unter­fran­ken)
  • Abitur am The­re­sia­num in Bam­berg 1989
  • Stu­di­um der Kath. Theo­lo­gie in Bam­berg und Wien
  • Prie­ster­wei­he 1998
  • Tätig­kei­ten:
  • Fürth, Christ­kö­nig von 1997 – 2010
  • Bucken­ho­fen als Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor 2010 – 2015
  • seit 2015 in Herolds­bach und Hausen