Stel­lung­nah­me des Bam­ber­ger Kli­ma­schutz­bünd­nis­ses über die Prä­sen­ta­ti­on von Bam­bergs CO2-Bilanz

BKB Ver­an­stal­tung 25.05.2023 – 19:30 Uhr „Bam­bergs CO2-Bilanz – Kom­pass für den Klimaschutz“

Das Bam­ber­ger Kli­ma­schutz­bünd­nis (BKB) hat­te zu einer Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung mit Dis­kus­si­on zur kürz­lich ver­öf­fent­lich­ten Bam­ber­ger CO2-Bilanz ein­ge­la­den. Chri­sti­na Köl­king, Spre­che­rin des BKB, begrüß­te Ric­car­do Schreck, Mit­ar­bei­ter des Büros für Nach­hal­tig­keit der Stadt Bam­berg, der die aktu­el­le Fak­ten­la­ge prä­sen­tier­te. Danach stan­den wich­ti­ge Fra­gen zur Dis­kus­si­on: „Wo sind die wich­tig­sten Ansatz­punk­te zur Siche­rung einer lebens­wer­ten Zukunft in unse­rer Stadt?“ und „Wo kann bzw. muss schnellst­mög­lich auf loka­ler Ebe­ne gehan­delt werden?“

Fol­gen­der Text stellt eine kom­men­tier­te Zusam­men­fas­sung der Prä­sen­ta­ti­on dar.

Ein­lei­tung Bezug­neh­mend auf den neue­sten Syn­the­se-Bericht des Welt­kli­ma­ra­tes wur­de deut­lich, wel­che dra­ma­ti­sche Erhit­zung uns in Bam­berg noch erwar­tet. Dem­nach wird bei einem ‚Wei­ter so‘ eine 1980 gebo­re­ne Per­son in ihrem 70. Lebens­jahr mit 3 Grad Cel­si­us mehr durch­schnitt­li­cher Tem­pe­ra­tur zurecht kom­men müs­sen, sofern umge­hend wir­kungs­vol­le Kli­ma­schutz-Maß­nah­men umge­setzt wer­den. Eine sol­che Tem­pe­ra­tur­er­hö­hung wäre nicht nur für Men­schen bedroh­lich, son­dern für die gan­ze Natur. Wir sehen uns bei­spiels­wei­se aktu­ell kon­fron­tiert mit dem Wald­ster­ben und der sich aus­brei­ten­den Asia­ti­schen Tiger­mücke. Aber auch die mit der wach­sen­den Hit­ze und Trocken­heit ein­her­ge­hen­den öko­no­mi­schen und sozia­len Kon­se­quen­zen und Schä­den (etwa Hit­ze­to­te, Ein­bu­ßen in Gesund­heit und Lebens­qua­li­tät, Ern­te­ein­bu­ße, Ver­sor­gungs­eng­päs­se) sind erschreckend.

Aus­ge­hend von den Wer­ten aus 2019 lässt sich sagen, dass allein die Stadt Bam­berg bei einem ‚Wei­ter so‘ für jähr­li­che Umwelt­schä­den in Höhe von 130 – 450 Mil­lio­nen € ver­ant­wort­lich ist, oder bis 2050 wei­ter­ge­dacht, für 3600 auf­grund des Kli­ma­wan­dels ver­trie­be­ne Menschen.

Ins­ge­samt wur­de deut­lich, dass durch den Kli­ma­wan­del ent­stan­de­ne Schä­den nicht mehr rück­gän­gig zu machen sind, aber wei­te­re Ver­schlim­me­run­gen mit dra­sti­schen CO2-Ein­spar- Maß­nah­men gestoppt wer­den können.

„Jede Kom­mu­ne muss ent­spre­chend ihrem Anteil die not­wen­di­gen Anstren­gun­gen unter­neh­men, um Kli­ma­wan­del, Res­sour­cen­ver­brauch und den wei­te­ren kata­stro­pha­len Ver­lust bio­lo­gi­scher Viel­falt auf­zu­hal­ten und abzu­fan­gen.“, resü­miert Chri­sti­na Köl­king vom Klimaschutzbündnis.

Die CO2-Bilanz: Wo ste­hen wir aktuell?

In der Bilan­zie­rung sind die ener­gie­be­ding­ten Emis­sio­nen der Berei­che 1.Gewerbe/Handel/Dienstleistungen, 2.Industrie (1. und 2. zusam­men­ge­fasst: Wirt­schaft), 3.Haushalte, 4.kommunale Ein­rich­tun­gen und 5.Verkehr berück­sich­tigt wor­den. Aller­dings nicht inbe­grif­fen sind die „grau­en Emis­sio­nen“, aus impor­tier­ten Pro­duk­ten sowie Emis­sio­nen aus Land­wirt­schaft, Land­nut­zung, Flug­ver­kehr, Abfall, usw.

Der größ­te Ver­ur­sa­cher von CO2-Emis­sio­nen in Bam­berg ist dem­nach die Wirt­schaft mit mehr als 50% der Emis­sio­nen – ins­be­son­de­re durch hohe Strom (Indu­strie) und fos­si­le Wär­me­ver­bräu­che (Gewer­be) – , gefolgt von den Haus­hal­ten mit 25% und dem Ver­kehr mit 20%.

Was sind die Stell­schrau­ben, was muss schnellst­mög­lich ange­gan­gen werden?

Betrach­tet wur­den die Emis­sio­nen der ver­gan­ge­nen 30 Jah­re, bis heu­te sind sie um 30% gesunken.

Aller­dings müs­sen eben­so vie­le Emis­sio­nen inner­halb der kom­men­den 10 Jah­ren redu­ziert wer­den um die Vor­ga­ben der Bun­des­re­gie­rung und des Pari­ser Kli­ma­ab­kom­mens einzuhalten.

Indu­strie

Die Indu­strie­un­ter­neh­men haben durch Nut­zung von Abwär­me sowie vor­han­de­nen Dach‑, bzw. Park­flä­chen (erkenn­bar durch das Solar­flä­chen­ka­ta­ster der Stadt) ein gro­ßes Poten­ti­al durch PV-Anla­gen, über den eige­nen Ener­gie­be­darf hin­aus, Strom zu erzeugen.

Pri­va­te Haus­hal­te und Kommune

Die Kom­mu­nen und Haus­hal­te kön­nen am mei­sten CO2 durch die Däm­mung von Gebäu­den und vor allem den Aus­tausch ihrer Öl‑, bzw. Gas­hei­zun­gen ein­spa­ren. Die kom­mu­na­le Ver­sor­gung durch ein Nah­wär­me­netz könn­te hier einen wich­ti­gen sozi­al-öko­lo­gi­schen Bei­trag leisten.

Ver­kehr

In Bam­berg ist der Bereich des moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehrs als Sor­gen­kind zu betrach­ten. Hier stie­gen die Emis­sio­nen in den letz­ten Jah­ren. Der flä­chen­decken­de Aus­bau der Rad- und Fuß­we­ge­net­zes muss ele­men­ta­rer Bestand­teil der Städ­te­bau- und Ver­kehrs­pla­nung wer­den, eben­so der öffent­li­che Nah­ver­kehr. Erste Schrit­te wur­den im ÖPNV bereits gemacht: Eini­ge E‑Busse, die mit 100% Öko­strom betrie­ben wer­den – sind bereits auf den Lini­en unter­wegs. Eine kon­se­quen­te Umset­zung der im Ver­kehrs­ent­wick­lungs­plan ent­hal­te­nen Maß­nah­men wäre ein gro­ßer Schritt in die rich­ti­ge Richtung.

Anknüp­fungs­punk­te für Bam­berg und Bei­spie­le aus ande­ren Kom­mu­nen und Städten

Ein gro­ßer CO2-Spei­cher ist bekannt­lich der Wald. So steht es außer Zwei­fel, dass die Forst­wirt­schaft stark gefor­dert ist mit Pfle­ge und Auf­for­stung. Eine klei­ne Berech­nung gibt eine Vor­stel­lung von den Dimensionen.

Um eine Ton­ne CO2 auf­neh­men zu kön­nen, muss eine Buche etwa 80 Jah­re wach­sen oder 80 Buchen ein Jahr. Um die jähr­li­chen Emis­sio­nen der Stadt zu kom­pen­sie­ren, bräuch­te es eine Flä­che Buchen­wald die grö­ßer ist als ein Drit­tel des Land­krei­ses. „Das ist eine immense Flä­che und die Berech­nung zeigt deut­lich, das dies nicht zu schaf­fen, geschwei­ge denn umzu­set­zen ist. Statt­des­sen müs­sen wir uns auf die Ein­spa­run­gen schäd­li­cher Treib­haus­ga­se kon­zen­trie­ren, auch wenn das Pflan­zen von Bäu­men zum Kli­ma­schutz und auch zur Anpas­sung an den Kli­ma­wan­del einen Bei­trag lei­stet“, erklärt BKB-Spre­che­rin Lui­se Müller.

Nach Berech­nun­gen der Orga­ni­sa­ti­on Ger­man Zero zu urtei­len, müss­te die Stadt­ge­sell­schaft inner­halb der näch­sten 17 Jah­re ins­ge­samt ca. 4,1 Mil­li­ar­den Euro inve­stie­ren, um kli­ma­neu­tral zu wer­den. Die gute Nach­richt ist, dass sich die­se Inve­sti­tio­nen lang­fri­stig aus­zah­len – je frü­her sie getä­tigt wer­den, desto mehr. Nach der Stu­die „Geschäfts­mo­dell Ener­gie­wen­de“ des Fraun­ho­fer Insti­tuts für Wind­ener­gie & Ener­gie­sy­stem­tech­nik aus dem Jahr 2014 erzeu­gen die oft als teu­er gebrand­mark­ten Ener­gie­wen­de-Inve­sti­tio­nen Ren­di­ten von ca. 2–7% (infla­ti­ons­be­rei­nigt). Dass die­se Trans­for­ma­ti­on mög­lich ist, zei­gen Bei­spie­le aus ande­ren Städten.

In Tübin­gen wur­den in der Zeit von 2006- 2020 die Emis­sio­nen um 40% redu­ziert. Hier arbei­ten 7 Per­so­nen in einer Stabs­stel­le beim Ober­bür­ger­mei­ster an den Kli­ma­schutz­zie­len – mit sicht­ba­rem Erfolg. Ger­man Zero emp­fiehlt für Bam­berg 9 Stel­len mit ent­spre­chen­den Kom­pe­ten­zen, um das Ziel der Kli­ma­neu­tra­li­tät zu errei­chen. Aktu­el­ler Stand: eine Stel­le. Das scheint zu wenig, um die bereits 2020 bei der Kli­ma­son­der­sit­zung gefass­ten Beschlüs­se etwa zum Kli­mach­eck, Kli­ma­gip­fel, auto­frei­em Wochen­en­de etc. umzusetzen.

Wei­te­re Vor­zei­ge­bei­spie­le lie­fern Pfaf­fen­ho­fen mit 70% Ener­gie-Eigen­ver­sor­gung und einer Boden- Alli­anz mit den Land­wir­ten der Umgebung.

War­um soll­te ähn­li­ches nicht auch in Bam­berg gelin­gen? Aktu­ell arbei­tet das Kli­ma-und Umwelt­amt der Stadt mit den Fach­kol­le­gin­nen aus dem Land­kreis an einem Kli­ma­schutz­fahr­plan, der in Koor­di­na­ti­on mit dem Kli­ma­bei­rat der Kli­ma­al­li­anz ent­wickelt wer­den soll. Die Bilanz gibt hier­für eine erste Ori­en­tie­rung. Sie zeigt, dass „noch eini­ge Haus­auf­ga­ben zu machen sind und es schwer vor­stell­bar ist, dass sie mit den aktu­ell zur Ver­fü­gung gestell­ten Res­sour­cen zu bewäl­ti­gen sind. Kli­ma­schutz muss end­lich die Bedeu­tung und Res­sour­cen bekom­men, die das The­ma ver­dient“, schluss­fol­gert die Spre­che­rin Simo­ne Jakobi.

Fazit des BKB

Durch die vor­ge­stell­te CO2-Bilanz sieht sich das BKB in sei­ner For­de­rung nach Aner­ken­nung der Kli­ma­not­la­ge bestä­tigt. Die Bilanz müss­te end­lich auch die Entscheidungsträger:innen in Stadt und Land­kreis über­zeu­gen. Die Prä­sen­ta­ti­on zeigt deut­lich den Ernst der Lage und der Glau­be, Kli­ma­schutz­maß­nah­men sei­en zu teu­er oder nicht sozi­al­ver­träg­lich, ist ein Irr­glau­be. Über die rich­ti­gen Maß­nah­men lässt sich strei­ten – unbe­streit­bar jedoch soll­te sein, dass wir han­deln müs­sen. Das BKB for­dert daher alle Stadt- und Kreisrät:innen auf, sich kon­struk­tiv mit eige­nen Vor­schlä­gen an der Erstel­lung eines Kli­ma­schutz­fahr­plans zu beteiligen.